Rechtsprechung Medienrecht

BVerfG: Falsche Zuschreibung von Mitgliedschaften, 1 BvR 1531/96 - Helnwein

1. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG) schützt den Einzelnen auch gegenüber der fälschlichen Zuschreibung von Mitgliedschaften in Vereinigungen oder Gruppen, sofern diese Zuschreibung Bedeutung für die Persönlichkeit und deren Bild in der Öffentlichkeit hat.

2. Es ist mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht unvereinbar, daß dem von einer Tatsachenbehauptung nachteilig Betroffenen die Möglichkeit, die Unwahrheit der Behauptung im gerichtlichen Verfahren geltend zu machen, unter Berufung darauf abgeschnitten wird, der sich Äußernde habe im Prozeß für seine Behauptung Belegtatsachen beigebracht.

BVerfG: Unzulässige Schmähkritik, 1 BvR 151/93 - Böll

Das BVerfG hat in der folgenden Kurzbesprechung des Werkes "Und sagte kein einziges Wort" von Heinrich Böll eine unzulässige Schmähkritik bejaht:

"Es ist schon schlechterhin phantastisch, was für ein steindummer, kenntnisloser und talentfreier Autor schon der junge Böll war, vom alten fast zu schweigen - und mehr noch: Er war, gegen's allzeit und bis heute kurrente Klischee und mit Sicherheit gegen seine eigene Selbsteinschätzung, auch einer der vorlogensten, ja korruptesten. Daß ein derartiger z. T. pathologischer, z. T. ganz harmloser Knallkopf den Nobelpreis erringen durfte; daß Hunderttausende lebenslang katholisch belämmerte und verheuchelte Idioten jahrzehntelang den häufig widerwärtigen Dreck weglasen; daß heute noch die Grünen auf eben ihm Stiftungshäuser erbauen - ist das nicht alles wunderbar?"

BVerfG: Veröffentlichung rechtswidrig beschaffter Informationen, 1 BvR 272/81 - Wallraff

1. Das Grundrecht der Pressefreiheit (Art. GG Artikel 5 GG Artikel 5 Absatz I 2 GG) gewährleistet auch die Vertraulichkeit der Arbeit von Zeitungs- und Zeitschriftenredaktionen. Die Tragweite dieses Schutzes im konkreten Fall ergibt sich allerdings erst, wenn die Schranken des Grundrechts berücksichtigt werden.

2. a) Die Veröffentlichung rechtswidrig beschaffter oder erlangter Informationen wird vom Schutz der Meinungsfreiheit (Art. GG Artikel 5 GG Artikel 5 Absatz I GG) umfaßt. Auch insoweit kommt es jedoch auf die Schranken des Grundrechts an.

b) In Fällen, in denen der Publizierende sich die Informationen widerrechtlich durch Täuschung in der Absicht verschafft hat, sie gegen den Getäuschten zu verwerten, hat die Veröffentlichung grundsätzlich zu unterbleiben. Eine Ausnahme gilt nur, wenn die Bedeutung der Informationen für die Unterrichtung der Öffentlichkeit und für die öffentliche Meinungsbildung eindeutig die Nachteile überwiegt, welche der Rechtsbruch für den Betroffenen und für die Rechtsordnung nach sich ziehen.

3. Zur Bedeutung des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung (Art. GG Artikel 5 GG Artikel 5 Absatz I 1 GG) für die Beurteilung herabsetzender Äußerungen im öffentlichen Meinungskampf.

BVerfG: Recht auf informationelle Selbstbestimmung, 1 BvR 209/83 u. a. - Volkszählungsurteil

1. Unter den Bedingungen der modernen Datenverarbeitung wird der Schutz des einzelnen gegen unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe seiner persönlichen Daten von dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Art. 2 I i. V. mit Art. GG Artikel 1 GG Artikel 1 Absatz I GG umfaßt. Das Grundrecht gewährleistet insoweit die Befugnis des einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen.

2. Einschränkungen dieses Rechts auf "informationelle Selbstbestimmung" sind nur im überwiegenden Allgemeininteresse zulässig. Sie bedürfen einer verfassungsgemäßen gesetzlichen Grundlage, die dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit entsprechen muß. Bei seinen Regelungen hat der Gesetzgeber ferner den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Auch hat er organisatorische und verfahrensrechtliche Vorkehrungen zu treffen, welche der Gefahr einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts entgegenwirken.

3. Bei den verfassungsrechtlichen Anforderungen an derartige Einschränkungen ist zu unterscheiden zwischen personenbezogenen Daten, die in individualisierter, nicht anonymer Form erhoben und verarbeitet werden, und solchen, die für statistische Zwecke bestimmt sind.

Bei der Datenerhebung für statistische Zwecke kann eine enge und konkrete Zweckbindung der Daten nicht verlangt werden. Der Informationserhebung und -verarbeitung müssen aber innerhalb des Informationssystems zum Ausgleich entsprechende Schranken gegenüberstehen.

4. Das Erhebungsprogramm des Volkszählungsgesetzes 1983 (§§ 2 Nr. 1 bis 7, 3 bis 5) führt nicht zu einer mit der Würde des Menschen unvereinbaren Registrierung und Katalogisierung der Persönlichkeit; es entspricht auch den Geboten der Normenklarheit und der Verhältnismäßigkeit. Indessen bedarf es zur Sicherung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ergänzender verfahrensrechtlicher Vorkehrungen für Durchführung und Organisation der Datenerhebung.

5. Die in § 9 Absatz I bis III VolkszählungsG 1983 vorgesehenen Übermittlungsregelungen (unter anderem Melderegisterabgleich) verstoßen gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Die Weitergabe zu wissenschaftlichen Zwecken (§ 9 Absatz IV VolkszählungsG 1983) ist mit dem Grundgesetz vereinbar.

BVerfG: Unzulässigkeit untergeschobener Äußerungen, 1 BvR 185/77

1. Das durch Art. 2 I i.V. mit Art. 1 I GG verfassungsrechtlich gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt auch dagegen, daß jemandem Äußerungen in den Mund gelegt werden, die er nicht getan hat und die seinen von ihm selbst definierten sozialen Geltungsanspruch beeinträchtigen.

2. Unter der Voraussetzung einer Mitwirkungspflicht des Beklagten ist es in Fällen dieser Art verfassungsrechtlich nicht geboten, von der allgemeinen Regel des Zivilprozeßrechts abzugehen, daß dem Kläger der Beweis der seinen Anspruch begründenden Umstände obliegt.

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