Unterlassungsanspruch im Presserecht

Neben dem Gegendarstellungsanspruch ist der Anspruch auf Unterlassung der zweite wichtige und zugleich häufigste Anspruch im Presse- und Medienrecht. Mit dem Unterlassungsanspruch kann der von einer Presseveröffentlichung Betroffene eine Berichterstattung unterbinden. Der Unterlassungsanspruch kann sowohl gegen bereits erfolgte Veröffentlichungen, also auch gegen erstmalig bevorstehende Veröffentlichungen geltend gemacht werden.

Rechtsgrundlagen des Unterlassungsanspruchs

Übersicht

Je nach Art der Äußerung kommen unterschiedliche Anspruchsgrundlagen in Betracht:

  • Ehrverletzungen: §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 185 ff. StGB
  • Kreditgefährdung: §§ 1004, 824 BGB
  • Sittenwidrige vorsätzliche Schädigung: §§ 1004, 826 BGB
  • Eingerichteter und ausgeübter Gewerbebetrieb: §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB
  • Sonstige Verletzung allgemeiner Persönlichkeitsrechte: §§ 1004, 823 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG

Im Einzelfall kann ein Unterlassungsanspruch auch auf mehrere Anspruchsgrundlagen gestützt werden.

Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs

Übersicht

Voraussetzungen zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs sind:

  • Rechtsverletzung
  • Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr
  • Rechtswidrigkeit

Beachte: Kein Verschulden erforderlich!

Rechtsverletzung

Eine Rechtsverletzung liegt vor, wenn besondere oder allgemeine Persönlichkeitsrechte des Betroffenen verletzt werden.

Der Unterlassungsanspruch kann insbesondere gegen unwahre Tatsachenbehauptungen, wahre aber rechtsverletzende Tatsachenbehauptungen oder gegen Meinungsäußerungen, die eine Schmäh­­kritik enthalten, geltend gemacht werden. Die Meinungsfreiheit tritt hier zurück, da nur wahre Tatsachenbehauptungen zur Meinungsbildung beizutragen vermögen.

Die Unwahrheit der Tatsachenbehauptung wird generell in zwei Schritten geprüft:

Zunächst wird auf den Durchschnittsleser, Zuhörer oder Zuschauer abgestellt und gefragt, wie dieser die Äußerungen aufgenommen hat.

In einem zweiten Schritt ist dann zu fragen, ob diese Äußerung den Tatsachen entspricht. Insoweit ist auch hier wieder eine individuelle Prüfung des Einzelfalls erforderlich, die in letzter Konsequenz vom zuständigen Gericht vorgenom­men wird. Die Gerichte kommen dabei durchaus zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen kommen.

Bei der Rechtsverletzung in Form von Schmähkritik ist die Grenze der zulässigen Meinungsäußerung überschritten. Auch hier kann die Abgrenzung im Einzelfall schwierig sein, wie die folgenden Beispiele zeigen:

Beispiele für unzulässige Schmähkritik: Eine Fernsehansagerin wird als „ausgemolkene Ziege", ein Angehöriger der GSG 9 wird als Mitglied einer „Killertruppe" bezeichnet.

Beispiele in denen keine Schmähkritik vorliegen soll: Der Politiker Franz Josef Strauß wird als „Zwangsdemokrat" bezeichnet, der Journalist Werner Höfer wird als „Schreibtischtäter" bezeichnet, über einen bekannten Schauspieler wird angemerkt: „Er war mal Sexstar in Pornos. Das waren noch kraftvolle Zeiten".

Die Rechtsverletzung ist grundsätzlich vom Betroffenen zu beweisen. Er muss also den Beweis für die Unwahrheit führen. Allerdings findet in den Fällen, in denen eine üble Nachrede nach § 186 StGB vorliegt, eine Beweislastumkehr statt. Dies bedeutet, dass hier das Medium die Richtigkeit der aufgestellten Behauptung zu beweisen hat. Diese Konstellation ist in den presserechtlichen Streitfällen sehr häufig gegeben. So dass in den meisten Fällen im Ergebnis die Beweislast beim Medium liegt und dieses die Richtigkeit der aufgestellten Behauptung zu beweisen hat.

Wiederholungsgefahr

Weitere Voraussetzung für einen Unterlassungsanspruch ist das Bestehen einer Wiederho­lungs­gefahr. Es muss die konkrete Gefahr bestehen, dass sich die Rechtsverletzung wieder­holt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) liegt eine Wiederholungsgefahr dann vor, wenn eine bestimmte Äußerung bereits verbreitet worden ist und der Betroffene deren Rechtswidrigkeit behauptet hat. Hierfür ist schon die erstmalige Veröffent­lichung ausreichend. Bei bereits vorliegenden Presseveröffentlichungen ist somit die Voraussetzung der Wiederholungsgefahr regelmäßig unproblematisch gegeben.

Ausnahmsweise kann die Vermutung des Bestehens einer Wiederholungsgefahr entfallen, wenn im konkreten Einzelfall sich dies als sehr unwahrscheinlich herausstellt. An einen solchen Fortfall sind jedoch nach der Rechtsprechung strenge Anforderungen zu stellen. Sie wird insbesondere dann angenommen, wenn das Medium freiwillig einen Widerruf oder eine Richtigstellung veröffentlicht hat.

