Auskunft YouTube
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BGH: Urheberrechliche Auskunftspflicht, I ZR 153/17 - YouTube-Drittauskunft II

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich in einem aktuellen Urteil über den Umfang der Auskunftspflicht von YouTube bei urheberrechtsverletzenden Uploads durch Nutzer geäußert. Der Entscheidung nach muss die Plattform betroffenen Rechteinhabern gegenüber lediglich Angaben zu Name und Anschrift der Nutzer machen. Demnach besteht grundsätzlich keine Pflicht, deren E-Mail-Adresse, Telefonnummer oder IP-Adresse zu übermitteln.

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Leitsatz

Der Auskunftsanspruch über "Namen und Anschrift" im Sinne des § 101 Abs. 3 Nr. 1 UrhG schließt die Auskunft über die E-Mail-Adressen und Telefonnummern der Nutzer der Dienstleistungen nicht ein. Er umfasst auch nicht die Auskunft über die für das Hochladen rechtsverletzender Dateien verwendeten IP-Adressen oder die von den Nutzern der Dienstleistungen zuletzt für einen Zugriff auf ihr Benutzerkonto verwendeten IP-Adressen.

BGH, Urt. v. 10.12.2020, Az. I ZR 153/17 - YouTube-Drittauskunft II

Verfahrensgang BGH I ZR 153/17

LG und OLG Frankfurt

Ausgangspunkt des Rechtsstreits war die urheberrechtliche Klage einer Verwertungsgesellschaft, die Nutzungsrechte an den Filmen "Parker" und "Scary Movie 5" geltend machte. Benannte Werke waren in den Jahren 2013 und 2014 von drei verschiedenen Nutzern bei YouTube hochgeladen worden.

Nachdem das Landgericht Frankfurt die Klage erstinstanzlich noch vollumfänglich abgewiesen hatte (LG Frankfurt a. M., Urt. v. 3.5.2016, Az. 3 O 476/13), verurteilte das OLG Frankfurt die Betreiber von YouTube in der Berufung zur Auskunftserteilung hinsichtlich der E-Mail-Adressen der Uploader (OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 22.8.2017, Az. 11 U 71/16). In der vom Senat zugelassenen Revision verfolgte die Klägerin weiterhin das Ziel, neben den E-Mail-Adressen auch Informationen zu Telefonnummern und IP-Adressen der Schädiger zu erlangen.

EuGH: EU-Richtlinie erfasst lediglich Wohnsitz oder Aufenthaltsort

Im Zuge der Urteilsfindung setzte der BGH das Verfahren zunächst aus, um den Fall dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorzulegen. Die Richter in Karlsruhe wollten so in Erfahrung bringen, wie umfangreich die in Art. 8 Abs. 2 a) der Richtlinie zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (2004/48/EG) normierte Auskunfspflicht von Personen ausgestaltet ist, die in gewerblichem Ausmaß für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbracht haben. Im Einzelnen fraglich war hier, ob von benannter Pflicht auch die von Klägerseite begehrten E-Mail-Adressen, Telefonnumern und IP-Adressen erfasst sind. Artikel 8 Abs. 2 a) lautet wie folgt:

(2) Die Auskünfte nach Absatz 1 erstrecken sich, soweit angebracht, auf

a) die Namen und Adressen der Hersteller, Erzeuger, Vertreiber,Lieferer und anderer Vorbesitzer der Waren oder Dienstleistungen sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren;

[...]

Der europäische Gerichtshof kam hier zu dem Ergebnis, dass unter "Adresse" im Sinne der EU-Richtlinie lediglich die Postanschrift zu verstehen ist, das heisst Wohnsitz oder Aufenthaltsort der betreffenden Person (EuGH, Urt. v. 9.7.2020, Az. C-264/19). Weder der Gesetzesbegründung noch den Vorarbeiten der Richtlinie 2004/48/EG seien Anhaltspunkte zu entnehmen, dass unter "Adresse" weitergehende Daten erfasst werden sollten. Ferner werde in anderen Rechtsakten der europäischen Union betreffend die E-Mail-Adresse oder IP-Adresse von Nutzern nicht lediglich von "Adresse" gesprochen, sondern entsprechend präzisere Begriffe verwendet. Werde auf nationaler Ebene im Rahmen der Kodifizerung der Auskunftspflicht keine solche Präzisierung vorgenommen, sei auch hier lediglich der Wohnsitz oder Aufenthaltsort erfasst.

BGH: Keine Präzisierung der Richtlinie auf nationaler Ebene

Im deutschen Urhebergesetz ist der Art. 8 Abs. 2 a) der Richtlinie in § 101 Abs. 3 Nr.1 Urhebergesetz (UrhG) geregelt. Dieser lautet:

(3) Der zur Auskunft Verpflichtete hat Angaben zu machen über

1. Namen und Anschrift der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Vervielfältigungsstücke oder sonstigen Erzeugnisse, der Nutzer der Dienstleistungen sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren, und

[...]

"Anschrift" entspricht dabei dem Begriff "Adresse" der Richtlinie. Mangels einer konkreteren Formulierung sei daher davon auszugehen, dass E-Mail-Adresse, IP-Adresse sowie Telefonnummer gerade nicht erfasst sind, so der BGH. Eine weitergehende Auslegung oder aber analoge Anwendung der Vorschrift sei aufgrund des insofern eindeutigen Wortlauts ebenfalls nicht vorzunehmen. Die von Klägerseite angestrebten Informationen könnten schließlich auch nicht aus dem allgemeinen Auskunftsanspruch des § 242 BGB hergeleitet werden (BGH, Urt. v. 10.12.2020, Az. I ZR 153/17).

Bewertung und Empfehlung

Aus rechtlicher, und insbesondere datenschutzrechtlicher Sicht ist das Urteil im Ergebnis zu begrüßen, da sich der Bundesgerichtshof im Einklang mit den Angaben des europäischen Gerichtshofs streng an den insofern eindeutigen Wortlaut des Urhebergesetzes gehalten hat. Aus Sicht der Urheber selbst stellt die Entscheidung allerdings eine Erschwerung der Verfolgung und Beweisführung gegen etwaige Schädiger dar. Nutzer können Telefonnummer und E-Mail-Adresse in ihrem YouTube-Profil hinterlegen, ohne eine Weitergabe durch den Betreiber fürchten zu müssen. Indes ist die Durchsetzung der Urheberrechte auch nach dem Urteil keineswegs unmöglich, da der Auskunftsanspruch auch weiterhin den Namen und Anschrift der Rechtsverletzer umfasst.

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