BGH: Verschleierungs- und Irreführungsverbot bei formularmäßig aufgemachtem Angebotsschreiben, I ZR 157/10 - Branchenbuch Berg

UWG § 4 Nr. 3, § 5 Abs. 1

Amtlicher Leitsatz

Ein formularmäßig aufgemachtes Angebotsschreiben für einen Eintrag in ein Branchenverzeichnis, das nach seiner Gestaltung und seinem Inhalt darauf angelegt ist, bei einem flüchtigen Leser den Eindruck hervorzurufen, mit der Unterzeichnung und Rücksendung des Schreibens werde lediglich eine Aktualisierung von Eintragungsdaten im Rahmen eines bereits bestehenden Vertragsverhältnisses vorgenommen, verstößt gegen das Verschleierungsverbot des § 4 Nr. 3 UWG sowie gegen das Irreführungsverbot des § 5 Abs. 1 UWG.

Tatbestand

1 Die Klägerin gibt bundesweit das Branchentelefonbuch "Gelbe Seiten" in gedruckter und elektronischer Form heraus. Die Beklagte zu 1 (im Weiteren: Beklagte), deren organschaftlicher Vertreter der Beklagte zu 2 ist, stellt im Internet Branchenverzeichnisse für eine Vielzahl von Städten zur Verfügung. Sie warb im Juli 2008 für ihr Angebot mit einem an Gewerbetreibende gerichteten Anschreiben (bestehend aus Vorder- und Rückseite), das nachfolgend verkleinert eingeblendet ist:

2 Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte handele mit der Versendung des Schreibens wettbewerbswidrig. Die Adressaten würden über den tatsächlichen Inhalt des Anschreibens getäuscht. Nach dessen Gesamtaufmachung könnten sie davon ausgehen, es handele sich lediglich um den Korrekturabzug im Rahmen eines bereits bestehenden Vertragsverhältnisses. Die in dem Kasten oberhalb des Korrekturfeldes enthaltene Preisangabe "Preis p.M. € 89,00" sei ebenfalls irreführend, da die Adressaten die Angabe dahingehend verstünden, dass das Entgelt für die angebotene Eintragung jeweils monatlich gezahlt werden könne. Tatsächlich müsse für das erste Jahr der zweijährigen Mindestlaufzeit des Vertrags jedoch eine Vorauszahlung in Höhe von 1.068 € geleistet werden.

3 Die Klägerin hat beantragt, 

  • die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für bezahlte Einträge in einem Adressen-Sammelwerk mit einem Formular zu werben und/oder werben zu lassen, wenn dies geschieht wie in der Anlage K 1 (es folgt die Einblendung der Vorderseite des streitgegenständlichen Anschreibens).

4 Ferner hat die Klägerin Zahlung der Kosten des Anwaltsschreibens begehrt, das sie nach Abschluss des vorausgegangenen Verfügungsverfahrens an die Beklagten gerichtet hat; soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung, geht es dabei um 1.103,20 €.

5 Die Beklagten haben eine Irreführung der Adressaten des Werbeschreibens in Abrede gestellt. Es müsse auf das Verständnis durchschnittlich informierter und verständiger Geschäftsleute abgestellt werden. Diese nähmen die individuell an sie gerichtete Geschäftspost mit gesteigerter Aufmerksamkeit zur Kenntnis. Aus der gesamten Aufmachung des Anschreibens ergebe sich eindeutig, dass es sich um ein Angebot handele.

6 Das Landgericht hat dem Unterlassungsantrag in vollem Umfang und dem Zahlungsantrag in der genannten Höhe stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben (OLG Frankfurt a.M., GRUR-RR 2011, 145).

7 Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe

BGH, Urteil vom 30.06.2011, I ZR 157/10 - Branchenbuch Berg

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