1. Der Schutz eines individualisierten Musters erstreckt sich nur auf solche Merkmale, die der bekannt gemachten bildlichen Musterwiedergabe entnommen werden können. Eine unvollständige Musterwiedergabe führt ungeachtet schriftlicher Ausführungen zu keinem erhöhten Schutzumfang.
2. Bei einer wettbewerblichen Eigenart ist maßgeblich auf die Sicht der als Abnehmer in frage kommenden Verbraucher abzustellen.
3. Die urheberrechtliche Schutzgrenze erfordert für die Durchschnittsgestaltung eine deutlich überragende Gestaltungshöhe, die es nach den im Leben herrschenden Anschauungen rechtfertigt von Kunst zu sprechen.
Tatbestand
3 Die Klägerin, ein weltweit tätiges katalanisches Familienunternehmen, zählt sich zu den führenden Anbietern von Behältnissen für Kosmetikartikel. 2002 entwickelte sie einen von ihr „Ice Cube" genannten würfelförmigen Cremetiegel (Anlage K 4). Ihr Geschäftsführer hinterlegte zwei Schnittzeichnungen (Fig. 3-1 und 3-2) als internationales Geschmacksmuster Nr. WO77228 mit Priorität vom 26.02.2002 und Schutzwirkung für Deutschland (Anlage K 5); er räumte der Klägerin daran ausschließliche Verwertungsrechte ein und ermächtigte sie zur Ausübung aller Ansprüche (Anlage K 6).
4 Die Beklagte, die sich selbst als TV-Kaufhaus bezeichnet, bot über das Fernsehen und ihren Onlineshop eine Gesichtscreme unter der Bezeichnung „S. M.® MSC Magic Skin Care – Womeno" in einem dem „Ice Cube" ähnlichen Behältnis an (Anlage K 8; Abbildung Anlage K 7).
5 Die Klägerin sieht darin eine Verletzung ihres Geschmacksmusters und eine wettbewerbsrechtlich unlautere Nachahmung ihres Erzeugnisses. Sie behauptet, im Zusammenwirken mit Frau S. M. I., der sie im Rahmen eines Angebots Muster und Fotos des Behältnisses überlassen habe, sei von der Lieferantin und Streithelferin der Beklagten die Herstellung von Plagiaten in China veranlasst worden. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Unterlassung der Herstellung, des Anbietens und Inverkehrbringens, der Ein- und Ausfuhr, des Gebrauchs und des Besitzes der im Klageantrag abgebildeten und beschriebenen Kosmetikcremebehälter, auf Auskunft, Rechnungslegung, Herausgabe zur Vernichtung und auf Schadensersatzfeststellung in Anspruch. Mit dem angefochtenen Urteil, auf das wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie der gestellten Anträge Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen.
6 Im Berufungsrechtszug verfolgt die Klägerin vorrangig ihre auf das Geschmacksmuster gestützten bisherigen Anträge und hilfsweise einen wettbewerbsrechtlich begründeten, auf das Anbieten und/oder Inverkehrbringen beschränkten Unterlassungsantrag mit darauf bezogenen Annexanträgen (ohne Vernichtungsanspruch) weiter. Äußerst hilfsweise stützt sie sich auf der Basis ihres bisherigen Tatsachenvortrags nunmehr auch auf eine Urheberrechtsverletzung; sie meint, im Lichte der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs genieße ihr „Ice cube" als eigenpersönliche schöpferische Leistung ihres Geschäftsführers urheberrechtlichen Schutz. Die Beklagte und ihre Streithelferin verteidigen die Entscheidung des Landgerichts.
Entscheidungsgründe