Streitwertvorschlag von Deutscher Konsumentenbund e.V. ist zu hoch
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Streitwertvorschlag von Deutscher Konsumentenbund e.V. ist zu hoch

In einer wettbewerbsrechtlichen Streitigkeit konnten wir für unsere Mandantin erfolgreich die Reduzierung des Streitwerts und damit der Verfahrenskosten erreichen. Gegner war der Deutsche Konsumentenbund e.V. Dieser hatte dem Gericht im Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung einen Streitwertvorschlag von 30.000 EUR unterbreitet, welchem das Gericht zunächst gefolgt ist und den entsprechenden Streitwert festgesetzt hat. Unsere Recherchen ergaben verschiedene vergleichbare Gerichtsentscheidungen, in welchen Gerichte niedrigere Streitwerte festgesetzt hatten. Vermutlich war bei mindestens einer dieser Entscheidungen mit niedrigeren Streitwerten sogar der Deutsche Konsumentenbund e.V. selbst Verfahrensbeteiligter und konnte hier nur einen Streitwert von 10.000 EUR durchsetzen (LG Düsseldorf, 19 O 191/21). Die abweichenden gerichtlichen Entscheidungen konnten wir in unserem Beschwerdeverfahren vor dem Landgericht Berlin (15 O 157/22) und dem Kammergericht (5 W 131/22) benennen und so für unsere Mandantin erfolgreich eine Reduzierung des Streitwerts auf 20.000 EUR erreichen. Kämpfen bis zum Schluss lohnt sich!

Ausgangsfall: bekömmlicher Tee

Ausgangspunkt der wettbewerbsrechtlichen Streitigkeit war eine Abmahnung des Deutsche Konsumentenbund e.V. wegen einer Produktkennzeichnung von Tee bei unserer Mandantin mit der Verwendung des Begriffs "bekömmlich" (vgl. hierzu BGH, 17.05.2018, I ZR 252/16 - bekömmliches Bier).

Die Abmahnung erschien uns aus verschiedenen Gründen als sehr konstruiert und stark diskussionswürdig, wenngleich die vorgenannte höchstrichterliche Rechtsprechung des BGH natürlich berücksichtigt werden muss. In enger Abstimmung mit unserer Mandantin haben wir im Ergebnis die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung verweigert. Neben verschiedenen Rechtsgründen waren hierfür auch strategische Erwägungen maßgeblich. Es sollte in jedem Fall eine mögliche Vertragsstrafe vermieden werden, welche nach Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungeserklärung bei Verstößen ggf. für Jahrzehnte gedroht hätte und die an den Deutschen Konsumentenbund e.V. zu zahlen gewesen wäre (inklusive der damit verbundenen möglicherweise intensiven Verfolgungsbemühungen). Als Alternative bot sich insoweit eine einstweilige Verfügung an, welche trotz der damit zunächst verbundenen Mehrkosten langfristig ggf. die kostengünstigere Variante darstellt.

Strategischer Verfahrensabschluss

Im weiteren Verfahreslauf wurde eine einstweilige Verfügung durch das Landgericht erlassen und der Streitwertvorschlag i.H.v. 30.000 EUR des Deutschen Konsumentenbund e.V. übernommen. Wir haben dann in Abstimmung mit unserer Mandantin und unserer ursprünglichen Strategie folgend zur Minimierung der Kosten eine Abschlusserklärung abgegeben. Gegen die Streitwertfestsetzung sind wir mit einer sofortigen Beschwerde vorgegangen und konnten die Reduzierung des Streitwerts auf 20.000 EUR erreichen.

Streitwert auf unsere Beschwerde reduziert

In unserer sofortigen Beschwerde hatten wir zur Frage des Streitwerts ausgeführt, dass die fehlerhafte Streitwertfestsetzung daraus resultiert, dass zum einen das Klägerinteresse (§ 51 Abs. 2 GKG) zu hoch angesetzt, zum anderen das Beklagteninteresse (§ 51 Abs. 3 S. 1 GKG) nicht hinreichend berücksichtigt wurde. Der vom Deutschen Konsumentenbund e.V. dargelegte Streitwert liegt bereits erheblich über den üblich angesetzten Streitwerten in ähnlich gelagerten Streitfällen:

  • „Bekömmlicher“ Kaffee: LG München I, Beschluss vom 10.12.2019 – 39 O 17156/19 und OLG München, 11.02.2020 – 29 W 1562/19: Streitwert i.H.v. 20.000 EUR.
  • „Bekömmliches“ Bier: LG Ravensburg Urteil vom 25.08.2015 - 8 O 34/15: Streitwert i.H.v. 20.000 EUR. Vgl. auch BGH, 17.05.2018, I ZR 252/16 - bekömmliches Bier).

Anders als bei den hier genannten Urteilen mit einem Streitwert von lediglich 20.000 EUR, handelt es sich bei den beworbenen Teesorten um ein nicht möglicherweise gesundheitsschädigendes Mittel, wie Alkohol oder Koffein (Kaffee). Diese begründen ein erhöhtes Interesse der Verbraucher an der Richtigkeit der bewerbenden Aussagen hinsichtlich der Gesundheit und somit auch einen höher bemessenen Streitwert als bei den vorliegend beworbenen Fenchel-Anis Kümmel oder Melissen-Kräutermischung Tee. Es ist also von einer geringen Verletzungsintensität und Gefährdung der Verbraucher auszugehen.

In dem eingangs zitierten Urteil des LG Düsseldorf, Az.: 19 O 191/21 erwirkte wohl der Deutsche Konsumentenverbund e.V. eine einstweilige Verfügung bezüglich der Werbeaussage „bekömmlich“ in Zusammenhang eines Bergkräuter Tees. Der Streitwert wurde in dieser Entscheidung bei 10.000 EUR angesetzt. Warum nunmehr der Deutsche Konsumentenverbund e.V. als Antragsteller des von uns betreuten Verfahrens das 3-fache des dort angesetzten Streitwerts als Interesse des Verfahrens vorschlägt, ist nicht ersichtlich.

Ebenso wurde das Beklagteninteresse nach § 51 Abs. 3 S. 1 GKG als Korrektiv zum Klägerinteresse nicht herangezogen (vgl. hierzu Köhler/Federsen in Köhler/Bornkamm/Federsen UWG, § 12 UWG Rn. 4.3c, 40. Auflage 2022). Insbesondere die Unternehmensgöße und das Umsatzvolumen unserer Mandantin wurden nicht berücksichtigt.

Im seinem Beschluss vom 29.08.2022 führt das Landgericht Berlin, bestätigt durch den Beschluss des Kammergerichts vom 20.02.2023, u.a. aus: 

"Der Antragsgegner gibt in seiner Antragsschrift einen Hauptsache-Streitwert von 45.000,00 € an.

Dieser Wert ist nach der, der Kammer obliegenden Überprüfung des vom Antragsteller angegebenen Interesses bei der gebotenen Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls auf einen Hauptsachewert von 30.000,00 € zu reduzieren. [...] Die Kammer geht mithin von einem Hauptsache-Streitwert von 20.000 € für den ersten Unterlassungsantrag (“mild-bekömmlich“) und - wegen der Ähnlichkeit der Streitgegenstände, die eine schlichte Addition gleicher Wert verbietet - lediglich 10.000 € für den zweiten Unterlassungsantrag („bekömmlich“) aus. Entsprechend des Charakters des Eilverfahrens ist dieser Wert sodann um 1/3 zu reduzieren." 

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