Tenor
1. Auf die Berufung der Verfügungsklägerin wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 7. Januar 2013 - 6 O 270/12 - abgeändert.
2. Der Verfügungsbeklagten wird es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, untersagt, in der "F.-Z." Texte als Leserbriefe abzudrucken/abdrucken zu lassen, ohne dass der Redaktion dieser Text als Leserbrief zugegangen ist, die die Verfügungsklägerin verunglimpfen, wie dies bezogen auf den als Anlage AS 2 vorgelegten Leserbrief einer Frau "K. N." geschehen ist.
[Kostenentscheidung]
Gründe:
Die Verfügungsklärerin macht einen Anspruch gegen die Verfügungsbeklagte geltend, die Veröffentlichung fingierter Leserbriefe zu unterlassen. Hintergrund der Auseinandersetzung ist ein in der im Verlag der Beklagten erscheinenden „...“ unter der Überschrift „Leserbrief“ veröffentlichter Beitrag, der in der XX. Kalenderwoche 20XX erschienen ist und am Ende als Autorin "K. N." ausweist. In diesem Beitrag heißt es u.a. über Frau B. L., die angestellte Redakteurin der Klägerin ist:
"Unsere liebe B. L. ist auch zu häufig außer Rand und Band und publiziert Dinge, über die man nur noch den Kopf schütteln kann.....Nun gut, dafür liebt uns der N. X.., und dort darf dann B. L. ihr Berichte-Unwesen treiben und bekommt dafür auch noch Salär“.
Der N. X. wird im Verlag der Klägerin herausgegeben.
Nach Erscheinen dieses Beitrags erließ das Landgericht Trier durch Beschluss vom 1. Oktober 2012 auf Antrag der Verfügungsklägerin vom 27. September 2012 ohne mündliche Verhandlung eine einstweilige Verfügung, mit der der Beklagten bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, untersagt wurde
„in der F.-Z. Texte als Leserbriefe abzudrucken/abdrucken zu lassen, ohne dass der Redaktion dieser Text als Leserbrief zugegangen ist.“
Nach Erlass der einstweiligen Verfügung beantragte die Klägerin wegen einer angeblichen Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtung die eines Verhängung Ordnungsgeldes.
Gegen den Erlass der einstweiligen Verügung legte die Beklagte Widerspruch ein und beantragte zudem die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Beschluss vom 1. Oktober 2012. Nachdem das Landgericht mit Verfügung vom 20. November 2012 darauf hingewiesen hatte, dass aus seiner Sicht kein presserechtlicher Anspruch der Klägerin auf Unterlassung bestehe, ein solcher Anspruch sich aber aus § 8 UWG i.V.m. § 3 UWG ergeben könne und die Kammer die Verfügungsbeklagte in der Darlegungs- und Glaubhaftmachungslast hinsichtlich der Echtheit des Leserbriefs sehe, da es sich um einen innerbetrieblichen Vorgang handele, wies es den Antrag der Beklagten auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung durch Beschluss vom 5. Dezember 2012 mit der Begründung zurück, dass der von der Beklagten eingelegte Widerspruch momentan keine Aussicht auf Erfolg habe.
Dagegen legtedie Beklagte mit Schriftsatz vom 13. Dezember 2012 „sofortige Beschwerde“ ein. Daraufhin entschied das Landgericht durch Beschluss vom 28. Dezember 2012, die Zwangsvollstreckung aus dem Beschluss vom 1. Oktober 2012 ohne Sicherheitsleistung einstweilen einzustellen. Es begründete seine Entscheidung damit, dass die mit Schriftsatz vom 13. Dezember 2012 eingelegte und nach § 707 Abs. 2 ZPO unzulässige Beschwerde als Abänderungsantrag auszulegen sei. Diesem sei stattzugeben, da der Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung zulässig und nicht als völlig aussichtslos erscheine.
Die Verfügungsklägerin hat vorgetragen, dass sie als Verlag durch die Äußerungen in dem als Leserbrief bezeichneten Beitrag ehrverletzend angegriffen und ihr Ansehen herabgesetzt werde. Der Leserbrief sei fingiert. Es handele sich um einen redaktionellen Beitrag.
