Abwerben von Mitarbeitern

Das Abwerben von Mitarbeitern kann unter bestimmten Voraussetzungen wettbewerbswidrig und damit unzulässig sein. Entsprechende Aktivitäten werden als Fallgruppe des § 4 Nr. 4 UWG im Rahmen der gezielten Behinderung von Mitbewerberm behandelt. Zu beachten ist allerdings, dass die Abwerbung im Grundsatz zulässig und nur ausnahmsweise unzulässig ist. 

Das Abwerben von Mitarbeiter ist grundsätzlich erlaubt, da es Teil des freien Wettbewerbs ist.

Soweit allerdings unlautere Begleitumstände auftreten, kann das Abwerben von Mitarbeitern nach § 4 Nr. 4 UWG ausnahmsweise unlauter sein. Unlautere Begleitumstände lassen sich dahingehend unterscheiden, ob unlautere Zwecke verfolgt oder unlautere Mittel eingesetzt werden.

Ob mit dem Abwerben von Mitarbeitern unlautere Zwecke verfolgt werden, muss aufgrund der jeweiligen Umstände des Einzelfalls ermittelt werden. Während aus der Anzahl und Stellung der abgeworbenen Mitarbeiter[1] oder der wirtschaftlichen Gefährdung des Mitbewerbers[2] nicht ohne weiteres eine unzulässige Behinderung nach § 4 Nr. 4 UWG abgeleitet werden kann, lassen sich im Falle fehlender Einsatzmöglichkeiten des angeworbenen Mitarbeiters[3] oder der Aneignung von Unternehmensgeheimnissen[4] indiziell eher auf unlautere Zwecke und damit eine unzulässige Behinderung nach § 4 Nr. 4 UWG schließen.

Unlautere Mittel werden zunächst mit Blick auf ein Verleiten zum Vertragsbruch diskutiert. Trotz zunehmender Kritik sieht die h.M. darin eine unzulässige Behinderung nach § 4 Nr. 4 UWG.[5] Das Ausnutzen eines fremden Vertragsbruches ist hingegen nicht unlauter.[6] Wird die Entscheidungsfreiheit des Abgeworbenen durch Täuschung (z.B. falsche Angaben über den bisherigen Arbeitgeber) oder durch Drohung beeinträchtigt, liegt eine unzulässige Behinderung nach § Nr. 4 UWG vor.[7]

Lange umstritten war die Praxis gewerbsmäßiger Personalberater ("Headhunter"), Arbeitnehmer am Arbeitsplatz telefonisch anzusprechen. Nach verschiedenen höchstrichterlichen Entscheidungen[8] ist nunmehr geklärt, dass die erste telefonische Kontaktaufnahme, bei der ein Mitarbeiter nach seinem Interesse an einer neuen Stelle befragt wird, diese kurz beschrieben wird sowie gegebenenfalls eine Kontaktmöglichkeit außerhalb des Unternehmens besprochen wird nicht wettbewerbswidrig ist. Darüberhinausgehende Gespräche mit dem Arbeitnehmer an seinem Arbeitsplatz sind hingegen i.d.R. unlauter. 


[1] Vgl. Ohly/Sosnitza, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 7. Aufl. 2016, Ohly, Rn, 4/24 zu § 4.

[2] Vgl. Ohly/Sosnitza, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 7. Aufl. 2016, Ohly, Rn, 4/25 zu § 4.

[3] Vgl. Ohly/Sosnitza, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 7. Aufl. 2016, Ohly, Rn, 4/26 zu § 4.

[4] Vgl. Ohly/Sosnitza, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 7. Aufl. 2016, Ohly, Rn, 4/27 zu § 4. BGH , 16.07.2009, I ZR 56/07, GRUR 2009, 1075 Tz. 22 - Betriebsbeobachtung.

[5] Vgl. Ohly/Sosnitza, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 7. Aufl. 2016, Ohly, Rn, 4/28 f. zu § 4.

[6] Vgl. BGH, 11.01.2007, I ZR 96/04, GRUR 07, 800 Rn 15 f. – Außendienstmitarbeiter.

[7] Vgl. Ohly/Sosnitza, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 7. Aufl. 2016, Ohly, Rn, 4/30 zu § 4.

[8] Vgl. BGH, 04.03.2004, I ZR 221/01, GRUR 04, 696, 697, 699 – Direktansprache am Arbeitsplatz I; BGH, 09.02.2006, I ZR 73/02, GRUR 06, 426 – Direktansprache am Arbeitsplatz II; BGH, 22.11.2007, I ZR 183/04, GRUR 08, 262 – Direktansprache am Arbeitsplatz III.

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