Rechtsnews Wirtschaftsrecht

EuGH: Bestimmung des Begriffs "Aufforderung zum Kauf" auf Internetportalen, C-122/10

Amtliche Leitsätze

1. Der Ausdruck „den Verbraucher dadurch in die Lage versetzt, einen Kauf zu tätigen" in Art. 2 Buchst. i der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) ist dahin auszulegen, dass eine Aufforderung zum Kauf vorliegt, wenn der Verbraucher hinreichend über das beworbene Produkt und dessen Preis informiert ist, um eine geschäftliche Entscheidung treffen zu können, ohne dass die kommerzielle Kommunikation auch eine tatsächliche Möglichkeit bieten muss, das Produkt zu kaufen, oder dass sie im Zusammenhang mit einer solchen Möglichkeit steht. 

2. Art. 2 Buchst. i der Richtlinie 2005/29 ist dahin auszulegen, dass die Voraussetzung der Angabe des Produktpreises erfüllt sein kann, wenn die kommerzielle Kommunikation einen „ab"-Preis nennt, also den niedrigsten Preis, zu dem das beworbene Produkt oder die beworbenen Produktgruppen erworben werden können, obwohl es das beworbene Produkt oder die beworbenen Produktgruppen zugleich auch in anderen Ausführungen oder mit anderen Merkmalen zu Preisen gibt, die nicht angegeben werden. Das vorlegende Gericht muss anhand der Beschaffenheit und der Merkmale des Produkts sowie des verwendeten Mediums der kommerziellen Kommunikation prüfen, ob die Nennung eines „ab"-Preises den Verbraucher in die Lage versetzt, eine geschäftliche Entscheidung zu treffen.

3. Art. 2 Buchst. i der Richtlinie 2005/29 ist dahin auszulegen, dass eine Bezugnahme auf das Produkt in Wort oder Bild erlaubt, die Voraussetzung der Angabe der Merkmale des Produkts zu erfüllen, und zwar auch dann, wenn ein und dieselbe Bezugnahme in Wort oder Bild verwendet wird, um ein in verschiedenen Ausführungen angebotenes Produkt zu bezeichnen. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, im Einzelfall unter Berücksichtigung der Beschaffenheit und der Merkmale des Produkts sowie des verwendeten Kommunikationsmediums zu ermitteln, ob der Verbraucher hinreichend informiert ist, um das Produkt im Hinblick auf eine geschäftliche Entscheidung identifizieren und unterscheiden zu können.

4. Art. 7 Abs. 4 Buchst. a der Richtlinie 2005/29 ist dahin auszulegen, dass es genügen kann, nur bestimmte der ein Produkt kennzeichnenden Merkmale anzugeben, wenn der Gewerbetreibende im Übrigen auf seine Website verweist, sofern sich dort wesentliche Informationen über die maßgeblichen Merkmale des Produkts, dessen Preis und die übrigen Erfordernisse gemäß Art. 7 der Richtlinie finden. Es obliegt dem vorlegenden Gericht, im Einzelfall unter Berücksichtigung der Umstände der Aufforderung zum Kauf, des verwendeten Kommunikationsmediums sowie der Beschaffenheit und der Merkmale des Produkts zu beurteilen, ob der Verbraucher in die Lage versetzt wird, eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, wenn nur bestimmte das Produkt kennzeichnende Merkmale genannt werden.

5. Art. 7 Abs. 4 Buchst. c der Richtlinie 2005/29 ist dahin auszulegen, dass es nicht per se als irreführende Unterlassung angesehen werden kann, wenn in einer Aufforderung zum Kauf nur ein „ab"-Preis angegeben wird. Das vorlegende Gericht hat darüber zu entscheiden, ob die Angabe eines „ab"-Preises genügt, damit die in dieser Bestimmung festgelegten Erfordernisse bezüglich der Nennung des Preises erfüllt sind. Es muss insbesondere prüfen, ob die Auslassung der Einzelheiten der Berechnung des Endpreises den Verbraucher nicht daran hindert, eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und ihn folglich nicht zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst, die er sonst nicht getroffen hätte. Es hat außerdem die Beschränkungen des verwendeten Kommunikationsmediums, die Beschaffenheit und die Merkmale des Produkts sowie die übrigen Maßnahmen zu berücksichtigen, die der Gewerbetreibende tatsächlich getroffen hat, um die Informationen dem Verbraucher zur Verfügung zu stellen.