Die Klägerin hat in der öffentlichen Sitzung des Landgerichts am 17. Dezember 2012 beantragt,
die einstweilige Verfügung dergestalt zu bestätigen, dass es der Verfügungsbeklagten bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzuzusetzenden Ordnungsgeldes von bis 250000 € ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, untersagt wird, in der „F...zeitung“ Texte als Leserbriefe abzudrucken/abdrucken zu lassen, ohne dass der Redaktion dieser Text als Leserbrief zugegangen ist, die die Verfügungsklägerin verunglimpfen, wie dies bezogen auf den als Anlage AS 2 vorlegten Leserbrief einer Frau K.N. geschehen ist.
Die Verfügungsbeklagte hat beantragt,
die einstweilige Verfügung aufzuheben und den Antrag zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, dass der Verfügungsklägerin kein Unterlassungsanspruch zustehe. Insbesondere komme ein presserechtlicher Unterlassungsanspruch bezogen auf die Nichtveröffentlichung fingierter Leserbriefe nicht in Betracht. Zudem sei der Beitrag der Redaktion als Leserbrief zugegangen. Sie brauche dies nicht naher zu substantiieren, da die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines fingierten Leserbriefes der Verfügungsklägerin obliege.
Mit dem angefochtenen Urteil vom 7. Januar 2013 hat das Landgericht Trier die am 1. Oktober 2012 angeordnete einstweilige Verfügung aufgehoben und den Antrag der Verfügungsklägerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass kein Anspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB i.V.m. § 823 Abs. 1, 2 BGB, §§ 185 StGB auf Unterlassung der Veröffentlichung fingierter Leserbriefe bestehe, in denen die Verfügungsklagerin verunglimpft werde. Eine Wiederholungsgefahr sei nicht hinreichend glaubhaft gemacht, da es an einer Erstbegehung fehle. Dies beruhe darauf, dass die Äußerungen in dem angeblichen Leserbrief den Charakter einer Schmähkritik nicht erreichten und daher vom Grundrecht der Meinungsfreiheit gedeckt seien. Daher komme es auch nicht darauf an, ob der Leserbrief fingiert sei. Aus dem Pressekodex des Deutschen Presserates könne ebenfalls kein Unterlassungsanspruch abgeleitet werden, auch wenn dieser durch den Abdruck fingierter Leserbriefe eklatant verletzt werde. Der Pressekodex stelle keine Norm dar. Schließlich bestehe kein Anspruch aus Art. 8 i.V.m. 8 3 UWG, da die Verfügungsklägerin kein konkretes Wettbewerbsverhältnis glaubhaft gemacht habe.
Gegen das ihr am 9. Januar 2013 zugestellte Urteil des Landgerichts Trier wendet sich die Verfügungsklägerin mit ihrer am 16. Januar 2013 eingegangenen Berufung, mit der sie ihren Unterlassungsantrag weiter verfolgt.
Sie trägt - unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens - ergänzend vor, dass der Abdruck eines fingierten Leserbriefes unzulässig sei, ohne dass es darauf ankomme, ob er Schmähkritik enthalte. Die Verfügungsklägerin sei von dem ursprünglichen Leserbrief auch betroffen, da sie durch die Aussage, dass B. L. beim N. X. ihr Unwesen treibe und dafür noch Salär bekomme, herabgesetzt werde. Die Verfügungsklägerin müsse es nicht hinnehmen, dass der Eindruck erweckt werde, die Leserschaft der F.-Z. würde massive Kritik an von ihr verlegten Printtiteln und deren Autoren üben. Sie trägt zudem vor, dass ein Wettbewerbsverhältnis zwischen ihr und der Berufungsbeklagten bestehe, was diese auch nicht bestritten habe.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Mainz [sic!] vom 17. Dezember 2012 die einstweilige Verfügung dergestalt zu bestätigen, dass es der Verfügungsbeklagten bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250000 € ersatzweise Ordnungshaft bis 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, untersagt wird, in der „F.-Z.“ Texte als Leserbriefe abzudrucken/abdrucken zu lassen, ohne dass der Redaktion dieser Text als Leserbrief zugegangen ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, die angefochtene Entscheidung sei nicht zu beanstanden. Zudem weist sie - ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholend und vertiefenddarauf hin, die Verfügungsklägerin habe die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass ein fingierter Leserbrief vorliege.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin hat auch in der Sache Erfolg.
1.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung des Abdrucks fingierter Leserbriefe mit einem die Klägerin verunglimpfenden Inhalt gemäß § 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB analog i.V.m. Art. 2 Abs. 1 und 1 Abs. 1 GG. Diesem Anspruch war im Wege der einstweiligen Verfügung Rechnung zu Tagen (§§ 940, 935, 936, 922 ZPO).
