Der Schutzumfang einer älteren Marke, der aufgrund einer deutlichen und für den Verkehr ohne weiteres erkennbare Annäherung an eine einschlägige warenbeschreibende Angabe eingeschränkt ist, erfährt keine Erweiterung im Verhältnis zu jüngeren Marken, die sich an dieselbe Sachangabe annähern (Abgrenzung zu BGH GRUR 2008, 803, Tz. 22 - HEITEC).
Im Verhältnis zu Markeninhabern, die sich mit ihren Marken an warenbeschreibende Angaben annähern, kann es den Wettbewerbern nicht verwehrt werden, sich mit ihren (prioritäts-jüngeren) Kennzeichnungen an dieselben Sachangaben anzunähern (Stichwort: kein An-näherungsmonopol), wenn dies unter angemessener Berücksichtigung der älteren Markenrechte geschieht. Beim Zeichenvergleich nach dem maßgeblichen Gesamteindruck wird dieser Forderung dadurch Rechnung getragen, dass den Faktoren bei der Zeichenbildung mehr (kennzeichnendes) Gewicht beigemessen wird, welche die schutzbegründende Eigenart der Marke ausmachen, die sich aus den Abweichungen gegenüber der Sachangabe ergibt.
Ausgehend davon besteht keine Verwechslungsgefahr zwischen der für Arzneimittel (hier: Magen-Darmtherapeutika für humanmedizinische Zwecke) registrierten Widerspruchsmarke "PANTOZOL", deren Schutzumfang wegen der deutlichen und für den Verkehr ohne weiteres erkennbaren Annäherung an die einschlägige Wirkstoffangabe "Pantoprazol" eingeschränkt ist, und der jüngeren Marke "Panprazol", die sich ebenfalls an diese einschlägige Wirkstoffbezeichnung annähert.
Gründe
Die Marke Panprazol ist für Waren der Klasse 5 am 13. Dezember 2007 unter der Nummer 307 74 312 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Markenregister eingetragen worden. Nach Teillöschung mit Wirkung vom 29. Mai 2008 lautet das Warenverzeichnis wie folgt:
"Verschreibungspflichtige Arzneimittel zur Behandlung von Magen- Darm-Erkrankungen mit dem Wirkstoff Pantoprazol."
Dagegen hat die Inhaberin der prioritätsälteren, am 5. Juli 2002 in das Markenregister unter der Nummer 302 14 878 eingetragenen Marke PANTOZOL Widerspruch erhoben, welche nach Teillöschung mit Wirkung vom 30. September 2002 für die folgenden Waren der Klasse 5 geschützt ist:
"Magen-Darmtherapeutika für humanmedizinische Zwecke".
Die Markeninhaberin hat im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten, ausgenommen für die Waren "verschreibungspflichtige Magen-Darm-Therapeutika für humanmedizinische Zwecke, nämlich Protonenpumpenhemmer mit dem Wirkstoff Pantoprazol". Für diese Waren hat die Markeninhaberin die Benutzung der Widerspruchsmarke zugestanden. Die Widersprechende hat hinsichtlich der Benutzung der Widerspruchsmarke für darüber hinausgehende Waren keine Unterlagen eingereicht.
Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts, besetzt mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes, hat auf den Widerspruch aus der Marke 302 14 878 mit Beschluss vom 24. Februar 2010 die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet.
Nach Auffassung der Markenstelle besteht zwischen den Vergleichsmarken Verwechslungsgefahr. Dabei sei von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen, da keine die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in entscheidungserheblichem Umfang stärkenden oder schwächenden Umstände ersichtlich seien. Nachdem die Markeninhaberin die Einrede der Nichtbenutzung der Widerspruchsmarke beschränkt erhoben habe, und zwar mit Ausnahme "verschreibungspflichtiger Magen-Darm-Therapeutika für humanmedizinische Zwecke" und die Widersprechende keine weitergehenden Benutzungsunterlagen eingereicht habe, sei bei der Beurteilung der Warenähnlichkeit von den vorgenannten Waren auszugehen. Diese seien den Waren, für die die angegriffene Marke registriert sei, sehr ähnlich.
