BGH: Zur angemessenen Vergütung bei Verlängerung des urheberrechtlichen Schutzes, I ZR 135/97 - Salome III

Für den Zeitraum der Verlängerung des urheberrechtlichen Schutzes von dreißig auf fünfzig Jahre wird für den Fall, daß eine Nutzungsrechtseinräumung auch den Verlängerungszeitraum umfaßt,eine angemessene Vergütung geschuldet. Abzustellen ist dabei auf die Vergütung, die unter den Vertragsparteien unter Berücksichtigung ihres bisherigen Vertragsverhältnisses, seiner Besonderheiten und seiner Gesamtdauer zu Beginn der Verlängerung als angemessen anzusehen ist, wobei in der Regel davon ausgegangen werden kann, daß die für die Vergangenheit vereinbarte Vergütung auch für den Verlängerungszeitraum angemessen ist (im Anschluß an BGH GRUR 1996, 763,766 – Salome II).

[...]

Tatbestand:

Die Klägerin, ein Musikverlag, nimmt die Aufführungsrechte an der Oper "Salome" des 1949 verstorbenen Komponisten Dr. Richard Strauss in Anspruch. Sie verlangt vom beklagten Freistaat Bayern, der Rechtsträger der Bayerischen Staatsoper in München ist, eine Anhebung der im Jahre 1906 vereinbarten Urhebervergütung.

Der Beklagte leitet seine Berechtigung zur Aufführung der Oper aus einem zwischen der Hohen General-Intendantur der Königlichen Hoftheater in München einerseits sowie dem Komponisten Dr. Richard Strauss und dem Musikverleger Adolph Fürstner andererseits geschlossenen Vertrag vom 18./29. Januar 1906 her. Dieser Vertrag sieht eine Tantieme in Höhe von 6 % der Bruttoeinnahmen für jede abendfüllende Aufführung vor. Auf dieser Grundlage haben die Parteien bis heute abgerechnet.

Mit der Klage hat die Klägerin die Feststellung begehrt, daß der Beklagte weder aufgrund des Vertrages aus dem Jahre 1906 noch aufgrund einer späteren Vereinbarung zur Aufführung der Oper "Salome" berechtigt sei, hilfsweise, daß er die Oper seit der Spielzeit 1976/77 nur gegen Zahlung der angemessenen und allgemein üblichen Urhebervergütung gemäß der Regelsammlung Verlage (Vertriebe)/Bühnen aufführen dürfe und weiter hilfsweise, nur gegen Zahlung einer in das Ermessen des Gerichts gestellten Vergütung.

Die Klägerin hat geltend gemacht, der Beklagte könne sich nicht auf den Vertrag aus dem Jahre 1906 stützen, weil dieser 1918 mit dem Ende des Königreichs Bayern seine Gültigkeit verloren habe und seitdem ein vertragsloser Zustand bestehe. Zumindest sei jedoch nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage eine Anpassung an die heute üblichen Vergütungssätze gerechtfertigt. Die Relation zwischen Einnahmen und Subventionen habe sich inzwischen völlig verändert; während der Opernbetrieb noch im Jahre 1906 nahezu vollständig aus verkauften Eintrittskarten finanziert worden sei, werde der Opernbetrieb heute stark subventioniert; der Anteil der Einnahmen aus verkauften Karten liege inzwischen nur noch bei etwa 10 % am Gesamtetat. Außerdem hätten im Laufe der Entwicklung alle anderen Beteiligten von der ganz erheblichen Ausweitung des Gesamtetats der Oper profitiert, nicht jedoch der Urheber.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat der Klage mit dem Haupt(feststellungs-)Antrag stattgegeben (OLG München ZUM 1988, 581). Auf die Revision des Beklagten hat der Bundesgerichtshof im ersten Revisionsurteil das Berufungsurteil aufgehoben und hinsichtlich des Hauptantrags – insoweit rechtskräftig – das die Klage abweisende Urteil des Landgerichts wiederhergestellt und hinsichtlich der Hilfsanträge die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, weil die Annahme des Berufungsgerichts, die Geschäftsgrundlage des Vertrages sei entfallen, von den bislang getroffenen Feststellungen nicht getragen werde (BGH, Urt. v. 31.5.1990 – I ZR 233/88, GRUR 1990, 1005 – Salome I).

Das Berufungsgericht hat daraufhin den auf eine fortschreitende Anpassung der Urhebervergütung nach der Regelsammlung gerichteten, ursprünglich hilfsweise, nun als Hauptantrag gestellten Feststellungsantrag einschließlich weiterer Hilfsanträge abgewiesen. Auf die Revision der Klägerin hat der Bundesgerichtshof dieses Urteil wiederum aufgehoben und die Sache erneut an das Berufungsgericht zurückverwiesen (BGH, Urt. v. 18.1.1996 – I ZR 65/94, GRUR 1996, 763 Salome II). Anlaß für die Aufhebung war zum einen, daß dem Berufungsgericht bei der Gegenüberstellung der ursprünglich vereinbarten mit der heute üblichen Vergütung ein Fehler unterlaufen war; zum anderen waren die beiden Schutzfristverlängerungen von 1934 (von dreißig auf fünfzig Jahre) und von 1965 (von fünfzig auf siebzig Jahre) unberücksichtigt geblieben.

Im wiedereröffneten Berufungsverfahren hat die Klägerin, soweit für die Entscheidung noch von Belang, folgende Feststellungen begehrt:

  • als Hauptantrag die Feststellung, daß der Beklagte die Oper "Salome" ab 1. Januar 1980 nur gegen Zahlung der angemessenen und allgemein üblichen Urhebervergütung gemäß der Regelsammlung Verlage (Vertriebe)/Bühnen, wie im einzelnen näher angegeben, aufführen oder aufführen lassen dürfe;
  • hilfsweise die Feststellung, daß eine bisherige (stillschweigende) Vereinbarung der Parteien, die Oper "Salome" aufführen zu dürfen, seit 1. Januar 2000 beendet sei;
  • hilfsweise für den Fall, daß die Regelsammlung nicht als angemessen angesehen werden sollte, die Feststellung, daß der Beklagte ab 1. Januar 1980 die Oper "Salome" nur gegen Zahlung der angemessenen und allgemein üblichen Urhebervergütung, deren zu bestimmende Höhe in das Ermessen des Gerichts gelegt werde, aufführen oder aufführen lassen dürfe.

Das Berufungsgericht hat die Abweisung der Klage erneut bestätigt (OLG München ZUM-RD 1997, 294). Die Revision der Klägerin hat der Senat nicht angenommen, soweit die Klage die Aufführungen der Oper "Salome" in der Zeit bis 31. Dezember 1979 betraf (insofern war die Klage lediglich auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage und nicht auch auf die Regelungen über die Schutzfristverlängerungen gestützt). Im Umfang der Annahme – also bezogen auf die Aufführungen seit dem 1. Januar 1980 – verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

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BGH, Urteil vom 13.01.2000 - IZR 135/97 (OLG München) "Salome III" = BGH GRUR 2000, 869

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