Der Senat hat den Antrag der Klägerin in der Gesamtschau von konkret formuliertem Antrag und den Ausführungen in der Berufungsbegründung gemäß § 133 BGB (Val. Zöller/Greger, ZPO, 29. Auflage, vor § 128, Rdnr. 25) dahingehend ausgelegt, dass sie eine Untersagung der Veröffentlichung von Leserbriefen beantragt, die die Verfügungsklägerin verunglimpfen. Ganz offensichtlich hat die Klägerin diesen Aspekt irrtümlich nicht in den zuletzt gestellten Antrag aufgenommen, in der Begründung diese Voraussetzung jedoch offensichtlich zum Gegenstand des Begehrs gemacht. Den korrekt formulierten Antrag hatte die Klägerin zudem bereits erstinstanzlich gestellt.
Dieser Antrag ist auch hinreichend bestimmt. Aufgrund seines Bezuges zu dem veröffentlichten Leserbrief orientiert sich die Klägerin hinreichend deutlich an der konkret behaupteten Verletzungshandlung (vgl. hierzu BGH NJW-RR 2001, 1406).
Durch die Veröffentlichung des Leserbriefs hat die Beklagte die Klägerin widerrechtlich in ihrem Unternehmerpersönlichkeitsrecht verletzt. Die Klägerin genießt als juristische Person des Privatrechts Persönlichkeitsschutz. Ihr steht deshalb — wie einer Privatperson — auch in zivilrechtlicher Hinsicht Schutz ihres Ansehens und ihrer Ehre zu (BGHZ 81, 75, 78).
In dieses Recht wurde durch den unter der Überschrift „Leserbrief“ in der "F.-Z.“ veröffentlichten Beitrag rechtswidrig eingegriffen.
a)
Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist dieser Anspruch nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil es sich bei dem „Leserbrief“ und den hierin unmittelbar in Bezug auf die Redakteurin der Klägerin und mittelbar auch in Bezug auf die Klägerin gemachten Äußerungen nicht um eine Schmähkritik handelt.
Dabei ist zunächst festzuhalten, dass bei der journalistischen Aufbereitung einer das öffentliche Interesse oder die öffentliche Meinung berührenden Frage im Zweifel für die freie Rede zu entscheiden ist (BVerfG, NJW 1999, 2358, 2359: BVerfG, NJW 1995, 3303; grundlegend BVerfGE 7, 198, 212). Dies gilt auch dann, wenn die Kritik in scharfer Form und abwertend vorgetragen und mit übersteigerter Polemik verbunden wird. Dies muss im öffentlichen Meinungskampf, an dem sich auch die Klägerin beteiligt, grundsätzlich hingenommen werden.
Der Vorrang der Meinungsfreiheit gilt jedoch dann nicht, wenn die betreffende Äußerung einen Angriff auf die Menschenwürde beinhaltet oder sich als Schmähkritik oder Formalbeleidigung darstellt (BVerfG, NJW 1999, 2359; BVerfG, NJW 1999, 1322, 1324). Um eine Schmähkritik handelt es sich indes nur dann, wenn bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Herabsetzung der Person im Vordergrund steht (BVerfG, NJW 1999, 2358, 2359; BVerfG, NJW 1999, 1324). Im Interesse der Meinungsfreiheit ist hierbei ein enger Maßstab anzulegen.
Nach diesen Grundsätzen wird vorliegend durch die beanstandeten Formulierungen die Grenze zur Schmähkritik noch nicht überschritten. Zwar enthält der Beitrag herabsetzende Äußerungen, die auch die Klägerin als Unternehmen treffen, weil ihre Mitarbeiterin in ihrer Funktion und Tätigkeit als Redakteurin in scharfer Form angegriffen wird. So wird bezüglich der Redakteurin „B. L.“ ausgeführt, dass sie „auch zu häufig außer Rand und Band“ sel. Bezogen auf den von der Verfügungsklägerin vertriebenen „N. X.“ und dessen Redakteurin heißt es weiter: „dafür liebt uns der N. X. und dort darf dann B. L. ihr Berichte-Unwesen treiben und bekommt dafür auch noch Salär“.
