UrhG § 31
Amtliche Leitsätze
a) Ein urheberrechtlicher Lizenzvertrag über die Einräumung oder Übertragung von Nutzungsrechten an einem vermeintlichen Werk ist nicht deshalb unwirksam, weil das vermeintliche Werk tatsächlich keinen Urheberrechtsschutz genießt. Der Lizenzgeber eines solchen Lizenzvertrages kann grundsätzlich die vereinbarte Vergütung beanspruchen, solange der Lizenzvertrag besteht und dem Lizenznehmer eine wirtschaftliche Vorzugsstellung verschafft.
b) Den Parteien eines Lizenzvertrages ist es allerdings unbenommen, die Rechtsfolgen der Übertragung eines Scheinrechts anders zu regeln. Insbesondere können sie vereinbaren, dass ein Vergütungsanspruch nicht besteht, wenn der Lizenzgeber nicht nachweist, dass die materiellen Schutzvoraussetzungen des eingeräumten oder übertragenen Rechts vorliegen.
c) Die GEMA ist nach den Bestimmungen des Berechtigungsvertrages zur Erhebung und Verrechnung von Aufführungsgebühren nur berechtigt und verpflichtet, wenn der Bezugsberechtigte in Zweifelsfällen nachweist, dass die aufgeführten Musikstücke urheberrechtlich geschützt sind.
Tatbestand
1 Die Kläger zu 1 und 2, Vater und Sohn, schufen mithilfe von Keyboards und Computertechnik zahlreiche Musikstücke, die sie auf Tonträgern mit der Bezeichnung „Delcanto: Delcantos Hits Vol. 1" (Kläger zu 1) und „Alexa: Alexas Hits Vol. 1" (Kläger zu 2) aufnahmen. Die Klägerin zu 3 - eine Gesellschaft, deren Geschäftsanteile der Kläger zu 2 zu 2% und seine Ehefrau zu 98% halten - verlegt die Kompositionen der Kläger zu 1 und 2 und anderer Komponisten.
2 Die Beklagte ist die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA). Sie nimmt die ihr von Komponisten, Textdichtern und Musikverlegern aufgrund von Berechtigungsverträgen eingeräumten urheberrechtlichen Nutzungsrechte an Musikwerken wahr. Die drei Kläger haben mit der Beklagten solche Berechtigungsverträge geschlossen.3 Die Kläger zu 1 und 2 sind darüber hinaus Geschäftsführer und Gesellschafter der C. GmbH. Geschäftsgegenstand dieses Unternehmens ist unter anderem die Verbreitung musikalischer Kompositionen, die Optimierung von Komponistenerträgen, die Organisation und Ausführung musikalischer Veranstaltungen sowie das Marketing für Musikverlage.4 Die C. GmbH mietete Geschäftslokale in Weimar, Berlin, Frankfurt am Main und Gelsenkirchen. Die Kläger haben vorgetragen, die C. GmbH habe Musikern dort Gelegenheit gegeben, ihre Werke einem sachkundigen Publikum vorzustellen und sich über die Möglichkeiten der Verwertung zu informieren. Ein in den Läden anwesender Musiker habe Besuchern urheberrechtlich geschützte Musikstücke als Beispiele für Kompositionen und deren Verwertbarkeit vorgespielt. Im Hintergrund seien Tonträger mit Werken aus dem Verlag der Klägerin zu 3 abgespielt worden. Die Beklagte beauftragte im Jahr 2004 ein Detektivbüro mit Langzeitüberprüfungen der C. -Geschäftslokale in Berlin, Gelsenkirchen und Weimar. Danach stellte sie die nach den Meldungen der C. GmbH in den Geschäftslokalen aufgeführten Musikstücke von der Verrechnung zugunsten der Bezugsberechtigten zurück.
5 Die Kläger nehmen die Beklagte wegen Aufführungen der von den Klägern zu 1 und 2 geschaffenen und von der Klägerin zu 3 verlegten Kompositionen durch die C. GmbH im Jahr 2004 auf Auszahlung eines Anteils an den Verwertungserlösen der Beklagten in Anspruch. Sie machen im vorliegenden Rechtsstreit allerdings keine Vergütungsansprüche wegen des Abspielens von Musik in Geschäftslokalen der C. GmbH geltend. Vielmehr stützen sie ihre Ansprüche auf von der C. GmbH in anderen Räumen - wie beispielsweise Hotels oder Restaurants - veranstaltete Musikaufführungen. Die Kläger zu 1 und 2 machen Komponistenanteile, die Klägerin zu 3 Verlagsanteile geltend. Die Forderung der Kläger entspricht einer Saldomitteilung der Beklagten zum 31. Oktober 2005.
6 Die Kläger haben beantragt, die Beklagte zu verurteilen, 49.240,89 € an den Kläger zu 1, 49.240,89 € an den Kläger zu 2 und 102.974,79 € an die Klägerin zu 3 - jeweils zuzüglich Zinsen - zu zahlen und die dem Konto eines jeden Klägers seit dem 1. November 2005 gutzuschreibenden Beträge auszuzahlen.
7 Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie ist der Ansicht, die in Rede stehenden Kompositionen genössen keinen Urheberechtsschutz. Außerdem hat sie die Aufrechnung mit Erstattungsansprüchen erklärt. Dabei handelt es sich zum einen um Detektivkosten in Höhe von 72.029,69 €, die zu je einem Drittel auf die Forderung eines jeden Klägers anzurechnen seien. Zum anderen beansprucht sie die Rückzahlung von Ausschüttungen für Aufführungen in C. - Geschäftslokalen im Jahr 2002, und zwar in Höhe von 27.226,81 € vom Kläger zu 1, in Höhe von 36.271,34 € vom Kläger zu 2 und in Höhe von 90.252,95 € von der Klägerin zu 3.
8 Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kläger ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgen die Kläger ihre Klageanträge weiter.
Entscheidungsgründe