OLG Bremen: Die Angabe "Voraussichtliche Versanddauer: 1-3 Werktage" ist unwirksam, 2 U 49/12

Bei der Angabe „Voraussichtliche Versanddauer: 1- 3 Werktage" handelt es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.d. §§ 305 ff. BGB und nicht um einen bloßen Hinweis oder eine Werbeaussage.

Eine derartige Angabe ist unwirksam, da sich der Verwender eine nicht hinreichend bestimmte Frist für die Erbringung der Leistung vorhält. Dadurch werden die Rechte des Kunden, im Falle einer Fristüberschreitung, ausgehölt und es wird gegen das Bestimmtheitsgebot verstoßen.

LG Berlin: Versteckte Entgeltpflicht in AGB ist unwirksam, 50 S 143/10

Ist die Entgeltpflicht für eine Dienstleistung auf einem Anmeldeformular im Internet und den später übersandten AGB so versteckt, dass der durchschnittlich aufmerksame Internetnutzer diese nicht erkennt, so kommt kein Vertrag zustande.

OLG Frankfurt/M: AGB-Klausel "Lieferzeit in der Regel", 6 W 55/11

Eine AGB-Klausel, mit der eine Lieferzeit mit dem Zusatz "in der Regel" versprochen wird, ist unwirksam.

BGH: Widerrufs und Rückgaberecht in AGB, VIII ZR 219/0

BGB §§ 307; 312c, 312d, 346, 355, 356, 357; BGB-InfoV §§ 1, 14

a) In Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die in mit Verbrauchern über die Internethandelsplattform eBay zu schließenden Kaufverträgen verwendet werden, hält folgende Klausel der Inhaltskontrolle nicht stand:

"[Der Verbraucher kann die erhaltene Ware ohne Angabe von Gründen innerhalb eines Monats durch Rücksendung der Ware zurückgeben.] Die Frist beginnt frühestens;mit Erhalt der Ware und dieser Belehrung."

b) Aus dem Erfordernis einer möglichst umfassenden, unmissverständlichen und aus dem Verständnis der Verbraucher eindeutigen Rückgabebelehrung lässt sich keine Pflicht ableiten, für jeden im Fernabsatz angebotenen Artikel gesondert anzugeben, ob dem Verbraucher insoweit ein Rückgaberecht zusteht.

c) In Allgemeinen Geschäftsbedingungen der vorgenannten Art hält folgende Klausel der Inhaltskontrolle nicht stand:

"[Im Falle einer wirksamen Rückgabe sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und ggfs. gezogene Nutzungen (z.B. Gebrauchsvorteile) heraus zu geben.] Bei einer Verschlechterung der Ware kann Wertersatz verlangt werden. Dies gilt nicht, wenn die Verschlechterung der Ware ausschließlich auf deren Prüfung - wie sie dem Verbraucher etwa im Ladengeschäft möglich gewesen wäre - zurückzuführenist.

 

BGH, Urteil vom 09.12.2009,VIII ZR 219/0

 

Unverbindliche Anfrage

Kontaktieren Sie uns kostenfrei und unverbindlich bei Fragen zu Wirtschaftsrecht und Steuerrecht. Wir melden uns kurzfristig zurück.

Achtung! Bei Fristabläufen oder anderem sofortigen Handlungsbedarf kontaktieren Sie uns für eine Bearbeitung am selben Tag bitte ausschließlich telefonisch Montag bis Freitag vor 17 Uhr: +49 30 39 88 53 860