Redaktionelle Leitsätze
1. Die Beweislast für die beschränkte oder nicht vorhandene Geschäftsfähigkeit trägt der Nutzer.
2. Durch die Einwilligung soll sichergestellt sein, dass der Nutzer vor der Abgabe den erforderlichen subjektiven Erklärungswillen bilden konnte. Ausreichend ist dabei, dass es einem durchschnittlich verständiger Nutzer möglich ist zu erkennen, dass er rechtsverbindlich in eine Verarbeitung seiner persönlichen Daten einwilligt.
3. Um zu ermitteln, ob dem Nutzer ein Zugang zu der Leistung nicht oder nur in unzumutbarer Weise möglich ist, muss geprüft werden, ob das Unternehme eine Monopolstellung hat und diese ausnutzt. Dies ist nicht der Fall, wenn es noch andere Anbieter gibt, die gleichewertige Leistungen anbieten, deren in Anspruchnahme dem Nutzer ohne weiteres möglich ist.
Tatbestand
1 I. Der Kläger, der eine in die beim Bundesverwaltungsamt geführte Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 Abs. 1 UKlaG eingetragene Einrichtung ist, nimmt die Beklagte, die ein Internetauktionshaus betreibt, auf die Unterlassung der Verwendung von Vertragsbestimmungen in Anspruch.
2 Der Kläger hat beantragt,
3 die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen am Vorstand der Beklagten, zu unterlassen, nachfolgende oder diesen inhaltsgleichen Bestimmungen in Verträge über die Nutzung von Telediensten einzubeziehen, sowie sich auf die Bestimmungen bei der Abwicklung derartiger Verträge, geschlossen nach dem 1.4.1977, zu berufen:
4 1. "Ich ... erkläre, dass ich volljährig und unbeschränkt geschäftsfähig bin";
5 2. "Ich willige in die Verarbeitung und Nutzung meiner personenbezogenen Daten gemäß der vorstehenden Datenschutzerklärung ein";
6 3. "Ich willige ein, dass e. meine personenbezogenen Daten für e.-Marketing-Maßnahmen wie z. B. zur Versendung von e-mails mit allgemeinen Informationen oder werbendem Charakter (Newsletter) verarbeitet und nutzt";
7 4. "Ich bin damit einverstanden, dass e. meine personenbezogenen Daten auch verarbeitet und nutzt, um mir auf persönliche Interessen zugeschnittene Angebote in "mein e." zu präsentieren".
8 Die Beklagte hat beantragt,
9 die Klage abzuweisen.
10 Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
11 Das Landgericht hat durch Urteil vom 10.3.2005 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Kläger stünden Unterlassungsansprüche aus §§ 1, 2 Abs. 1 Satz 1 UKlaG nicht zu. Das Verlangen einer Bestätigung der Volljährigkeit und unbeschränkten Geschäftsfähigkeit verstoße nicht gegen § 309 Nr. 12 b BGB, da es nicht zu einer Verschärfung der Beweislast des Nutzers führe. Aus den Klauseln über die Einwilligung in die Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten folge nicht eine unangemessene Benachteiligung nach § 307 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB, da eine Abweichung von den Grundgedanken des TDDSG nicht gegeben sei. Zwar biete die Beklagte einen Teledienst gemäß § 2 Abs. 2 TDDSG an. Auch bedürfe die Nutzung personenbezogener Daten zu den von der Beklagten verfolgten Zwecken nach § 3 Abs. 1, 2 TDDSG in Verbindung mit §§ 5, 6 TDDSG der Zustimmung des Nutzers. Diese sei durch die streitgegenständlichen Vertragsbestandteile indes wirksam erteilt worden. Die Einwilligungserklärung entspreche den Erfordernissen des § 4 Abs. 2 TDDSG, da eine bestätigende Wiederholung des Übermittlungsbefehls vorgesehen und die Datenschutzerklärung übersichtlich und hinreichend verständlich in einem gesonderten Textfenster dargestellt sei. Ein Verstoß gegen das Koppelungsverbot nach § 3 Abs. 4 TDDSG liege nicht vor, da ein anderer Zugang zu den angebotenen Telediensten in zumutbarer Weise möglich sei. Durch diese gesetzliche Regelung sei der Missbrauch einer Monopolstellung des Anbieters sanktioniert. Für die Beklagte sei die Innehabung einer Monopolstellung jedoch nicht dargetan; eine dominierende Stellung am Markt reiche dazu nicht aus. Infolge der nach alledem wirksamen Einwilligung des Nutzers sei der Beklagten auch ein wettbewerbswidriges Verhalten nicht zur Last zu legen.
12 Gegen dieses Urteil, das ihm am 14.3.2005 zugestellt worden ist, hat der Kläger am 1.4.2005 Berufung eingelegt und diese am 12.5.2005 begründet.
13 Der Kläger trägt vor, dass - was die Beklagte nicht bestreitet - am 28.4.2005 für die Beklagte 5.492.838 Auktionen und für andere Anbieter insgesamt 606.538 Auktionen gezählt worden seien. Auf die Beklagte sei damit ein Anteil von mehr als 73 % aller gezählten Auktionen entfallen, worin sich die monopolartige Stellung der Beklagten zeige. Zudem werde - was die Beklagte ebenfalls nicht in Abrede stellt - etwa bei dem Anbieter R. eine Einverständniserklärung überhaupt nicht abgefordert, sondern der Vertragsschluss unter Einbeziehung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen sei automatisch mit deren Erteilung verknüpft.
14 Der Kläger beantragt,
15 die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 10.3.2005 zu verurteilen, es zukünftig bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen am Vorstand der Beklagten, zu unterlassen, nachfolgende oder diesen inhaltsgleichen Bestimmungen in Verträge über die Nutzung von Telediensten einzubeziehen, sowie sich auf die Bestimmungen bei der Abwicklung derartiger Verträge, geschlossen nach dem 1.4.1977, zu berufen:
16 1. "Ich ... erkläre, dass ich volljährig und unbeschränkt geschäftsfähig bin";
17 2. "Ich willige in die Verarbeitung und Nutzung meiner personenbezogenen Daten gemäß der vorstehenden Datenschutzerklärung ein";
18 3. "Ich willige ein, dass e. meine personenbezogenen Daten für e.-Marketing-Maßnahmen wie z. B. zur Versendung von e-mails mit allgemeinen Informationen oder werbendem Charakter (Newsletter) verarbeitet und nutzt";
19 4. "Ich bin damit einverstanden, dass e. meine personenbezogenen Daten auch verarbeitet und nutzt, um mir auf persönliche Interessen zugeschnittene Angebote in "mein e." zu präsentieren".
20 Die Beklagte beantragt,
21 die Berufung zurückzuweisen.
22 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
23 Der Kläger hat durch nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 8.12.2005 ergänzend vorgetragen.
Entscheidungsgründe
[...]
OLG Brandenburg, Urteil vom 10.01.2006, 7 U 52/05, CR 2006, 490