Anmeldestrategie: Geltungsbereich

Bei welchem Markenamt oder welchen Markenämtern bzw. unter welchen Markenschutzsystemen die Marke angemeldet wird, richtet sich zunächst nach dem angestrebten geographischen Geltungsbereich der Marke bzw. danach, wo aufgrund der jeweiligen Markenkonzeption und der Marketingstrategie Markenschutz benötigt wird. Neben bereits bestehenden Aktivitäten ist hierbei auch eine etwaige geographische Expansionsstrategie zu berücksichtigen. 

Rein nationale Tätigkeiten

Bei rein nationalen Tätigkeiten, z.B. in der Bundesrepublik Deutschland, ist zunächst strategisch zu prüfen, ob eine nationale Marke, z.B. eine deutsche Marke, ausreicht. Diese wäre dann beim nationalen Markenamt, z.B. dem DPMA anzumelden. Bei Bedarf können auch mehrere nationale Marken parallel angemeldet werden, soweit entsprechender Markenschutz benötigt wird. Hierbei ist nicht zuletzt unter Kostengesichtspunkten zu prüfen, ob ggf. alternativ eine internationale Registrierung nach dem PMMA erfolgen soll. In der Regel können Anmeldungen für ein bis zwei Auslandsmärkte unter Kostengesichtspunkten direkt bei den jeweiligen nationalen Markenämtern erfolgen. Ab drei Auslandsmärkten empfiehlt sich eher eine internationale Registrierung nach dem PMMA.

Europäische Union

Soweit sich die Tätigkeiten auf das Gebiet der Europäischen Union erstrecken, kann eine Unionsmarke beim EUIPO angemeldet werden. Die Unionsmarke hat verschiedene Vorteile. Hervorzuheben sind insbesondere:

  • Ein effizientes einziges Anmeldeverfahren.
  • Einfaches und weitreichendes Monopolrecht: EU-weites Monopolrecht bereits bei Benutzung der Marke nur in einem Land.
  • Einbindung existierender nationaler Marken in Unionsmarke ist möglich.
  • Einfache Reduzierung von Schutzrechtslücken. Diese können leicht geschlossen werden.
  • Automatische Erweiterung der Unionsmarkebei Erweiterung der EU. 

Die Unionsmarke stellt nicht nur dann eine mögliche Option dar, wenn eine aktive Markennutzung in einem oder mehreren Staaten der Europäischen Union angestrebt wird. Auch bei primär nationalen Aktivitäten, z.B. in der Bundesrepublik Deutschland, bei denen die Möglichkeit besteht, dass Dritte vom europäischen Ausland aus die Nutzung ähnlicher Marken anstreben, kann die Unionsmarke einen sinnvollen Schutz gewähren. 

Nachdem eine Unionsmarke als solche entweder umfassend eingetragen wird oder die Anmeldung umfassend zurückgewiesen wird (Alles-oder-Nichts-Prinzip), ist allerdings zu prüfen, ob tatsächlich Markenschutz für den gesamten Geltungsbereich der Unionsmarke benötigt wird. Ansonsten kann sich ggf. als Alternative eine internationale Registrierung nach dem PMMA für diejenigen europäischen Länder anbieten, für welche tatsächlich Markenschutz benötigt wird.

Die Unionsmarke beinhaltet in ihrem Geltungsbereich immer auch Schutz im Umfang der jeweiligen nationalen, z.B. deutschen Marke. Einer kumulativen Anmeldung von nationaler Marke und Unionsmarke bzw. die Aufrechterhaltung einer bereits bestehenden nationalen Marke bedarf es insoweit auf den ersten Blick nicht. Eine kumulative Anmeldung ist keinesfalls zwingend. Ausreichend könnte insoweit die alleinige Anmeldung der geographisch weiter reichenden Unionsmarke sein. Bei näherer Betrachtung können jedoch verschiedene Gründe für die kumulative Anmeldung und das damit verbundene erhöhte Schutzniveau sprechen. Mit Blick auf die (zusätzlich anzumeldende) nationale deutsche Marke gilt beispielsweise:

