FG Mecklenburg-Vorpommern: Aberkennung Gemeinnützigkeit / unangemessene Geschäftsführergehälter, 3 K 272/13

Zur Prüfung der Angemessenheit des Geschäftsführer-Gehalts einer gemeinnützigen GmbH kann auf die Grundsätze über die vGA zurückgegriffen werden.

Unangemessenheit der Jahresgesamtvergütung eines Geschäftsführers einer gemeinnützigen GmbH kann auch aus sprunghaften, erheblichen Gehaltssteigerungen ohne plausiblem Grund folgen.Mittelverwendungsgebot des § 55 AO unverhältnismäßig (Bagatellvorbehalt).

[...]

Tatbestand

1. Die Beteiligten streiten um die Aberkennung der Gemeinnützigkeit der Klägerin wegen Unangemessenheit der Geschäftsführergehälter.

2. Die Klägerin ist eine Kapitalgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH. Sie wurde durch Gesellschaftsvertrag vom xx. November 1998 errichtet und am xx. März 1999 ins Handelsregister beim Amtsgericht A eingetragen.

3. Die Klägerin engagiert sich seit 1998 in der …psychiatrischen Arbeit.

4. Die Klägerin erbringt in erster Linie Leistungen im Bereich der Gesundheits- und Sozialbranche nach dem SGB. Dabei handelt es sich um Leistungen aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherungen (SBG V), der Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII), der Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX), der sozialen Pflegeversicherung (SGB XI) und der Sozialhilfe (SGB XII). Die Leistungserbringung bei der Klägerin finanziert sich zu einem großen Teil über die Kranken- und Pflegekasse sowie aus Mitteln der Stadt A.

5. Die Klägerin war vom Beklagten wegen der Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege und des Wohlfahrtwesens sowie der Förderung mildtätiger Zwecke als gemeinnützig anerkannt und berechtigt, für Spenden, die ihr zur Verwendung für diese Zwecke zugewendet wurden, Zuwendungsbestätigungen auszustellen.

6. Die Beteiligungsverhältnisse an der Klägerin stellen sich wie folgt dar:

7. Gründung 00.00.1998

  DM Prozent
E 12.500,00 25,00
F 12.500,00 25,00
D 25.000,00 50,00

 

 Anteilsübertragung v. ...2002 Euro Prozent
E 12.800,00 50,00
D 12.800,00 50,00

 

Anteilsübertragung v. ...2007 Euro Prozent
C 12.800,00 50,00
D 12.800,00 50,00

 

Kapitalerhöhung v. ...2007 Euro Prozent
C 97.800,00 88,40
D 12.800,00 11,60

 

Kapitalerhöhung v. ...2008 Euro Prozent
C 97.800,00 50,00
D 97.800,00 50,00

 

8. Geschäftsführer der Klägerin sei seit dem 01. Dezember 1998 B mit Einzelvertretungsbefugnis. Zum Aufgabenfeld des Geschäftsführers gehört u. a. die Leitung und Ausgestaltung neuer Projekte, die Verhandlung mit Kostenträgern sowie die psychiatrisch-sozialtherapeutische inhaltliche Arbeit. In der Zeit vom 01. Januar 2008 bis zum 01. April 2008 war neben B noch ein weiterer Geschäftsführer bestellt. Zudem hatte die Klägerin in den Streitjahren verschiedene Prokuristen.

9. In der Zeit zwischen 1999 und 2001 erhielt B folgende Geschäftsführergehälter:

1999 136.085,00 DM
2000 144.648,00 DM
2001 211.914,00 DM

Das Gehalt des 2. Geschäftsführers entwickelte sich wie folgt:

1999 94.186,00 DM
2000 100.909,00 DM
2001 124.485,00 DM

10. B war bis 1998 im Vorstand des Fördervereins C, danach schied er aus dem Vorstand aus und wurde als besonderer Vertreter nach § 30 BGB bestellt. Seit 2002 ist er auch Geschäftsführer des Fördervereins D, des 50 %-igen Gesellschafters der Klägerin. Für diese Tätigkeit erhielt er dort im Zeitraum 2005 bis 2008 folgenden Jahresbruttolohn:

11. Gehalt vom Förderverein D

  2005 2006 2007 2008
Jahresbruttolohn 36.958,44 35.418,45 36.888,96 0,00

12. Dem Vorstand des C gehörten im Prüfungszeitraum als Vorstandsvorsitzende FB, die Ehefrau von B sowie G und H an. Geschäftsführer war bis zum 07. März 2008 I und ab 07. März 2008 als Notgeschäftsführer B.

