Zwangsmittel gem. §§ 328 ff. AO

Zwangsmittel gemäß §§ 328 ff. der Abgabenordnung (AO) sind Instrumente in der deutschen Steuerverwaltung, um die Erfüllung steuerlicher Pflichten durchzusetzen. Sie dienen dazu, einen säumigen Steuerpflichtigen zur Vornahme einer Handlung, Duldung oder Unterlassung zu bewegen, wenn dieser seinen steuerlichen Verpflichtungen nicht freiwillig nachkommt. Die Hauptarten von Zwangsmitteln umfassen Zwangsgeld, Ersatzvornahme und unmittelbaren Zwang. Die Abgabenordnung enthält dabei verschiedene Voraussetzungen und Verfahrensweisen zu Zwangsmitteln, welche von den Finanzämtern bei der Anwendung von Zwangsmitteln zu beachten sind. Bei Verstoß gegen diese Vorgaben kann die Festsetzung von Zwangsmitteln mit Rechtsmitteln angegriffen werden.

Voraussetzungen Zwangsmittel

Die §§ 328 ff. AO regeln die Anwendung von Zwangsmitteln zur Durchsetzung von Verwaltungsakten, die auf dem Gebiet des Steuerrechts ergehen. Hierzu zählen insbesondere die Erzwingung von Auskünften, die Abgabe von Erklärungen, die Zahlung von Steuerschulden oder die Duldung von Vollstreckungsmaßnahmen.

Eine Vollstreckung ezieht sich immer auf einen Verwaltungsakt. Der Pflichtige muss daher durch einen Verwaltungsakt zu der Handlung, Duldung oder Unterlassung aufgefordert worden sein. Außerdem muss ihm eine angemessene Frist zur freiwilligen Erfüllung seiner Pflichten gesetzt worden sein (Androhung). Erst wenn diese Frist ungenutzt verstreicht, dürfen Zwangsmittel eingesetzt werden. Die Androhung des Zwangsmittels muss klar und bestimmt formuliert sein. Die Androhung muss den Zweck, das Mittel und die Frist zur Erfüllung der Pflicht enthalten. 

Sowohl die Entscheidung über den Einsatz von Zwangsmitteln (Ob), als auch die Auswahl eines Zwangsmittels (Wie) und dessen konkrete Ausgestaltung stehen im Ermessen der Finanzbehörde. Die Ermessensentscheidung muss allerdings den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten. 

In bestimmten Situationen können Zwangsmittel insoweit insbesondere eingeschränkt oder gar nicht zur Anwendung kommen. Beispielsweise sind sie gegenüber Personen, die aus gesundheitlichen oder anderen schwerwiegenden Gründen nicht in der Lage sind, ihren Verpflichtungen nachzukommen, ggf. unzulässig (Ermessensreduzierung auf Null). Auch bei offensichtlich unrechtmäßigen Verwaltungsakten darf kein Zwang angewendet werden.

Insgesamt sind bei der Festsetzung von Zwangsmitteln nach § 328 ff. AO die folgenden Voraussetzungen zu beachten:  

ChecklisteCheckliste Festsetzung Zwangsmittel § 328 ff. AO 

  1. Aufforderung zur Vornahme einer
    • Handlung
    • Duldung oder
    • Unterlassung
    durch Verwaltungsakt 
  2. Keine Vornahme von Handlung, Duldung oder Unterlassung
  3. Entschluss / Entschließungsermessen zur Festsetzung eines Zwangsmittels (Ob)
    • Beginn oder Fortsetzung der Festsetzung von Zwangsmitteln oder
    • Alternativen, insbes. Schätzung gem. § 162 AO
    • ggf. auch Zwangsmittel und Alternativen parallel
  4. Auswahl eines gesetzlichen Zwangsmittels (Wie)
    • Zwangsgeld, § 329 AO (i.d.R. mildestes Mittel i.S.d § 328 Abs. 2 S. 1 AO)
    • Ersatzvornahme, § 330 AO
    • Unmittelbarer Zwang, § 331 AO
  5. Androhung des Zwangsmittels, § 332 AO
    • i.d.R. schriftlich
    • bestimmtes Zwangsmittel für jede einzelne Verpflichtung getrennt
    • Zwangsgeld in bestimmter Höhe
    • angemessene Frist für Erfüllung der Pflicht
  6. Verhältnismäßigkeit der Auswahl (Auswahlermessen, vgl. § 328 Abs. 2 AO)
    • geeignet
    • erforderlich (geringste Beeinträchtigung, i.d.R. Zwangsgeld, s.o.) und
    • angemessen (Zwangsmittel in angemessenem Verhältnis zum Zweck)

Arten von Zwangsmitteln

Zwangsgeld

Das Zwangsgeld in § 329 AO geregelte ist das häufigste Zwangsmittel und dient dazu, eine Handlung, Duldung oder Unterlassung zu erzwingen.

Die jeweilige Höhe des Zwangsgeldes ist gesetzlich nicht festgelegt, muss jedoch verhältnismäßig sein.

In der Regel wird ein Zwangsgeld androht und nach fruchtlosem Ablauf der gesetzten Frist festgesetzt. Wird die geforderte Handlung nachträglich vorgenommen, kann das Zwangsgeld erlassen werden.

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Ersatzvornahme

Bei der Ersatzvornahme gem. § 330 AO führt die Behörde die Handlung auf Kosten des Pflichtigen selbst durch oder lässt sie durch Dritte ausführen. Dies kommt vor allem bei physischen Maßnahmen zum Tragen.

Unmittelbarer Zwang

Unmittelbarer Zwang darf gem. § 331 AO angewendet werden, wenn andere Zwangsmittel keinen Erfolg versprechen oder unzweckmäßig sind. Dies umfasst körperliche Gewalt und den Einsatz von Hilfsmitteln wie Werkzeugen oder technischen Geräten. Die Anwendung von unmittelbarem Zwang muss stets verhältnismäßig sein und ist oft als letztes Mittel anzusehen.

Rechtsschutz

Die Anwendung von Zwangsmitteln ist an die vorgenannten Voraussetzungen gebunden. Werden diese nicht beachtet, ist die Anwendung des Zwangsmittels rechtswidrig. Betroffene Steuerpflichtige können durch geeignete Rechtsmittel sowohl die kurzfristige Aussetzung der Vollziehung (AdV), als auch die auf einen Einspruch und/oder eine Klage beim Finanzgericht erfolgte dauerhafte Aufhebung des Zwangsmittels erreichen.

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