BGH: Haftung eines Filehosting-Dienstes für Urheberrechtsverletzungen seiner Nutzer, I ZR 18/11 - Alone in the Dark

Amtliche Leitsätze

a) Ein File-Hosting-Dienst, der im Internet Speicherplatz zur Verfügung stellt, kann als Störer haften, wenn urheberrechtsverletzende Dateien durch Nutzer seines Dienstes öffentlich zugänglich gemacht werden, obwohl ihm zuvor ein Hinweis auf die klare Rechtsverletzung gegeben worden ist. Nach einem solchen Hinweis muss der File-Hosting-Dienst im Rahmen des technisch und wirtschaftlich Zumutbaren verhindern, dass derselbe oder andere Nutzer das ihm konkret benannte, urheberrechtlich geschützte Werk Dritten erneut über seine Server anbieten.

b) Die Eignung eines Wortfilters mit manueller Nachkontrolle für die Erkennung von Urheberrechtsverletzungen wird nicht dadurch beseitigt, dass er mögliche Verletzungshandlungen nicht vollständig erfassen kann.

c) Zur Vermeidung einer Störerhaftung kann ein File-Hosting-Dienst auch verpflichtet sein, im üblichen Suchweg eine kleine Anzahl einschlägiger Linksammlungen manuell darauf zu überprüfen, ob sie Verweise auf bestimmte bei ihm gespeicherte urheberrechtsverletzende Dateien enthalten.

Tatbestand

1 Die Klägerin ist ein weltweit führendes Unternehmen für Computer- und Videospiele, die sie verlegt und vertreibt. Zu ihren derzeit erfolgreichsten Titeln gehört das Computerspiel „Alone in the Dark". Die Beklagte, eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz, stellt unter der Internetadresse www.rapidshare. com Nutzern Speicherplatz im Internet zur Verfügung („File-Hosting-Dienst"). Bei diesem Dienst kann der Nutzer mit einem einzigen Klick eine von ihm ausgewählte eigene Datei auf der Internetseite der Beklagten hochladen, die dann auf deren Servern abgespeichert wird. Unmittelbar nach dem Hochladen wird dem Nutzer ein Download-Link übermittelt, mit dem dieser die abgelegte Datei über seinen Browser aufrufen kann.

2 Der Beklagten ist der Inhalt der hochgeladenen Dateien nicht bekannt. Sie unterhält auch kein Inhaltsverzeichnis über diese Dateien. Es ist jedoch möglich, mit Suchmaschinen (sogenannten „Linksammlungen") nach bestimmten, auf den Servern der Beklagten gespeicherten Dateien zu suchen.

3 Die Beklagte bietet für die Nutzung ihres Dienstes zwei Möglichkeiten an. Ohne Registrierung kann der Dienst kostenlos, aber nur in eingeschränktem Umfang genutzt werden. Insbesondere können die hochgeladenen Dateien höchstens zehnmal heruntergeladen werden. Daneben gibt es die Möglichkeit, nach Registrierung des Nutzers für bis zu 6,99 € monatlich ein Premium-Konto einzurichten. Das Premium-Konto ermöglicht insbesondere ein beliebig häufiges und schnelleres Herunterladen der Dateien.

4 Die Beklagte vergibt Premium-Punkte an Nutzer, deren hochgeladene Dateien von anderen Personen abgerufen werden. Diese Punkte können in ein Premium-Konto eingetauscht oder für dessen Verlängerung verwendet werden. Die Beklagte stellt auch die Software „RapidShare Uploader" bereit, mit der ein Nutzer in einem einzigen Arbeitsschritt beliebig viele Dateien auf die Server der Beklagten hochladen kann.

5 Am 19. August 2008 erfuhr die Klägerin, dass das Spiel „Alone in the Dark" über den Internetdienst der Beklagten öffentlich zugänglich war. Nach Eingabe der Suchwörter „Rapidshare Alone in the Dark" bei Google konnte das Spiel durch Aktivierung von Links mit den Kennungen „rapidshare.com/files ..." abgerufen und auf die Festplatte des Abrufenden heruntergeladen werden. Die Klägerin mahnte die Beklagte wegen dieses Sachverhalts noch am selben Tag ab. Mit Anwaltsschreiben vom 22. August 2008 bestätigte die Beklagte die Sperrung der in der Abmahnung aufgeführten konkreten Links zu dem Spiel. Die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, in der sie sich insbesondere verpflichten sollte, es zu unterlassen, urheberrechtlich geschützte Werke der A., insbesondere das Computerspiel „Alone in the Dark" im Internet oder auf sonstige Art und Weise öffentlich zugänglich zu machen, zu verbreiten und/oder wiederzugeben oder diese Handlungen durch Dritte vornehmen zu lassen, lehnte die Beklagte dagegen ab.

6 Die Klägerin hat vorgetragen, das Spiel „Alone in the Dark" sei jedenfalls noch bis zum 2. September 2008 auf den Servern der Beklagten abrufbar gewesen.

7 Soweit der Rechtsstreit in die Revisionsinstanz gelangt ist, hat die Klägerin beantragt, es der Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu untersagen, das Computerspiel „Alone in the Dark" im Internet, insbesondere über von der Beklagten betriebene Server für das Internetangebot www.rapidshare.com oder auf sonstige Art und Weise zu vervielfältigen zu lassen oder öffentlich zugänglich zu machen oder diese Handlung durch Dritte vornehmen zu lassen, jedoch nur

a) soweit das Computerspiel mit einem Dateinamen, welcher den Titel „Alone in the Dark" enthält, auf den Servern gespeichert ist oder
b) soweit Hyperlinks auf das Spiel mit der URL rapidshare.com/files in den Linksammlungen www.raidrush.org, rapidlibrary.com, rapidsharesearcher.com, alivedownload.com, taringa.net, freshwap.net, hotfilms.org, rapidfind.org und/oder rapidsharedownload.net verzeichnet sind, oder
c) ...

8 Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. In der Berufungsinstanz hat die Klägerin im Antrag zu b) die Wörter „auf das Spiel" durch „auf Dateien, die das Computerspiel ‚Alone in the Dark' enthalten", ersetzt. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen (OLG Düsseldorf, MMR 2011, 250). 

9 Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihre in der Berufungsinstanz gestellten Anträge weiter, wobei sie sich nicht mehr auf lauterkeitsrechtliche, sondern nur noch auf urheberrechtliche Ansprüche stützt.

Entscheidungsgründe

[...]

BGH, 12.7.2012, I ZR 18/11 - Alone in the Dark 

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