Zwar handelt es sich bei diesen Äußerungen um harsche, teilweise polemische und die Redakteurin der Klägerin herabsetzende Formulierungen, die auch den Anspruch der Klägerin an ihre journalistische Arbeitsweise und deren Ethos unmittelbar angreifen. Ebenso wie das Landgericht ist jedoch auch der Senat der Auffassung, dass sich diese Äußerungen noch nicht als Schmähkritik darstellen, sondern im zugespitzten Meinungskampf (noch) vertretbar erscheinen, zumal sich die Klägerin an dieser öffentlichen Diskussion ihrerseits mit durchaus pointierten und zugespitzten Beiträgen beteiligt.
b)
Nicht zu folgen vermag der Senat jedoch dem Landgericht in seiner hieran anschließenden Auffassung und Argumentation, wonach alleine schon aus der mangelnden Charakterisierung der Äußerungen als Schmähkritik zwingend folge, dass die Verfügungsklägerin die Herabsetzung ihres Unternehmenspersönlichkeitsrechts und die von der Beklagten insoweit gewählten Verfahrensweise hinzunehmen habe.
Vielmehr sind neben dem Grundsatz „Im Zweifel für die freie Rede“ auch andere Gesichtspunkte heranzuziehen, die für die Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht und der Meinungsfreiheit im konkreten Fall von Bedeutung sind. Als entscheidender Umstand ist hierbei in Betracht zu ziehen, ob der Leserbrief die Auffassung eines von der Beklagten unabhängigen Dritten, des Lesers nämlich, wiedergibt, oder aber ob sich die Beklagte für ihre Angriffe auf die Klägerin eines „fingierten“ Leserbriefes bedient hat. Damit wären die hierin enthaltenen Äußerungen der Beklagten nicht nur voll zurechenbar. Eine solche Verfahrensweise verstößt darüber hinaus gegen den im Wege der Selbstverpflichtung zu beachtenden Pressekodex des Deutschen Presserats; sie stellt sich als eigenständiger Angriff auf das Persönlichkeitsrecht des von einem solchen „Leserbrief“ Betroffenen dar, wobei das gewählte Mittel bereits die Rechtswidrigkeit indiziert. Der in dieser Weise „Angegriffene“ braucht es nämlich unter keinem Gesichtspunkt hinzunehmen, dass er in der öffentlichen Auseinandersetzung einer Kritik ausgesetzt wird, die tatsächlich von einem anderen herrührt, als sie herzurühren vorgibt.
Dies gilt etwa dann, wenn sich der Äußernde, um seine Meinung oder sein Werturteil mzu belegen, auf angebliche Zitate des Kritisierten stützt und damit den Angegriffenen zum Zeugen gegen sich selbst macht. In diesem Fall braucht der Betroffene einen Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht auch unterhalb der Schmähkritik nicht hinzunehmen, wenn das Zitat unzutreffend ist (BVerfGE 54, 208, 217 ff. — Böll; BVerfGE 54, 148, 154 ff. — Eppler).
Nichts anders kann für den Fall gelten, wenn der Kritiker sein Werturteil hinter einer anderen scheinbar neutralen Person, etwa einer Leserbriefschreiberin, versteckt. Die unrichtige Information, die Kritik stamme von einer Leserin, ist unter dem Gesichtspunkt der Meinungsfreiheit gerade kein schützenswertes Gut, weil sie schon aus sich heraus der Aufgabe einer zutreffender Meinungsbildung nicht dienen kann (BVerfGE 54, 208, 219 — Böll). Vielmehr verhindert sie ganz im Gegenteil eine Einordnung dieser Kritik durch die Leserinnen und Leser der F.-Z. Sie ist deshalb alleine schon aus diesem Grund nicht hinzunehmen, wenn ihr Inhalt verunglimpfend gegenüber dem Kritisierten ist.
c)
Der Senat sieht es auch als erwiesen bzw. nicht hinreichend widerlegt an, dass es sich bei dem betreffenden Beitrag um einen fingierten Leserbrief handelt. Zwar bestreitet die Beklagte - wie bereits in der 1. Instanz bei dem Leserbrief nicht um einen „echten“, ihr von einem außenstehenden Dritten übermittelten Leserbrief handelt. Dieses bloße Bestreiten wird indes der die Beklagte treffenden besonderen Darlegungslast nicht gerecht. Zwar trägt grundsätzlich die Klägerin und Berufungsklägerin im einstweiligen Verfügungsverfahren die Darlegungs- und Glaubhaftmachungslast für sämtliche den Untersagungsanspruch rechtfertigenden Voraussetzungen, also auch dafür, dass die von ihr angegriffenen Äußerungen in einem „fingierten Leserbrief“ gemacht wurden. Es gibt auch keinen Grund, von dieser Verteilung der Darlegungs- und Beweislast aus verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten abzuweichen (vgl. auch BVerfGE 54, 148, 157 f.). Der Verfügungsbeklagten obliegt in Fällen der vorliegenden Art al- lerdings eine Mitwirkungspflicht im Sinne eines substantiierten Bestreitens.