  • Höhere Chance auf jedenfalls nationalen Markenschutz, auch wenn Anmeldung der Unionsmarke zurückgewiesen oder Eintragung gelöscht wird.
  • Die rechtserhaltende Benutzung ist bei einer nationalen Marke ggf. einfacher zu realisieren.
  • Die nationale Marke ist im Vergleich zur Unionsmarke wegen deutlich weniger nationaler Rechte auch viel weniger angreifbar
  • Eine nationale Marke kann ggf. günstigere Ausschlussfristen vorsehen (soweit richtlinienkonform), z.B. Zehnjahresfrist gem. § 50 Abs. 2 S. 3 MarkenG.
  • Es existiert eine Bindung des Verletzungsrichter an die eingetragene Marke[3].
  • Zügigere Klageverfahren in nationalen Markensachen. Die Aussetzung des Verfahrens steht gem. § 148 ZPO im Ermessen des nationalen deutschen Gerichts. Gem. Art. 132 Abs. 1 UMV stellt sie bei Unionsmarkenstreitigkeiten hingegen die Regel dar.
  • Es stehen mehrere Gerichtsstände zur Auswahl.

Falls eine schnelle Registrierung einzelner nationaler Marken erforderlich ist, können diese auch parallel zur Unionsmarke angemeldet werden. Dabei sind entsprechende Mehrkosten zu berücksichtigen.

Die Regelungen zur Seniorität gem. Art. 39, 40 UMV ermöglichen verschiedene Kombinationen der Unionsmarke mit denen nationaler Marken. 

Internationale Registrierung

Sollen mehrere geographischen Geltungsbereiche abgedeckt werden, empfiehlt sich grundsätzlich die internationale Registrierung der Marke über die WIPO. Dies gilt auch für die vorgenannte Kombination einer nationalen Marke mit einer Unionsmarke. Auch die Unionsmarke sollte als internationale Registrierung angemeldet werden.[6] Die internationale Registrierung ist zunächst jedenfalls dann günstiger, wenn mehrere nationale Marken angemeldet werden. Außerdem bietet sie mit der Umwandlung Vorteile in denjenigen Fällen, in welchen Eintragungshindernisse auftreten. Insbesondere auf dem Gebiet der Europäischen Union lassen sich so relativ einfach einzelne nationale Teilmarken zur Eintragung bringen.  

Zusammenfassung

Die strategischen Überlegungen zum Geltungsbereich der Marke können wie folgt zusammengefasst werden:

ChecklisteCheckliste Geltungsbereich Marke

Diese Checkliste ergänzt die Checkliste Markenstrategie um die folgenden Thesen zum strategisch sinnvollen geographischen Geltungsbereich einer Marke. 

  1. Die nationale, z.B. deutsche Marke für den Heimatmarkt sollte immer angemeldet werden.
  2. Soweit Markenschutz mit Abdeckung in ganz Europa notwendig ist, sollte zusätzlich eine Unionsmarke angemeldet werden. Vorzugswürdig ist insoweit eine Anmeldung per internationaler Registrierung nach dem PMMA. 
  3. Soweit nur ein oder zwei Auslandsmärkte betroffen sind, kann eine Anmeldung direkt bei den zuständigen nationalen Markenämtern im Ausland erfolgen. Alternativ besteht die Möglichkeit der internationalen Registrierung nach dem PMMA.
  4. Bei Schutzbedarf für eine größere Anzahl an Auslandsmärkten (i.d.R. ab drei Ländern) erfolgt die internationalen Registrierung nach dem PMMA, soweit nicht ein europaweiter Schutz (s. Ziff. 2) erforderlich ist.

Beachte: Die vorgenannten Überlegungen sollen als grundlegende Orientierung dienen, die in vielen Fällen zu praktikablen Ergebnissen führen. Sie beanspruchen jedoch keine Allgemeingültigkeit. Abweichungen im individuellen Einzelfall sind möglich und müssen immer geprüft werden.

 


[3] Vgl. BGH, 18.09.2015, I ZR 228/12, Rn. 20 – Gelbe Wörterbücher. 

[6] So auch Hildebrandt, Marken und andere Kennzeichen, 6. Aufl. 2021 *, § 32 Rn. 16.

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