Den demnach gebotenen strengen Abstand zur Widerspruchsmarke halte die angegriffene Marke jedenfalls in klanglicher Hinsicht nicht ein. In diesem Zusammenhang sei zu berücksichtigen, dass ungeachtet der Rezeptpflicht der registrierten Waren die klangliche Wiedergabe und die Begegnung der Vergleichsmarken bei Laien zu berücksichtigen sei, auch wenn der Fachverkehr stärker im Vordergrund stehe als bei einer fehlenden Rezeptpflicht. Es müsse nämlich damit gerechnet werden, dass z. B. ein Laie ein rezeptpflichtiges Mittel weiter empfehle. Die Vergleichsmarken stimmten in dem ohnehin regelmäßig besonders beachteten Wortanfang "Pan-" und der Endsilbe "-zol" überein. Diese Übereinstimmungen träten deswegen besonders hervor, weil beide Vergleichsmarken auf diesen Silben betont würden. Ferner sei die Silbenzahl identisch. Die Mittelsilbe "pra" der angegriffenen Marke hebe sich, isoliert betrachtet, zwar deutlich von der Mittelsilbe "to" der Widerspruchsmarke ab. Auch bestünden der Zeichenanfang und das Zeichenende der Vergleichsmarken aus eher häufig verwendeten Zeichenbestandteilen. Dennoch reichten die Ähnlichkeiten im klanglichen Gesamteindruck aus, um eine Verwechslungsgefahr zu begründen, da der einzige Unterschied im Wortinneren gegeben sei, die unterschiedliche Mittelsilbe zudem nicht markant sei, die Vergleichsmarken sich regelmäßig nicht gleichzeitig gegenüberträten und es sich um relativ lange Bezeichnungen handele, bei denen Abweichungen weniger ins Gewicht fielen als bei kürzeren Markenwörtern.
Die Markeninhaberin macht mit ihrer gegen den vorgenannten Beschluss gerichteten Beschwerde geltend, dass die Markenstelle die Voraussetzungen der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr nicht zutreffend beurteilt habe. Die Widerspruchsmarke habe für ein Arzneimittel, das den Wirkstoff Pantoprazol enthalte, eine überwiegend beschreibende Bedeutung. In mehreren Entscheidungen des Bundespatentgerichts, die Widersprüche aus der Marke "PANTO" zum Gegen- stand gehabt hätten, sei von einer eingeschränkten Kennzeichnungskraft dieser Marke ausgegangen worden, da sie sich an die Bezeichnung des Wirkstoffs "Pantoprazol" angelehnt habe. Dies habe der Bundesgerichtshof nicht beanstandet. Dann müsse im vorliegenden Fall von einer noch geringeren Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausgegangen werden, da sich diese noch stärker an diese Wirkstoffbezeichnung anlehne und insoweit lediglich eine Silbe ausspare. Es handele sich dabei um die typische Abwandlung einer dem Verkehr bekannten Wirkstoffbezeichnung, die der Verkehr als solche auch erkenne. Der Schutzumfang der Widerspruchsmarke sei daher auf die hier nur minimale eintragungsbegründende Eigenprägung zu beschränken. Ginge man hingegen von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke aus, so würden die Rechte eines jeden Konkurrenten eingeschränkt werden, Abwandlungen von Wirkstoffbezeichnungen zu bilden. Insbesondere dürfe es Dritten nicht verwehrt werden, ebenso wie der Widersprechende die erste und letzte Silbe der freizuhaltenden Wirkstoffbezeichnung "Pantoprazol" zu benutzen und dabei eine andere Zwischensilbe zu verwenden als die Widerspruchsmarke.