Die Wiederholungsgefahr kann nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unter­lassungs­erklärung beseitigt werden. Für eine solche Unterlassungserklärung gibt es keine besonde­ren Formvorschriften. Allerdings ist darauf zu achten, dass diese Unterlassungserklärung neben der genau bezeichneten Äußerung, die unterlassen werden soll, auch eine angemes­se­ne Vertragsstrafenregelung enthält.

Erstbegehungsgefahr

Fehlt es an einer Wiederholungsgefahr, weil beispielsweise der Bericht noch gar nicht er­schie­nen ist, so kann der Betroffene auch dann einen Unterlassungsanspruch geltend machen, wenn eine Erstbegehungsgefahr besteht. In diesen Fällen hat der Betroffene bereits vor der Erstveröffentlichung konkrete Kenntnis von der beabsichtigten Rechtsver­letzung erlangt und möchte sich dagegen wehren. Diese Konstellation ist im Presserecht eher selten. Hinzu kommt, dass die reine Recherchearbeit eines Journalisten noch keine Erstbegehungsgefahr begründet.

Rechtswidrigkeit

Die zu beurteilende Veröffentlichung muss rechtswidrig sein. In diesem Zusammenhang hat eine Güterabwägung zwischen den Interessen des Betroffenen aus seinen vorgenannten Rechten, insbesondere dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht einerseits und den Interessen der Presse, die insbesondere aus Art. 5 GG resultieren stattzufinden.

Eine Rechtswidrigkeit scheidet immer dann aus, wenn die Berichterstattung nicht erwiesen unwahr ist und der Pressevertreter seinen Bericht zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für erforderlich halten durfte (§ 193 StGB). Hierzu ist es vor allem erforderlich, dass die Pressevertreter die journalistischen Sorgfaltspflichten einhalten.

Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs

Der Unterlassungsanspruch kann gerichtlich sowohl im normalen Klageverfahren als auch im Wege der einstweiligen Verfügung geltend gemacht werden. Die einstweilige Verfügung ist wegen der regelmäßig vorhandenen Eilbedürftigkeit, das in der Praxis bevorzugte Mittel.

Vor der Einleitung gerichtlicher Schritte sollte in jedem Fall eine (außergerichtliche) Abmahnung des betroffenen Mediums erfolgen. Nur in besonderen Ausnahmefällen kann auf eine Abmahnung verzichtet werden. Unterbleibt im eine Abmahnung, so muss der Betroffene regelmäßig mit Nachteilen, insbesondere auch mit einer nachteiligen Kostenfolge, rechnen.

Die Abmahnung ist die Aufforderung, eine strafbewährte Unterlassungserklärung abzuge­ben. Soweit eine solche strafbewährte Unterlassungserklärung abgegeben wird, wird - wie oben dargestellt - die Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr beseitigt. Damit kann also auch auf eine gerichtliche Entscheidung verzichtet werden.

Der Betroffene ist nicht verpflichtet, den Text der Unterlassungserklärung vorzuformulieren oder eine bestimmte Vertragsstrafe zu bestimmen. Er muss lediglich seine entsprechenden Ansprüche geltend machen und dabei insbesondere den genauen Unterlassungsanspruch benennen. Aus verschiedenen Gründen kann es jedoch vorteilhaft sein, die geforderte Unterlassungserklärung bereits vorzuformulieren und dem Medium zur Unterschrift zuzu­leiten.

Rechtsfolge des Unterlassungsanspruchs

Sobald die vorgenannten Voraussetzungen erfüllt sind, ist das Medium verpflichtet, die rechtswidrige Äußerung zu unterlassen.

Es ist dabei zu beachten, dass die Unterlassungspflicht nur die tatsächlich rechtswidrigen Äußerungen als konkrete Verletzungsform betrifft. Werden neben beispielsweise unwahren Tatsachenbehauptungen auch wahre Tatsachenbehauptungen publiziert, so kann der Betroffene nur die Unterlassung der unwahren Behauptungen verlangen. Dies ist bei der Geltendmachung des Unterlassungsan­spruchs genau zu beachten, da der Betroffene sonst nachteilige, insbesondere nachteilige Kostenfolgen, erleiden kann. Er sollte deshalb seinen Anspruch so konkret wie irgend möglich bezeichnen. Dieser kann sich im Extremfall auch auf nur einzelne Worte beziehen.

Der Unterlassungsanspruch darf auch nur in einem geringen Umfang verallgemeinert werden. Verallgemeinerungen sind nur insoweit zulässig, wie in diesen noch das Charakteristische des konkreten Verletzungstatbestandes zum Ausdruck kommt. Weitergehende Verallgemeinerungen sind unzulässig.

Beispiel: Es wird unzulässiger Weise ein Foto aus der Privatsphäre veröffentlicht. Gegen die Veröffentlichung dieses, idealerweise in Abmahnung und Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung abgedruckte Foto besteht ein Unterlassungsanspruch. Es ist allerdings unzulässig, diesen Anspruch dahingehend zu verallgemeinern, dass "zukünftige Unterlassung aller Fotos aus dem Privatleben der Antragstellerin" gefordert wird.

Die Unterlassungsverpflichtung ist in der Rege strafbewehrt. Dies bedeutet, dass etwaige Verstöße gegen die Unterlassung sanktioniert sind. Das Presseunternehmen muss bei weiteren Veröffentlichungen eine Vertragsstrafe (im Fall der Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung auf eine Abmahnung hin) oder ein Ordnungsgeld (im Falle einer gerichtlichen Entscheidung) bezahlen. Bei besonders extremen Verstößen ist auch die Verhängung von Ordnungshaft vorstellbar.

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