13. Nach den Feststellungen der Betriebsprüfung war der Geschäftsführer der Klägerin in den Jahren 2008 bis 2012 auch Geschäftsführer der mit der Klägerin verbundenen Unternehmen C, Förderverein D, J sowie K. Für seine Tätigkeit in diesen Vereinen bzw. Gesellschaften erhielt B kein Gehalt.

14. Die Einnahmen und der Gewinn der Klägerin entwickelten sich 2005 bis 2012 wie folgt:

15.

 Jahr

2005

2006 2007 2008
Gesamteinnahmen  7.754.788,17 8.091.716,74 8.774.326,71  13.444.353,62
Prozentuale Steigerung   4,34 8,44 53,22
Einnahmen ohne C       9.552.083,82
Prozentuale Steigerung ohne C       8,86
Jahresüberschuss   6.627,28  33.161,89

 161.732,66

488.650,61

16.

 Jahr 2009 2010 2011 2012
  Euro Euro Euro Euro
Gesamteinnahmen 13.929.580,00 15.218.411,00 16.016.987 16.977.837
Jahresüberschuss 928.487,00 783.264,11  - 829.297 89.791

17. Die Mitarbeiterzahl der Klägerin stellte sich in den Jahren 2005 bis 2008 wie folgt dar:

18.

  2005 2006 2007 2008
  Euro Euro Euro Euro
Geschäftsführer 1 1 1 2
Prokuristen 2 2 2 2
kaufmännische Angestellte     11 11
Angestellte     174 275
Aushilfen, geringfügige Beschäftigte     113 132
Mitarbeiter (ohne Klienten)     188 290

19. In der Zeit ab 2009 bis 2012 stieg das Fachpersonal von 292 auf 343 an. Bei den geringfügig Beschäftigten handelt es sich überwiegend um die sogenannten „Klienten“ der Klägerin.

20. Neben dem Geschäftsführer waren L, M sowie N als Prokuristen tätig. Weiterer leitender Angestellter war O. I war vom 01. Januar 2008 bis 14. April 2008 als Geschäftsführer im C tätig. Die Gehälter der Prokuristen haben sich im Vergleich zum Gehalt des Geschäftsführers wie folgt entwickelt:

21.

2005 Monatl. Bruttogehalt Jahresbruttogehalt Steigerung zum Vorjahr
B 11.350,92 136.211,00  
I 0,00 0,00  
L 7.072,33 84.868,00  
N 7.304,00 87.648,00  
O 7.328,58 87.943,00  
2006      
B 11.057,75 132.705,00 -2,57
I 0,00 0,00  
L 7.087,42 85.049,00 0,21
N 7.296,00 87.552,00 -0,11
O 7.598,33 91.180,00 3,68
2007      
B 11.445,67 137.348,00 3,50
I 0,00 0,00  
L 7.150,42 85.805,00 0,89
N 7.313,08 87.757,00 0,23
O 7,751,25 93.015,00 2,01
2008      
B 15.707,83 193.762,00 41,07
I 11.104,80 55.524,00  
L 7.117,75 85.413,00 -0,46
N 8.055,43 56.388,00 10,15
M 7.415,00 73.372,00  
O 9.098,92 109.187,00 17,39

22. Bereits für die Jahre 1999 bis 2001 fand im Jahr 2003 eine Betriebsprüfung bei der Klägerin statt, in deren Rahmen auch die Angemessenheit der Geschäftsführergehälter untersucht wurde. In der Schlussbesprechung am 14. Januar 2005 äußerte der Beklagte seine Bedenken hinsichtlich der Angemessenheit des Geschäftsführergehaltes und machte die Klägerin darauf aufmerksam, dass ein Verstoß gegen eine Mittelfehlverwendung i. S. d.   § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO eine Versagung der Anerkennung der steuerlichen Gemeinnützigkeit nach sich ziehen würde. Letztlich verzichtete der Beklagte  aber auf eine Aberkennung der Gemeinnützigkeit und beließ es bei dem Hinweis an die Klägerin, die Angemessenheit der Geschäftsführergehälter zukünftig sorgsam zu prüfen.