Im Übrigen seien im vorliegenden Fall auf Seiten der Widerspruchsmarke nur die Waren zu berücksichtigen, für die die Markeninhaberin eine Benutzung der Widerspruchsmarke zugestanden habe, d. h. die Ware "verschreibungspflichtiges Magen- Darm Therapeutikum für humanmedizinische Zwecke, nämlich Protonenpumpenhemmer mit dem Wirkstoff Pantoprazol". Hinsichtlich der Zeichenähnlichkeit wiesen die Vergleichsmarken zwar geringe, aber dennoch ausreichende Unterschiede auf. Die Vergleichsmarken hätten voneinander abweichende Mittelsilben ("-PRA" bzw. "-TO") aus der Wirkstoffbezeichnung Pantoprazol übernommen. Diese Silben unterschieden sich deutlich voneinander. Die mittlere Silbe "-TO" der Widerspruchsmarke sei im Klangbild markant, da sie zu der recht ungewöhnlichen Vokalfolge A-O-O führe, wohingegen in der angegriffenen Marke phonetisch die Lautfolge PA-P-A im Vordergrund stehe. Hinzu komme, dass das Element "Pan" eher häufig den Wortanfang von Arzneimitteln bilde; so seien in der "Roten Liste" zahlreiche Arzneimittel mit der Anfangssilbe "Pan-" verzeichnet. Der vorliegende Fall sei auch nicht mit dem der "HEITEC"-Entscheidung des BGH zugrundeliegenden Sachlage vergleichbar. In der vorgenannten Entscheidung hätten sich phonetisch identische Marken gegenüber gestanden, wobei dort auch deutlich erkennbar gewesen sei, dass sich die jüngere Marke an die ältere Marke anlehnen wollte. Hier sei aber keine (klangliche) Markenidentität gegeben, sondern es lägen deutlich wahrnehmbare phonetische Unterschiede vor. Berücksichtige man zudem den eingeschränkten Schutzumfang der Widerspruchsmarke, könne Verwechslungsgefahr hier nicht bejaht werden.
Die Markeninhaberin beantragt,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 24. Februar 2010 aufzuheben und den Widerspruch zurückzuweisen.
Die Widersprechende beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass die Markenstelle eine Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken zu Recht angenommen habe. Es sei Warenidentität gegeben. Die Benutzung der Widerspruchsmarke könne nicht auf die Ware "verschreibungspflichtige Magen-Darm-Therapeutika für humanmedizinische Zwecke, nämlich Protonenpumpenhemmer mit dem Wirkstoff Pantoprazol" reduziert werden, da gemäß der erweiterten Minimallösung bei Benutzung einer Arzneimittelspezialität die entsprechende Hauptgruppe der "Roten Liste" zu Grunde legen sei. Auch sei vorliegend eine Einschränkung auf eine Verschreibungspflicht nicht zulässig.
Bei der Widerspruchsmarke sei von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft auszugehen, da zwischen dieser und der Wirkstoffbezeichnung Pantoprazol ein deutlicher Unterschied bestehe. Ferner sei der Widerspruchsmarke entsprechend der OMEPRAZOC-Entscheidung des Bundesgerichtshofs eine herkunftshinweisende Eigenart beizumessen. Zudem sei fraglich, ob der Verkehr bei der Widerspruchsmarke eine Anlehnung an den Wirkstoff "Pantoprazol" überhaupt erkenne. Denn es gebe noch weitere Medikamentenmarken, die mit dem Bestandteil "PANTO-" begännen, jedoch keine Marken Darm-Therapetika seien und keine Wirkstoffe besäßen, deren Bezeichnung den Bestandteil "PANTO-" enthalte. Zudem würden Laien, die zu den relevanten Verkehrskreisen zu rechnen seien, das Markenwort "Pantozol" als Kunstwort ansehen.
Die angegriffene Marke halte in dem maßgeblichen Gesamteindruck den gebotenen Abstand zur Widerspruchsmarke nicht ein. Die Vergleichsmarken unterschieden sich lediglich in der nicht markanten Mittelsilbe. Ferner handele es sich um relative lange Bezeichnungen, bei denen Abweichungen weniger ins Gewicht fielen als bei kürzeren Wörtern. Die Gemeinsamkeiten der Vergleichsmarken würden überwiegen und blieben auch besser im Gedächtnis als die Unterschiede. Wegen der großen Ähnlichkeit der Zeichen bestünde zudem die Gefahr, dass die Vergleichsmarken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht würden, da der Verkehr annehmen könnte, es handele sich um eine Zeichenserie aus gleicher betrieblicher Herkunft.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze der Beteiligten und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.
Gründe
Beschl. v. 17.03.2011, 25 w (pat) 516/10 - Panprazol-Pantozol