Das Anbieten von Hörgeräten auf einer Internetplattform verstößt dann gegen § 1 Abs.1 S.1 PAngV und ist somit wettbewerbswidrig, wenn auf dem Weg zu einer bestimmten Hörgerätbestellung lediglich die Produktpalette der Hörgeräte nach bestimmten Preisklassen vorgestellt wird ("ab 199,- €") und nicht der Selbstzahlerpreis, folglich das tatsächlich zu zahlende Gesamtentgelt. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Interessent nach Auswahl des Hörgerätes den vollen Betrag einsehen kann, da Endpreisangaben dem Angebot und vorliegend der Werbung mit den Preisen in einem eindeutigen sachlichen Zusammengang stehen müssen.
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Gründe
2 Die Antragstellerin betreibt in S ein Fachgeschäft für Hörgeräteakustik im sogenannten herkömmlichen Vertriebsweg. Der Kunde sucht zunächst einen Arzt auf und wendet sich nach der Verschreibung eines Hörgerätes an die Antragstellerin.
3 Die Antragsgegnerin zu 1) vertreibt bundesweit Hörgeräte im sogenannten verkürzten Versorgungsweg. Ihre Kunden suchen zunächst einen Arzt auf, der mit der Antragsgegnerin zu 1) kooperiert. Dieser führt selbst die audiometrischen Vermessungen durch und nimmt einen Ohrabdruck. Über eine Onlineverbindung liefert er der Antragsgegnerin zu 1) die erforderlichen Daten. Diese liefert dann das Hörgerät an den Arzt, der es in seiner Praxis dem Kunden anpasst. Die Antragsgegnerin zu 2) ist die Komplementärin der Antragsgegnerin zu 1), der Antragsgegner zu 3) ist deren Geschäftsführer.
4 Die Antragsgegner betreiben die Internetseite www.###.de. Auf der Startseite dieser Homepage kann man unten rechts ein Feld anklicken, das mit "Hörgeräte direkt in der HNO-Praxis (Telemedizinische Anwendung)" überschrieben ist. Beim Anklicken öffnet sich die Unterseite www.###-###.de. Diese wird zunächst durch ein Fenster verdeckt mit der Überschrift "Hörgeräteversorgung via Online-Bestellung direkt in der HNO-Praxis". Schließt man dieses Fenster, öffnete sich am 19. Juli 2010 die Seite, die als Anlage 1 (Bl.10) der Antragsschrift beigefügt ist.
5 Inzwischen haben die Antragsgegner die Internetseite anders gestaltet. Über den Button "Der Weg zum Hörgerät" gelangt man zum Button "Hörgeräteauswahl", unter dem die einzelnen Geräte mit den Preisen für gesetzlich und privat versicherte Kunden aufgeführt sind (Anlage AG 2 ff. Bl.32 ff.).
6 Die Antragstellerin sah in diesem Internetangebot einen Wettbewerbsverstoß und mahnte die Antragsgegner mit Schreiben vom 24. Juni 2010 erfolglos ab.
7 Sie hat die Antragsgegner mit dem am 21. Juli 2010 bei Gericht eingegangenem Verfügungsantrag auf Unterlassung in Anspruch genommen. Sie hat gemeint, zwischen ihr und der Antragsgegnerin zu 1) bestehe ungeachtet der unterschiedlichen Vertriebswege ein konkretes Wettbewerbsverhältnis. Die Parteien böten nämlich denselben Nutzern Hörgeräte an. Die beanstandete Internetwerbung verstoße gegen § 1 Abs. 1 S. 1 PAngV. Es handele sich dabei um eine Werbung unter Angabe von Preisen im Sinne dieser Vorschrift. Die Antragsgegner hätten im Rahmen dieser Werbung die Preise angeben müssen, die einschließlich der Umsatzsteuer und der sonstigen Preisbestandteile zu zahlen gewesen wären. Das sei aber nicht geschehen, weil sie die Preise lediglich als die Eigenanteile angegeben hätten, die gesetzlich krankenversicherte Patienten nach Abzug der Versicherungsleistung noch aufzubringen hätten. Nicht einmal der Zuzahlungsbetrag von 10,00 € pro Hörgerät werde angegeben. Das sei ebenso wie bei entsprechenden Angeboten von Brillengestellen unzulässig. Außerdem liege auch ein Fall der Irreführung der Kunden im Sinne von § 5 UWG vor. Die Antragsgegner bewürben ihre Hörgeräte mit unzutreffenden Preisen, weil sie nicht die Selbstzahlerpreise, sondern die Eigenanteile angäben. Der Verbraucher meine, bei dem angegebenen Betrag handele es sich um den Endpreis, von dem er noch einen Teil erstattet erhalte. Die Irreführungsgefahr werde auch nicht dadurch ausgeräumt, dass mit einem unauffälligen Sternchenhinweis darauf hingewiesen werde, dass die mitgeteilten Beträge die Eigenanteile seien. Denn die Beträge seien blickfangmäßig hervorgehoben. Diese Blickfangwerbung müsse für sich zutreffend sein. Eine falsche Aussage könne durch einen Sternchenhinweis nicht mehr richtig gestellt werden.
8 Die Antragstellerin hat beantragt,
9 die Antragsgegner als Gesamtschuldner zu verurteilen, es unter Androhung
10 der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen,
11 im geschäftlichen Verkehr für Hörgeräte unter Angabe von Preisen, bei denen
12 es sich nicht um die Endpreise (Selbstzahlerpreise) handelt, zu werben, wenn
13 dies geschieht wie in der folgenden Anlage 1.