23. In der Zeit vom 23. Juni 2010 bis 24 Januar 2012 fand (mit Unterbrechungen) eine weitere Betriebsprüfung für die Jahre 2005 bis 2008 bei der Klägerin statt. Erneut wurde die Angemessenheit des Geschäftsführergehalts geprüft. B erhielt nunmehr folgende Gehälter (bei den nachfolgend aufgeführten Gehältern handelt es sich um die Gesamtbezüge, vgl. Tz. 22 BP-Bericht):

2005     136.211,00 €
2006   132.705,00 €
2007   137.348,00 €
2008   193.762,00 €  (unter Berücksichtigung der Beiträge zu der für ihn abgeschlossenen Unterstüzungskasse betrug sein Jahresgehalt für 2008 243.563,00 €)
2009   266.899,11 €
2010   283.234,57 €
2011   346.576,42 €

24. Die Betriebsprüfung vertrat die Auffassung, dass die Bezüge des Geschäftsführers der Klägerin für einen Geschäftsführer einer gemeinnützigen Körperschaft unangemessen hoch seien. Unter Zugrundelegung einer Studie des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Berlin, in der ausschließlich Bezüge von Geschäftsführern gemeinnütziger Körperschaften in Mecklenburg-Vorpommern und in Berlin verglichen wurden (DPWV-Gutachten), ermittelte die Prüferin einen im oberen Quartil liegenden Ausgangswert von 100.000,00 €, der gekürzt um die beim Fremdvergleich gezahlte Vergütung – inklusive eines Sicherheitszuschlages i. H. v. 20 % für das Jahr 2005 Vergütungen i. H. v. 69.649,87 €, für das Jahr 2006 i. H. v. 71.497,86 € und für das Jahr 2007 i. H. v. 69.733,25 € ergab. Aufgrund des vergrößerten Aufgabenspektrums im Zusammenhang mit der Abspaltung mehrerer Zweckbetriebe (überwiegend Kindergärten) vom C auf die Klägerin und der damit verbundenen Umsatzsteigerung im Jahr 2008 hielt die BP eine Gehaltssteigerung für angemessen und kam danach auf einen Ausgangswert von 120.000,00 € für das Jahr 2008. Die angemessene Vergütung bestimmte die BP für das Jahr 2008 auf 138.000,00 €. Die Mittelfehlverwendung belief sich danach auf 78.169,44 € (2005), 76.629,45 € (2006), 79.236,96 € (2007) sowie 128.465,64 € (2008). In Relation zum Umsatz machte dies 0,87 % bis 1 % aus. Die Mittelfehlverwendung für das Jahr 2009 betrug 128.899,11 € und für das Jahr 2010 145.234,57 €.

25. Nach Auffassung der BP waren das von der Klägerin in Auftrag gegebene Gutachten sowie die BBE-Studie für die Beurteilung der Angemessenheit des Gehaltes eines Geschäftsführers nicht zu berücksichtigen.

26. Aufgrund der Feststellungen der BP erkannte der Beklagte der Klägerin den Status der Gemeinnützigkeit ab und erließ am 20. August 2012 bzw. am 23. August 2012 für die Jahre 2005 bis 2008 geänderte Bescheide. Für die Streitjahre 2009 und 2010 folgte der Beklagte den eingereichten Steuererklärungen nicht mehr und erließ am 22. Oktober 2012, 24. Oktober 2012 und 07. November 2012 die streitgegenständlichen Bescheide für diese Veranlagungszeiträume. Mit Bescheid vom 24. Oktober 2012 wurden auch eine nachträgliche Vorauszahlung zur Körperschaftsteuer für 2011 sowie Körperschaftsteuervorauszahlungen für 2012 (für das IV. Kalendervierteljahr) festgesetzt.

27. Gegen diese Bescheide richteten sich die am 20. September 2012 bzw. am 16. November 2012 im Finanzamt eingegangenen Einsprüche der Klägerin.

28. Die Klägerin rügt mit ihren Einsprüchen im Wesentlichen die Fehlerhaftigkeit des vom Beklagten herangezogenen Vergleichsmaßstabes sowie die Aberkennung der Gemeinnützigkeit als unverhältnismäßig. Im Einzelnen wird Folgendes vorgetragen:

29. Die umfassenden Aufgaben des Geschäftsführers der Klägerin seien von der BP nicht in ausreichender Weise gewürdigt worden. So sei dem Geschäftsführer B am Modellprojekt der Stadt A … eine zentrale Aufgabe zugekommen. Mit dem Modellprojekt sei für die Stadt A und andere Kostenträger eine erhebliche Kosteneinsparung verbunden gewesen.

