BGH: Haftung des Admin-C bei Verletzung von Prüfpflichten einer Domainregistrierung, I ZR 150/09

a) Der Namensschutz aus § 12 BGB bleibt neben dem Kennzeichenschutz aus §§ 5, 15 MarkenG anwendbar, wenn mit der Löschung des Domainnamens eine Rechtsfolge begehrt wird, die aus kennzeichenrechtlichen Vorschriften deswegen nicht hergeleitet werden kann, weil das Halten des Domainnamens im konkreten Fall für sich gesehen die Voraussetzungen einer Verletzung der Marke oder des Unternehmenskennzeichens des Klägers nicht erfüllt (Fortführung von BGH, GRUR 2005, 430 - mho.de; BGH, GRUR 2008, 1099 - afilias.de).

b) Derjenige, der sich von einem ausländischen Anmelder eines Domainnamens gegenüber der DENIC als administrativer Ansprechpartner (Admin-C) benennen und registrieren lässt, haftet nicht schon deswegen als Störer für mögliche mit der Registrierung verbundene Verletzungen von Rechten Dritter.

c) Eine Prüfungspflicht kann sich jedoch aus den besonderen Umständen des Einzelfalls ergeben. Solche gefahrerhöhenden Umstände liegen vor, wenn der im Ausland ansässige Anmelder freiwerdende Domainnamen jeweils in einem automatisierten Verfahren ermittelt und registriert und der Admin-C sich dementsprechend pauschal bereiterklärt hat, diese Funktion für eine große Zahl von Registrierungen zu übernehmen.

Tatbestand

1 Die Klägerin betreibt unter der Bezeichnung „Basler Haar-Kosmetik" u.a. im Internet einen Versandhandel für Haarkosmetikprodukte und Friseurbedarf. Sie ist Inhaberin der am 12. November 1991 angemeldeten und am 15. Dezember 1992 für eine Reihe von Waren aus dem Bereich der Haarkosmetik und des Friseurbedarfs eingetragenen deutschen Wort-/Bildmarke „Basler HAAR-KOSMETIK" und des Domainnamens „www.basler-haarkosmetik.de".

2 Die in Großbritannien ansässige G. Ltd. stellte auf ihrer unter dem Domainnamen „www.baslerhaarkosmetik.de" registrierten Internetseite elektronische Werbeverweise für Angebote von Konkurrenten der Klägerin bereit. Für diesen Domainnamen war der Beklagte gegenüber der Domain-Verwaltungs- und Betriebsgesellschaft eG (DENIC), die Domainnamen unter der Top-Level-Domain „.de" vergibt, als sogenannter administrativer Ansprechpartner (Admin-C) benannt und registriert worden, nachdem er sich gegenüber der G. Ltd. generell bereiterklärt hatte, als Admin-C zur Verfügung zu stehen.

3 Der zwischen der DENIC und dem Domaininhaber abzuschließende Domainvertrag enthält hinsichtlich des administrativen Ansprechpartners unter § 3 Abs. 1 Satz 1 der DENIC-Domainbedingungen folgende Regelung:

  • Der Domaininhaber versichert mit dem Domainauftrag, dass seine darin enthaltenen Angaben richtig sind und er zur Registrierung bzw. Nutzung der Domain berechtigt ist, insbesondere, dass Registrierung bzw. Nutzung der Domain weder Rechte Dritter verletzen noch gegen allgemeine Gesetze verstoßen. Hat der Domaininhaber seinen Sitz nicht in Deutschland, benennt er einen in Deutschland ansässigen administrativen Ansprechpartner, der zugleich Zustellungsbevollmächtigter i.S.v. §§ 174 ff. ZPO ist.

4 Die DENIC-Domainrichtlinien enthielten in der bis zum 18. Dezember 2008 gültigen Fassung unter Ziffer VIII zudem die folgende Bestimmung:

  • Der administrative Ansprechpartner (admin-c) ist die vom Domaininhaber benannte natürliche Person, die als sein Bevollmächtigter berechtigt und verpflichtet ist, sämtliche die Domain betreffenden Angelegenheiten verbindlich zu entscheiden, und die damit den Ansprechpartner von DENIC darstellt. ... Sofern der Domaininhaber seinen Sitz nicht in Deutschland hat, ist der admin-c zugleich sein Zustellungsbevollmächtigter i.S.v. §§ 174 f. ZPO; ...

5 Die Klägerin wandte sich mit Schreiben ihres Anwalts vom 11. Juli 2008 unter dem Betreff „Domainname baslerhaarkosmetik.de" wie folgt an den Beklagten:

  • ... Wir übergeben in der Anlage unser Schreiben an den Domaininhaber mit der Aufforderung, die genannte Domain wegen Verletzung der Marken- und Firmenrechte unserer Mandantin zu löschen. Wir fordern auch Sie als administrativen Ansprechpartner zur Löschung der Domain auf. Unsere Mandantin behält sich sämtliche Ansprüche und Rechte vor.

6 Der Domainname wurde daraufhin gelöscht. Der Beklagte war jedoch nicht bereit, die der Klägerin nach ihrer Behauptung vorgerichtlich entstandenen
Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.379,80 € zu erstatten. Die Zahlung dieses Betrages ist Gegenstand des Rechtsstreits.

7 Die Klägerin sieht in der Registrierung des Domainamens „baslerhaarkosmetik" eine Verletzung ihres Firmen- und Markenrechts. Sie ist der Ansicht, der Beklagte sei hierfür als Störer verantwortlich, weil es ihm zuzumuten sei, die zu registrierenden Domainnamen mittels eines Internetsuchdienstes abzufragen. Bei einer entsprechenden Abfrage wäre er sofort auf die Klägerin gestoßen.

8 Die Klägerin hat den Beklagten daher auf Zahlung von 1.379,80 € nebst Zinsen in Anspruch genommen. 

9 Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Die rechtliche Verantwortung für den Domainnamen liege allein bei der Inhaberin. Eine Prüfungspflicht sei ihm nur dann zuzumuten, wenn er konkrete Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt habe. Zum Zeitpunkt des Zugangs der Abmahnung der Klägerin habe er keine solche Kenntnis gehabt.

10 Das Landgericht hat den Beklagten zur Zahlung verurteilt. Das Berufungsgericht hat das Urteil des Landgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen (OLG Stuttgart, GRUR-RR 2010, 12). Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

BGH, Urteil vom 09.11.2011, I ZR 150/09 - Basler Haar-Kosmetik

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