Prüfung Begründetheit Widerspruch EU-Marke, Art. 47 UMV

Der kontradiktorische Teil des Widerspruchsverfahren beginnt nach Ablauf der Cooling-Off-Frist, vgl. Art. 6 DVUM, Art. 47 UMV. Der Anmelder ist gehalten, innerhalb der vom Amt gesetzten Frist zum Widerspruch Stellung zu nehmen. Gegebenenfalls fordert das Amt den Widersprechenden auf, noch nicht vorgebrachte Tatsachen, Beweismittel und Argumente beizubringen. Das Amt kann hier allerdings sehr pauschale Hinweise geben und muss nicht mitteilen, welche Tatsachen etc. noch fehlen.

Gemäß Art. 7 DVUM muss der Widersprechende insbesondere einen Nachweis über die Existenz, die Gültigkeit und den Schutzumfang seiner älteren Marke oder seines älteren Rechts einreichen. Bei Marken, die keine Unionsmarken sind, muss der Widersprechende daher unaufgefordert eine Abschrift der Eintragungsurkunde oder jüngsten Verlängerungsurkunde übersenden. Ausreichend sind aber auch offizielle Registerauszüge des jeweiligen Markenamtes (z.B. DPMAregister). Alle abgegebenen Stellungnahmen werden jeweils dem anderen Verfahrensbeteiligten zur Stellungnahme zugestellt.

Die Prüfung des Widerspruchs erfolgt gem. Art. 8 DVUM. Bei der Prüfung des Widerspruchs ist zu beachten, dass nach Art. 95 Abs. 1 Satz 2 UMV der Beibringungsgrundsatz gilt, das Amt also den Sachverhalt – anders als bei Prüfung der absoluten Schutzhindernisse – nicht von Amts wegen ermittelt. 

Sofern der Widerspruch auf eine ältere nationale Marke gestützt wird, ist das EUIPO nicht berechtigt, die Gültigkeit der älteren nationalen Markeneintragung in Frage zu stellen. Das EUIPO darf also beispielsweise nicht dem als nationale Marke eingetragenen Widerspruchszeichen als bloß beschreibend jegliche Unterscheidungskraft absprechen.[1]

Das Amt hat grundsätzlich die Befugnis, den Verfahrensbeteiligten einen Einigungsvorschlag zu unterbreiten (Art. 47 Abs. 4 UMV), und es ist auch berechtigt, eine mündliche Verhandlung anzuordnen. In der Praxis wird von beiden Optionen allerdings nur selten Gebrauch gemacht.

Das Amt kann ein Widerspruchsverfahren nach Art. 71 Abs. 1 DVUM aussetzen. Dies ist möglich, wenn der Widerspruch auf eine angemeldete aber noch nicht eingetragene Marke gestützt wird oder wenn die Aussetzung wegen der jeweils gegebenen Umstände zweckmäßig ist. Die Aussetzung bei einem Widerspruch, der auf eine Anmeldung gestützt ist, ergibt sich daraus, dass dem Widerspruch natürlich nur dann stattgegeben werden kann, wenn die angemeldete Widerspruchsmarke auch eingetragen wird. Es besteht aber auch in diesem Fall keine absolute Aussetzungsverpflichtung. Wenn das Amt den Widerspruch als unzulässig oder unbegründet ansieht, ist es nicht verpflichtet, auszusetzen. Sonstige Umstände, die gegebenenfalls zur Aussetzung berechtigen, können z.B. vorliegen, wenn das ältere Recht, auf das der Widerspruch gestützt wird, in einem dafür in Betracht kommenden Verfahren angegriffen wird.

Bei der Entscheidung über die Aussetzung handelt es sich um eine Zwischenentscheidung im Sinne von Art. 66 Abs. 2 UMV, die, soweit nicht ausdrücklich die Beschwerde zugelassen worden ist, nur zusammen mit der abschließenden Entscheidung angegriffen werden kann.


[1] Vgl. EuGH, 24.5.2012, C-196/11 P, - Formula One Licensing BV/HABM

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