Hierbei ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Klägerin ihren Vortrag zum fingierten Leserbrief nicht einfach „ins Blaue hinein“ gemacht hat. Vielmehr gibt dessen Inhalt erheblichen Anlass zu der begründeten Annahme, es handele sich um einen fingierten Leserbrief.
So setzt sich die - auch durch die Namensangabe nicht identifizierbare (vorgebliche) Verfasserin im Rahmen des Textes in dem von der Beklagten herausgegebenen Presseerzeugnis kritisch mit dem pressemäßigen Verhalten der Klägerin und den für diese tätigen Redakteuren auseinander und positioniert sich massiv im Rahmen ei- ner kommunalpolitischen, aber auch von den beteiligten Presseorganen geführten Auseinandersetzung. Obwohl sie sich als Gegnerin der „F.-Z.“ darstellt, wählt sie für ihren Leserbrief ausgerechnet die „F.Z.“, um diese dann auch noch zu loben und sich mit ihrer Kritik an deren Gegnern sogar als deren Sachwalterin zu gerieren. So wird in dem Leserbrief den Gegnern der F. Z. Heuchelei vorgeworfen, weil diese einerseits einerseits Aufkleber „Keine F. Z.“ an ihren Haustüren anbringen ließen, sich diese dann jedoch auf anderem Weg beschaffen würden.
Inhalt, Diktion und Zielrichtung des Leserbriefes sind insgesamt so ungewöhnlich und ambivalent, ja widersprüchlich, dass er sich eher als eine im Interesse der Beklagten liegende „Fiktion“ verstehen lässt und nicht als unbeeinflusste Darstellung eines „Außenstehenden“. Bezeichnenderweise hat die Beklagte die insoweit bestehenden Zweifel auch in keiner Weise auszuräumen versucht, auf die entsprechende Aufforderung der Klägerin um Klarstellung (etwa im Schriftsatz vom 18. September 2012, Anlage AS 5) nicht reagiert und sich im Rechtsstreit auf das bloße Bestreiten beschränkt.
Mit Blick auf die dargestellten Indizien, die für einen fingierten Leserbrief sprechen, war die Beklagte gehalten, das entsprechende Vorbringen der Klägerin substantiiert zu bestreiten, also nachprüfbare Angaben über den Zugang des Briefes und dessen (vorgebliche) Verfasserin zu machen. Denn der Gegner der primär darlegungspflichtigen Partei darf sich nicht auf ein einfaches Bestreiten beschränken, wenn die darlegungspflichtige Partei außerhalb des von ihr darzulegenden Geschehensablaufs steht und keine nähere Kenntnis der maßgebenden Tatsachen besitzt, während der Prozessgegner sie hat und ihm nähere Angaben auch zumutbar sind (so genannten sekundäre Darlegungslast, vgl. BGHZ 163, 209, 214; Zöller/Greger, a.a.0., 8 138, Rdnr. 8b).
In diesen Fällen kann im Rahmen des Zumutbaren das substantiierte Bestreiten der behaupteten Tatsache unter Darlegung der fiir das Gegenteil sprechenden Tatsachen und Umstande verlangt werden (vgl. BGH NJW 2008, 982, 984). Genügt der Gegner der darlegungspflichtigen Partei dieser Anforderung nicht, kann der gegnerische Vortrag gemäß § 138 Abs. 3 ZPO sogar als zugestanden angesehen werden (vgl. Zöller/Greger, a.a.0.).
Dabei kann vorliegend dahinstehen, ob der Klägerin auferlegt werden kann, den streitgegenständlichen Leserbrief vorzulegen. Sie ist aber gehalten, solche substanziellen Angaben zu machen, die es der Verfügungsklägerin ermöglichen. ihrer Darlegungslast und Pflicht zur Glaubhaftmachung nachzukommen. Dieser Substantiierungspflicht ist die Beklagte nicht nachgekommen.
