Geldentschädigung im Presserecht

Die Geldentschädigung ist ein immaterieller Schadensersatzanspruch. Sie stellt eine presserechtliche Besonderheit dar und ist gesetzlich nicht geregelt. Der Anspruch auf Geldentschädigung wurde von der Rechtsprechung entwickelt und ist gewohnheitsrechtlich anerkannt. Gegenüber dem materiellen Schadensersatzanspruch ist der immaterielle Schadensersatzanspruch der weit häufigere. In der Praxis handelt es sich in den allermeisten Fällen, in denen eine Geldzahlung gefordert wird um den Ersatz des immateriellen Schadens.

Grundlagen der Geldentschädigung

Mit der Geldentschädigung wird in den Fällen, in welchen durch die sonstigen presserechtlichen Ansprüche (Gegendarstellung, Unterlassung, Berichtigung, (materieller) Schadenersatz) kein angemessener Ausgleich erreicht werden kann, ein Korrektiv geschaffen. Damit ist der Anspruch auf Geldentschädigung ultima ratio, welche nur ausnahmsweise in Betracht kommt.

Die Geldentschädigung hat zwei wesentliche Funktionen: Genugtuung und Prävention. Die vorrangige Genugtuungsfunktion soll dem Betroffenen einen Ausgleich für das erlittene Unrecht schaffen, das er durch die Berichterstattung erlitten hat. Dabei soll die Lücke geschlossen werden, die verbleibt, wenn andere Ansprüche verfolgt wurden. Die Genugtuungsfunktion hat Vorrang gegenüber dem Präventionsgedanken, der in den Fällen Anwendung finden, in denen das Medium besonders rücksichtslos und im vorrangigen Eigeninteresse gehandelt hat.

Voraussetzungen der Geldentschädigung

Übersicht

Folgende Voraussetzungen müssen für eine Geldentschädigung vorliegen:

  • Schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung
  • Verschulden
  • Keine anderweitige Kompensation
  • Verhältnismäßigkeit

Schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung

Neben dem Verstoß gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht muss dieser Verstoß von besonderer Schwere sein. Der BGH spricht davon, dass der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht objektiv ein so erhebliches Gewicht haben muss, dass eine Geldentschädigung billig erscheint.

Die entsprechende Feststellung der besonderen Schwere ist eine Frage des Einzelfalls. Dabei sind alle individuellen Umstände zu berücksichtigen. Wichtige Beurteilungskriterien für die Frage nach der Schwere sind

  • die Nachhaltigkeit der Rufschädigung,
  • der Anlass und die Motive der Berichterstattung,
  • die Art und Intensität der Verletzung und
  • der konkrete Inhalt der Äußerung.

Schmähkritik stellt immer eine schwere Persönlichkeitsverletzung dar. Dies gilt ebenso für unwahre Tatsachenbehauptungen.

Beispiele: frei erfundenes „Exklusiv-Interview"; Behauptung, der Betroffene habe einen Verkehrsunfall im Auftrag der Stasi vorsätzlich herbeigeführt, obwohl tatsächlich das Opfer den Unfall verschuldet hatte.

Auch die nachteilige Darstellungsform kann eine schwerwiegende Persönlichkeitsverletzung darstellen, soweit sie die Würde des Betroffenen verletzt.

Beispiele: in einem Computerspiel wird eine Person zum Sexobjekt herabgewürdigt, auf das Jagd gemacht wird; unzutreffende Behauptung, der Betroffene sei straffällig geworden; Bezeichnung als „Krimineller" oder „Verbrecher" ohne sachlichen Zusammenhang; Aufzeigen körperlicher Mängel.

Verschulden

Ebenso wie beim materiellen Schadenersatz ist für die Geldentschädigung Verschulden des Mediums erforderlich. Das Verschulden muss jedoch zusätzlich eine besondere Qualität aufweisen. Strittig ist dabei der genaue Grad des Verschuldens. Teilweise wird ein "nicht unbeträchtliches Verschuklden" gefordert, teilweise wird auf "schweres Verschulde" abgestellt.  Nachfolgend wird einheitlich der Beriff des "schweren Verschuldens" verwendet, um die besondere Qualität des Verschuldens zu kennzeichnen.

Schweres Verschulden bedeutet nicht Vorsatz. Eine grobe Fahrlässigkeit, d.h. das Außerachtlassen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt in besonderem Maße, reicht aus. Grobe Fahrlässigkeit liegt insbesondere dann vor, wenn der Journalist vor der Veröffentlichung auf die Unzulässigkeit hingewiesen wurde und diese dennoch erfolgte.

Keine anderweitige Kompensation

Die Zuerkennung einer Geldentschädigung muss zwingend notwendig sein, um dem Betroffenen für die Persönlichkeitsverletzung einen Ausgleich zu verschaffen. Es dürfen keine sonstigen presserechtlichen Ansprüche in Betracht kommen, um den Betroffenen schadlos zu halten.

Die Geldentschädigung scheidet insbesondere dann aus, wenn ein Berichtigungsanspruch geltend gemacht werden kann. Soweit das Medium (ggf. sogar freiwillig) eine Entschuldigungserklärung abgibt bzw. eine Richtigstellung veröffentlicht, besteht für eine Geldentschädigung regelmäßig kein unabwendbares Bedürfnis mehr.

Die Geldentschädigung scheidet auch dann aus, wenn ein (materieller) Schadenersatzanspruch geltend gemacht werden kann.

Bei der Veröffentlichung von Bildnissen fehlt es häufig an anerweitigen Kompensationsmöglichkeiten. Insbesondere ist hier keine Gegendarstellung oder Berichtigung möglich.

Verhältnismäßigkeit

Im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung sind die Interessen des Betroffenen denen der Presse gegenüberzustellen und abzuwägen. Dies kann im Einzelfall dazu führen, dass  die Interessen des Betroffenen zurückzustehen haben. Insbesondere wird in diesem Zusammenhang berücksichtigt, ob und ggf. in welchem Umfang der Betroffenen von sich aus in der Vergangenheit das Licht der Öffentichkeit gesucht hat. In diesem Fall hat er eventuell damit verbundene negative Folgen in stärkerem Maße hinzunehmen als ein Betroffener, der nicht bewußt in der Öffentlichkeit erscheinen will.

Rechtsfolge der Geldentschädigung

Auf der Rechtsfolgenseite steht die Zahlung einer bestimmten Geldsumme als Geldentschädigung.

Bei der Berechnung der konkreten Geldentschädigung sind die Genugtuungsfunktion und ggf. auch die Präventionsfunktion zu berücksichtigen. Es werden alle Umstände des Einzelfalls zugrunde gelegt, die relevant sind oder ggf. relevant sein könnten. Eventuell wird die Berechnung in einem Rechtsstreit vom Richter überprüft oder festgelegt.

Als wichtige Umstände sind vor allem zu berücksichtigen:

  • Die Eingriffsintensität unter Berücksichtigung von Persönlichkeit, gesellschaftlicher Stellung sowie physischer und psychischer Situation des Betroffenen.
  • Die Folgen für den Betroffenen.
  • Die Verschuldensform.
  • Die Eingriffsform: Größe und Platzierung der Äußerung, Aufmachung, Auflage oder Reichweite.

Einzelfälle zur Geldentschädigung einer gesonderten Aufstellung entnommen werden.

 

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