30. Die Tätigkeiten des B würden sich von den Tätigkeiten anderer Geschäftsführer erheblich unterscheiden: B vertrete die Klägerin auch in … sowie im Rahmen entsprechender Netzwerkarbeit. Seine Tätigkeit habe zu erheblichen Innovationen geführt. Die meisten anderen gemeinnützigen Körperschaften seien – anders als die Klägerin – auf die Sicherung des „Status Quo“ ausgelegt, wo hingegen die Klägerin ihr Aufgabenfeld in unregelmäßigen Abständen erweitere. Die BP habe damit die besondere Arbeitsleistung des Geschäftsführers nicht entsprechend gewürdigt.

31. Der Beklagte habe zum Drittvergleich der Angemessenheit des Geschäftsführergehaltes ausschließlich Geschäftsführerbezüge herangezogen, die Geschäftsführer anderer gemeinnütziger Körperschaften in Mecklenburg-Vorpommern bzw. Berlin erhalten hätten. Dies sei fehlerhaft. In der Literatur werde einhellig vertreten, dass als angemessen das anzusehen sei, was für eine vergleichbare Tätigkeit auch von nicht steuerbegünstigten Dritten (Wirtschaftsunternehmen, staatlichen Stellen) in einer vergleichbaren Situation bezahlt werden würde.

32. Solange es keinen abgeschotteten Arbeitsmarkt für gemeinnützige Körperschaften gebe, sondern sich solche Einrichtungen auf dem regulären Arbeitsmarkt um Arbeitskräfte bemühen müssten, könne der zutreffende Fremdvergleich nur ein Marktpreisvergleich sein. Folglich hätte der Beklagte zur Überprüfung der Angemessenheit des Geschäftsführers auf die BBE-Studie bzw. das Gutachten I zurückgreifen müssen.

33. Auch die Ehefrau des Geschäftsführers habe keinen Einfluss auf die Höhe des Gehaltes ihres Mannes nehmen können. Zwar sei die Ehefrau des B im Vorstand des C tätig. Die Gehaltsverhandlungen führten aber die Gesamt-Vorstände der Vereine und nicht ein einzelnes Vorstandsmitglied. Im Übrigen hätten nicht nur der angeblich beherrschende Gesellschafter der Klägerin (C) bei diesen Verhandlungen den Ausschlag gegeben, sondern beide Gesellschafter und damit auch der nicht von der Ehefrau des Geschäftsführers dominierte Förderverein D einvernehmlich die Verhandlungen geführt.

34. Die vom Beklagten herangezogene Studie des paritätischen Wohlfahrtsverbandes (DPWV-Gutachten) weise zahlreiche handwerkliche Fehler auf, so dass eine Berücksichtigung dieser Studie nicht in Betracht komme. Der einzige Schluss, der sich aus Studie und Analyse ziehen lasse, sei, dass der DPWV Berlin nur sehr bedingt in der Lage sei, repräsentative Aussagen über die Geschäftsführergehälter großer gemeinnütziger Unternehmen zu machen.

35. Schließlich stelle sich die Aberkennung der Gemeinnützigkeit als unverhältnismäßig dar.

36. Die Klägerin habe unter Berücksichtigung der Auflösung von Sonderposten und aller Einheiten, für die sie die Geschäftsführung ausübe

2005 ca. 7,75 Mio. €
2006 ca. 8,49 Mio. €
2007 ca. 9,1 Mio. €
2008 ca. 13,5 Mio. €

erhalten. Dem stünden angebliche Mittelfehlverwendungen i. H. v.

2005 78.169,44 €
2006 76.629,45 €
2007 79.236,96 €
2008 128.465,64 €
2009 128.899,11 €
2010 145.234,57 €

gegenüber.

37. Die Klägerin vertrete die Auffassung, dass ihr in Höhe der unangemessenen Vergütung eine Finanzierung aus freien Rücklagen oder Mitteln des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes vorzuschreiben gewesen wäre.

38. Mit Einspruchsentscheidung vom 25. Juni 2013 wies der Beklagte den Einspruch zurück.

39. Zur Begründung verwies er darauf, dass der Klägerin zu Recht die Gemeinnützigkeit aberkannt worden sei, weil sie ihren Geschäftsführer B durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigt und daher bei ihrer tatsächlichen Geschäftsführung gegen das Gebot des § 55 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 AO und das Begünstigungsverbot gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO verstoßen habe.

40. Der vom Beklagten gewählte Vergleichsmaßstab sei nicht fehlerhaft. Die Vergütungen, die die Klägerin an ihre Angestellten zahle, hätten sich an den Vergütungen zu orientieren, die andere, die im weitesten Sinne für die Allgemeinheit tätig seien, zahlen würden. Dies seien Staatsdiener und kirchliche Bedienstete und leitende Angestellte anderer gemeinnütziger Körperschaften.