Auf die Indizien, die für einen fingierten Leserbrief sprechen, hatte bereits das Landgericht Trier mit Verfügung vom 20.11.2012 hingewiesen, ohne dass die Beklagte dies zum Anlass nahm, ihr Vorbringen/Bestreiten zu substantiieren. Daraufhin hat das Landgericht mit Beschluss vom 05.12.2012 den Antrag der Beklagten auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung zuriickgewiesen und in den Gründen ausgeführt:
„Da die Antragsgegnerin (Beklagte) glaubhaftmachungsbelastet ist hinsichtlich der Echtheit des Leserbriefs (vgl. Verfügung vom 20.11.2012 und sie dieser Glaubhaftmachungslast nicht nachgekommen ist, hat ihr Widerspruch aus momentaner Sicht keine Aussicht auf Erfolg“.
In dem darauf folgenden Beschwerdeschriftsatz vom 13. Dezember 2012 hat die Beklagte lediglich ihr unzureichendes Vorbringen aus dem Schriftsatz vom 29. Oktober 2012 wiederholt, ohne den Hinweisen des Landgerichts Rechnung zu tragen.
Ihrer insoweit bestehenden Substantiierungspflicht ist die Beklagte auch in der Berufungsinstanz nicht nachgekommen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 2. Juli 2013 wurde sie hierauf erneut hingewiesen und ihr erläutert, dass ihr bisheriges Vorbringen und Beweisanerbieten nicht als ausreichend angesehen werde. Auch hierauf hat die Beklagte bzw. ihr Prozessvertreter (zunächst) nicht reagiert.
Erstmals in dem nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten und nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 04. Juli 2013 hat sie den Versuch unternommen, das Vorbringen der Klägerin zum fingierten Leserbrief und die hierfür sprechenden Indizien zu entkräften. Die Klägerin hat dieses Vorbringen mit Schriftsatz vom 12. Juli 2013 als verspätet gerügt und ist dem neuen Tatsachenvortrag der Beklagten substantiiert entgegengetreten.
Das Vorbringen der Beklagten im Schriftsatz vom 4. Juli 2013 durfte jedoch. da es nach Schluss der mündlichen Verhandlung vorgebracht worden ist, in Anwendung der §§ 525, 296 a ZPO nicht berücksichtigt werden. Ein Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 ZPO ist - auch mit Blick auf den Schriftsatz der Beklagten vom 18. Juli 2013 - nicht gegeben; die Voraussetzungen der §§ 139 Abs. 5, 283 ZPO sind nicht erfüllt.
d)
Daher ist davon auszugehen dass es sich um einen fingierten Leserbrief handelte, dessen Inhalt die Klägerin wegen der hiermit einhergehenden erheblichen Beeinträchtigung ihres Ansehens, das als Teil ihres Unternehmerpersönlichkeitsrechts geschützt ist, nicht hinzunehmen braucht (zum „erdichteten Interview“ vgl. BGH GRUR 1965,254 255; OLG Hamburg NJW 1996, 2870).
e)
Aus der Erstbegehung folgt vorliegend auch eine Wiederholungsgefahr. Dies kann bei einem (echten) Leserbrief durchaus zweifelhaft sein (vgl. hierzu BGH NJW 1986, 2503, 2505; Soehring, Presserecht, 4. Aufl., § 30 Tz. 9a, § 16 Tz. 22). Bei einem fin-gierten Leserbrief liegt es indes nicht außerhalb vernünftiger Wahrscheinlichkeit, dass derjenige, der sich dieses „Mittels“ bedient, der es in seinem Verantwortungsbereich geschehen lässt und der sich damit auch seinen Inhalt zu eigen macht, auch künftig in ähnlicher Weise verhalten wird. Die Wiederholungsgefahr ergibt sich somit aus den Gesamtumständen und bedarf daher auch keiner (gesonderten) Glaubhaftmachung.
Demnach steht der Klägerin der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu.
f)
Auch die für den Verfügungsgrund vorauszusetzende Eilbedürftigkeit ist vorliegend gegeben. Da der Leserbrief in der 36. Kalenderwoche (03. - 09.09.2012) erschienen ist, die reaktionslos gebliebene Abmahnung vom 18.09.2012 datiert und der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung am 28.09.2012 beim Landgericht eingegangen ist, ist die insoweit regelmäßig als ausreichend anzusehende 4-Wochenfrist nicht überschritten.
[Begründung der Kostenentscheidung]
OLG Koblenz, 4 U 95/13, 23.07.2013