BGH: Anmeldung einer Diensterfindung zum Patent entbehrt die Erfindungsmeldung, X ZR 72/10 - Initialidee

a) Die Frist zur Inanspruchnahme einer Diensterfindung wird, wenn es an einer schriftlichen Erfindungsmeldung des Diensterfinders fehlt, grundsätzlich nur in Gang gesetzt, wenn der Arbeitgeber, insbesondere durch eine Patentanmeldung und die Benennung des Arbeitnehmers als Erfinder, dokumentiert, dass es keiner Erfindungsmeldung mehr bedarf, weil er über die Erkenntnisse bereits verfügt, die ihm der Diensterfinder durch die Erfindungsmeldung verschaffen soll.

b) Eine derartige Dokumentation der Kenntnis des Arbeitgebers von der Diensterfindung und den an ihr Beteiligten ergibt sich weder daraus, dass der Arbeitgeber durch die mündliche Mitteilung einer "Initialidee" durch den Arbeitnehmer und schriftliche Berichte über anschließend durchgeführte Versuche Kenntnis von der technischen Lehre der Erfindung erhält, noch aus dem Umstand, dass der Arbeitgeber von einem Patent erfährt, das der Arbeitnehmer auf die Diensterfindung angemeldet hat (Fortführung von BGH, Urteil vom 4. April 2006 - X ZR 155/03, BGHZ 167, 118 - Haftetikett).

c) Hat der Arbeitnehmer die Diensterfindung unberechtigt zum Patent angemeldet, bedarf es nach Inanspruchnahme der Diensterfindung durch den Arbeitgeber gemäß §§ 6, 7 ArbNErfG einer Übertragung und nicht nur einer Umschreibung der Anmeldung oder eines hierauf erteilten Patents auf den Arbeitgeber.

Tatbestand

1 Der Beklagte zu 2 war vom 1. Januar 1998 bis zum 31. März 2003 bei einer Rechtsvorgängerin der Klägerin (im Folgenden: Klägerin) als Projektingenieur angestellt und ist nunmehr Mitgeschäftsführer der mit Gesellschaftsvertrag vom 12. August 2003 gegründeten Beklagten zu 1.

2 Der Beklagte zu 2 meldete am 30. Mai 2003 beim Deutschen Patent- und Markenamt ein Patent betreffend ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Herstellung von dreidimensional ausgeprägten Formteilen an und gab sich als Erfinder an. Auf die mit Wirkung vom 8. April 2004 auf die Beklagte zu 1 übertragene Anmeldung wurde dieser das Patent 103 24 735 erteilt.

3 Die Erfindung ist auch Gegenstand des europäischen Patents 1 631 441 sowie einer internationalen und einer brasilianischen Patentanmeldung, die jeweils die Priorität der deutschen Anmeldung in Anspruch nehmen und deren Inhaberin bzw. Anmelderin ebenfalls die Beklagte zu 1 ist. Patentanspruch 1 des europäischen Patents lautet:

"Verfahren zur Herstellung von dreidimensional ausgeprägten Formteilen aus Fasermaterial unter Verwendung einer Form, umfassend eine Unterform, deren Innenseite die Kontur der Unterseite des Formteils bestimmt, und wenigstens eine Oberform, deren Innenseite die Kontur der Oberseite des Formteils bestimmt, wobei die Unterform und/oder die Oberform Löcher zum Durchströmen von Luft aufweisen, gekennzeichnet durch die folgenden Schritte:

  • Einblasen von Fasern mittels eines Luftstroms in den Zwischenraum zwischen der Unterform (10) und einer temporären Hilfsoberform (9);
  • Anlagern von Fasern an den Innenseiten der Unterform (10) und der temporären Hilfsoberform (9), bis die Form gefüllt ist, wodurch sich ein Rohling (15) aus Fasermaterial bildet;
  • Abnehmen der temporären Hilfsoberform (9);
  • Aufsetzen der Oberform (11), wodurch der Rohling (15) verdichtet wird; und
  • Verbinden der Fasern mittels eines beigemischten Bindemittels, wodurch sich der Rohling (15) zum Formteil (17) verfestigt."

4 Die Klägerin macht geltend, den Schutzrechten und Schutzrechtsanmeldungen liege eine Diensterfindung des Beklagten zu 2 zugrunde, deren Inanspruchnahme sie in der Klageschrift erklärt hat, und nimmt die Beklagte zu 1 auf Übertragung der Rechte in Anspruch. Ferner nimmt sie die Beklagten wegen Verletzung von Betriebsgeheimnissen auf Auskunft und Feststellung ihrer Verpflichtung zum Schadensersatz in Anspruch.

5 Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; die Berufung ist erfolglos geblieben (OLG Karlsruhe, GRUR 2011, 318).

6 Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre vor dem Berufungsgericht gestellten Anträge weiter.

Entscheidungsgründe

BGH, Urteil vom 12 April, X ZR 72/10 - Initialidee

 

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