41. Im Übrigen könnten zur Beantwortung der Frage, ob die Gehälter des Geschäftsführers  noch angemessen seien, die Grundsätze zur verdeckten Gewinnausschüttung herangezogen werden. Damit komme ein externer Fremd- oder Betriebsvergleich in Betracht. Entgegen der Auffassung der Klägerin könne die DPWV-Studie zur Bestimmung der Angemessenheit des Geschäftsführergehaltes herangezogen werden, da sie hinreichend aussagefähige Vergleichswerte enthalte. Das Gehalt des Geschäftsführers der Klägerin liege weit über diesen Werten. Das Ziel der Steuerbefreiung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG, steuerbegünstigte Zwecke zu fördern, würde verfehlt, wenn die Körperschaft ihre finanziellen Mittel nicht für ihre satzungsmäßigen steuerbegünstigten Zwecke, sondern für ihre eigene Verwaltung einsetze. Die Gemeinnützigkeit sei danach jedenfalls dann zu versagen, wenn das Verhältnis der Verwaltungsausgaben zu den Ausgaben für die steuerbegünstigten Zwecke zwar insgesamt nicht zu beanstanden sei, eine einzelne Verwaltungsaufgabe aber nicht angemessen sei.

42. Die Aberkennung der Gemeinnützigkeit stelle auch eine verhältnismäßige Maßnahme dar, da die Mittelfehlverwendung nicht geringfügig sei. Der Vorschlag einer Auflage an die Klägerin, das als nicht angemessen betrachtete Gehalt aus freien Rücklagen oder aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zu finanzieren, sei nicht möglich. Die Klägerin unterhalte keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, der die Gehaltszahlung an Herrn B finanzieren könne und zum anderen sei die Rücklagenbildung auch nur der Höhe nach begrenzt gemäß § 58 AO für gemeinnützige Zwecke zulässig, nicht aber zum Ausgleich von Mittelfehlverwendungen.

43. Auch bei einer gewerblichen Körperschaft wäre die Gehaltssteigerung des Jahres 2008 als vGA zu beurteilen gewesen, da allein das Gehalt von B um 37,24 % gesteigert worden sei, nicht aber das anderer leitender Angestellter. Während das Gehalt von O um 17,39 % und das von N um 10,15 % angehoben worden sei, blieben die Gehälter von I und M konstant, das von L habe sich sogar um 0,46 % reduziert.

44. Die Klägerin hat am 23. Juli 2013 Klage erhoben.

45. Zur Begründung trägt sie ergänzend zu ihrer Einspruchsbegründung vor,
gemeinnützige Einrichtungen müssten sich einem Arbeitsmarkt stellen, der weder inhaltlich auf gemeinnützige Einrichtungen noch räumlich auf Mecklenburg-Vorpommern und Berlin beschränkt sei.

46. Die Wertung des Beklagten, dass das Gehalt des Geschäftsführers unangemessen sei, treffe nicht zu, denn es gäbe im regional vom Beklagten vorab festgelegten Raum nicht eine einzige vergleichbare gemeinnützige Einrichtung. Bei seinem Vergleich stelle der Beklagte lediglich auf Umsatz und Mitarbeiterzahlen ab.

47. Als Beurteilungsgrundlage für die Angemessenheit eines Gehaltes sei die Studie des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbands nicht geeignet, da die Studie jeden Regeln der Statistik, Logik und Mathematik widerspreche. Zudem sei der vom Beklagten gewählte Vergleichsmaßstab unzulässig. Da gemeinnützige und gewerbliche Körperschaften um Arbeitskräfte auf einem einheitlichen Markt werben, dürfe auch der Vergleichsmaßstab für die Gehälter nicht auf gemeinnützige Körperschaften begrenzt sein.

48. Das wesentliche Ergebnis der vom Beklagten vorgelegten Orientierungshilfe der P aus dem Jahr 2008 bestehe darin, dass die von der P gezahlten Vergütungen nicht wettbewerbsfähig seien. Zudem sei die Auswertung der P nicht repräsentativ, da ca. 1.200 Träger angeschrieben worden seien, aber nur 174 Fragebögen zurückgesandt worden seien. 

[...]

FG Mecklenburg-Vorpommern, 21.12.2016, 3 K 272/13

Unverbindliche Anfrage