BGH: Namensnennung eines Täters im Online-Archiv einer Zeitschrift ist zulässig, VI ZR 330/11

GG Art. 1 Abs. 1; Art. 2 Abs. 1; Art. 5 Abs. 1; BGB §§ 823 Abs. 1 Ah; 1004 Abs.
1 Satz 2

Amtlicher Leitsatz

Zur Zulässigkeit des Bereithaltens von zeitgeschichtlich bedeutsamen, den Täter namentlich nennenden Prozessberichten über ein Kapitalverbrechen in dem Online-Archiv einer Zeitschrift.

Tatbestand

1 Der Kläger begehrt von der Beklagten es zu unterlassen, über Straftaten aus dem Jahr 1981, derentwegen der Kläger 1982 zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden ist, unter Nennung seines Nachnamens zu berichten.

2 Das Magazin "Der Spiegel" berichtete in den Ausgaben vom 22. November 1982, 3. Januar 1983 und 14. November 1983 über den "ApolloniaProzess". Der Kläger war angeklagt, am frühen Abend des 13. Dezember 1981 an Bord der Yacht "Apollonia", die sich mit Kurs Karibik auf hoher See befand, zwei Menschen erschossen und einen dritten schwer verletzt zu haben. Deshalb wurde er vom Landgericht Bremen wegen Mordes in zwei Fällen und wegen versuchten Mordes in einem Fall zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. In dem letzten Artikel wird über das Revisionsverfahren berichtet, in dem der Bundesgerichtshof die Revision des Klägers gegen seine Verurteilung verworfen hat.

3 Ab April 1999 erstellte die Beklagte unter "www.spiegel.de" ein im Wesentlichen kostenloses Online-Archiv, in welchem bis zum Jahr 2002 auch die vorgenannten Artikel zum Abruf bereitgestellt wurden. Bei der Eingabe des vollen Namens des Beklagten werden - auch über "Google" - die vorgenannten Berichte an den ersten Stellen angezeigt.

4 Im Jahr 2001 erschien das Buch "Logbuch der Angst - Der Fall der Apollonia" von Klaus Hympendahl. Im Jahr 2004 brachte die ARD den Fall als Fernsehspiel unter dem Titel "Mord in der Karibik - Die Todesfahrt der Apollonia" in der Reihe "Die großen Kriminalfälle". Zeitungsberichte über die Fahrt der Apollonia gab es bis in das Jahr 2008. In allen diesen Veröffentlichungen wurde der Name des Klägers allerdings nicht genannt.

5 Nachdem der Kläger - nach seiner eigenen Darstellung erstmals im Jahr 2009 - Kenntnis von den Online-Veröffentlichungen der Beklagten erlangt hatte, mahnte er mit Schreiben vom 1. Februar 2010 die Beklagte wegen der identifizierenden Berichterstattung im Internet ab und hat - nachdem die Beklagte keine Unterlassungsverpflichtungserklärung abgab - die vorliegende Unterlassungsklage erhoben. Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, es zu unterlassen, über die Straftat des Klägers aus dem Jahr 1981 unter Nennung seines Nachnamens zu berichten. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

[...]

BGH, 13.11.2012, VI ZR 330/11

 

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