Irreführende Beschaffenheitsangaben, § 5 Abs. 2 Nr. 1 UWG

Gegen die Regelung des § 5 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 UWG verstoßen alle Angaben, die bei dem Verbraucher ein falsches Bild über die wesentlichen Eigenschaften, insbesondere die Qualität der Waren oder Dienstleistungen hervorrufen. Die Norm zählt zahlreiche - überwiegend selbst erklärende - Merkmale auf, über die nicht getäuscht werden darf. § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG kann insoweit gut als "Checkliste" zur Beurteilung der Zulässigkeit von Werbemaßnahmen etc. verwendet werden. 

Die Norm konkretisiert das allgemeine Irreführungsverbot bezüglich Beschaffenheitsangaben. Über die folgenden Merkmale von Waren oder Dienstleistungen darf nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 UWG in der Werbung und in sonstiger Unternehmenskommunikation nicht getäuscht werden:

  • Verfügbarkeit
  • Art[1]
  • Ausführung
  • Zusammensetzung
  • Risiken
  • Vorteile
  • Verfahren und Zeitpunkt der Herstellung oder Erbringung
  • Zwecktauglichkeit
  • Verwendungsmöglichkeit
  • Menge
  • Beschaffenheit
  • Geographische oder betriebliche Herkunft
  • die von der Verwendung zu erwartenden Ergebnissen und wesentlichen Bestandteile von Tests der Waren oder Dienstleistungen
  • Kundendienst und Beschwerdeverfahren

Erfasst ist der Stoff, aus dem die Ware selbst hergestellt ist, sowie ihre Verwendungsmöglichkeit und überhaupt alle Angaben, die geeignet sind, die Ware oder Dienstleistungen in den Augen der Verbraucher in einem günstigeren Licht dar stehen zu lassen.

Beispiele:
1. Auf einer Flasche Wein steht das Datum von 1896, obwohl der Wein erst 2007 angebaut und 2008 verkauft wurde. Ein Fahrzeug wird als „neu" bezeichnet, obwohl es zwei Vorbenutzer hatte. Werbung unter Hinweis auf bestimmte DIN-Normen, obwohl die Ware diesen Normen nicht entspricht.
2. Die Bewerbung von „bion-Pads“ zur Abwehr von Elektrosmog und der Verbesserung von Speisen und Getränken[2].
3. Eine nicht weiter erläuterte Werbung für Schlafzimmereinrichtungen mit der hervorgehobenen Angabe „KOMPLETT" ohne Einbeziehung von Lattenrost und Matratze[3].
4. Die Werbung mit einem FESTZINS PLUS, obgleich nach einer langen Beschreibung der positiven Eigenschaften klargestellt wird, dass die Zahlung eines Zinses von der Finanzkraft des Darlehensnehmers abhängt.[4] 
5. Ob eine „Mogelpackung“ vorliegt, hängt davon ab, ob der Verkehr die Vorstellung hat, dass die Größe der Verpackung in einem angemessenen Verhältnis zur Menge des darin enthaltenen Produktes steht. [5]

Verfügbarkeit bedeutet Lieferfähigkeit und Lieferbereitschaft einer bestimmten Warenmenge. Es ist irreführend, für den Verkauf von Waren zu werben, die der Werbende nicht liefern kann oder will[6]. Auch hier ist die Verkehrserwartung im Gesamtzusammenhang der Aussage für die Beurteilung der Lauterkeit maßgeblich. Wird zu Vorratskäufen aufgefordert[7]oder die Ware blickfangmäßig herausgestellt, sieht der Verkehr hierin häufig einen Hinweis auf die sofortige Verfügbarkeit.

Eine Besonderheit ergibt sich hieraus auch für den Onlinehandel. Hierbei geht der Verbraucher gewöhnlich davon aus, dass die Ware verfügbar ist, selbst wenn die Ware nicht blickfangartig herausgestellt oder mit schnellen Lieferzeiten geworben wird. Dies ergibt sich schlicht aus dem Umstand, dass der Verbraucher gerade hierin den Vorteil des Onlinehandels erblickt.


[1] Vgl. BGH, 21.06.2018, I ZR 157/16, I ZR 157/16, GRUR 2018, 1263 – Vollsynthetisches Motorenöl.

[2] Vgl. OLG Karlsruhe WRP 2013, 102.

[3] Vgl. BGH, 18.12.2014, I ZR 129/13, GRUR 2015, 698 – Schlafzimmer komplett.

[4] Vgl. BGH, 03.11.2016, I ZR 35/16, GRUR 2018, 320 – Festzins Plus.

[5] Vgl. BGH, 11.10.2017, I ZR 78/16, GRUR 2018, 431 LS 2 – Tiegelgröße.

[6] St. Rspr.; Ausnahme: Nichtabgabe an Testkäufer, BGH, 25.03.1987, I ZR 61/85, GRUR 1987, 835, 837 – Lieferbereitschaft.

[7] Vgl. BGH, 29.03.1984, I ZR 69/82, GRUR 1984, 596, 597 - Vorratskauf 

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