14 Die Antragsgegner haben beantragt,
15 den Antrag zurückzuweisen.
16 Sie haben gemeint, wegen des unterschiedlichen Vertriebsweges fehle es schon an einem Wettbewerbsverhältnis. Es liege zudem weder ein Verstoß gegen die Preisangabenverordnung noch eine Irreführung der Verbraucher vor. In der beanstandeten Internetdarstellung werde nicht für konkret angegebene X geworben, sondern nur die Wahl der Preisklasse der unterschiedlichen Geräte ermöglicht. Somit fehle es an einer Werbung mit Preisen im Sinne der Preisangabenverordnung. Durch den Sternchenhinweis werde auch eine Fehlvorstellung vermieden.
17 Das Landgericht hat die beantragte einstweilige Verfügung erlassen. Es hat die Eilbedürftigkeit im Hinblick auf die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG bejaht und zur Begründung weiter ausgeführt, dass ein konkretes Wettbewerbsverhältnis zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin zu 1) bestehe. Es drohe hier ungeachtet der unterschiedlichen Vertriebsart die konkrete Gefahr, dass der angesprochene Kunde die entsprechende Ware statt bei der Antragstellerin bei der Antragsgegnerin zu 1) erwerbe. Ein solcher potentieller Kunde der Antragstellerin könne nach ärztlicher Verschreibung ein vergleichbares Hörgerät über den verkürzten Bezugsweg bei der Antragsgegnerin zu 1) erwerben. Nach Auffassung des Landgerichts verstoßen die Antragsgegner mit ihrer Werbung auch gegen § 1 Abs. 1 S. 1 PAngV. Danach habe derjenige, der gegenüber Letztverbrauchern unter Angabe von Preisen werbe, den Endpreis anzugeben. Eine solche Werbung unter Angabe von Preisen liege schon vor, wenn unvollständige Preise oder lediglich Preisbestandteile genannt würden. Auch die Angabe der reinen Selbstbeteiligungskosten nenne nur einen Teil der zu zahlenden Vergütung und damit nicht den Endpreis. In der Internetdarstellung der Antragsgegner sei auch eine Werbung im Sinne der Preisangabenverordnung zu sehen. Es bedürfe insoweit keiner Bezugnahme auf ein konkretes Hörgerät. Im Übrigen bestehe auch die Gefahr, dass der Kunde über den Button "HNO-Praxen" direkt nach Kenntnisnahme der beanstandeten Darstellung mit den Eigenanteilen eine Anfrage bei den kooperierenden Ärzten starte. Es fehle deshalb im Hinblick auf die Angaben zu den konkret angebotenen Hörgeräten an der deutlichen Zuordnung im Sinne des § 1 Abs. 6 PAngV. Das Landgericht hat letztlich offen gelassen, ob neben dem Unterlassungsanspruch aus § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 1 PAngV noch ein Anspruch aus § 5 UWG bestehe. Es hat einen solchen Verstoß für wahrscheinlich gehalten, weil nur das Wort "Nulltarif" mit einem blauen Sternchen erläutert worden sei, während sich bei den Zuzahlungsbeträgen weiße Sternchen befänden, die zu keiner gesonderten Erläuterung führten.
18 Die Antragsgegner greifen das Urteil mit der Berufung an. Sie meinen nach wie vor, dass es an einem konkreten Wettbewerbsverhältnis fehle. Auf ihrer Internetseite könnten Kunden keine Hörgeräte erwerben. Sie könnten lediglich eine HNO-Arztpraxis ausfindig machen, die mit ihnen kooperiere. Sie habe aber in S und Umgebung überhaupt keinen entsprechenden Arzt, der mit ihr kooperiere. Der nächste Arzt befinde sich in H und sei somit 97 km von ihrem Geschäftssitz entfernt. Die Praxen anderer Ärzte, mit denen sie kooperiere, seien noch weiter entfernt. Da die Antragstellerin primär in S und Umgebung Hörgeräte verkaufe, fehle es an sich überschneidenden Kundenkreisen. Es sei wegen der räumlichen Entfernung zum nächsten kooperierenden HNO-Arzt hier ausgeschlossen, dass sich Kunden aus S über den verkürzten Versorgungsweg bedienen ließen.
19 In der Sache fehle es auch an einem Verstoß gegen die Preisangabenverordnung. Sie, die Antragsgegner, wiesen mit der beanstandeten Darstellung lediglich in einer Art Vorabinformation auf die unterschiedlichen Gerätetypen mit ihren Qualitätsstufen und den unterschiedlich hohen Zuzahlungsbeträgen hin. Die Preise der Geräte würden dann in der nächsten Ebene hinterlegt und dort zutreffend wiedergegeben. Einer Irreführung stehe entgegen, dass die Sternchenhinweise für eine ausreichende Aufklärung sorgten. Das blaue Sternchen in der Fußnote diene nach dem Verständnis der Verbraucher auch zur Erläuterung der weißen Sternchen hinter den Zuzahlungsbeträgen. Die unterschiedlichen Farben der Sternchen ergäben sich erkennbar nur aus grafischen Gründen. Aus dem Inhalt der Werbung folge auch bereits zwingend, dass die Erläuterungen zum Nulltarif und dem Zuzahlungsbetrag "Ab 0- Euro" sich entsprächen. Das Landgericht habe die Anforderungen an die Klarheit und Verständlichkeit eines solchen Sternchenhinweises überdehnt.
20 Die Antragsgegner beantragen,
21 das angefochtene Urteil abzuändern, die einstweilige Verfügung aufzuheben
22 und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückzuweisen.
23 Die Antragstellerin beantragt,
24 die Berufung zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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