Preisunterbietung als gezielte Behinderung

Die Preisunterbietung ist eine Fallgruppe der gezielten Behinderung (§ 4 Nr. 4 UWG). Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Preisunterbietung als Absatz- und Bezugsstörung wettbewerbswidrig und damit unzulässig sein. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass eine Preisunterbietung im Grundsatz zulässig ist. Preise können im Extremfall sogar auf 0 EUR reduziert und die Ware damit verschenkt werden, ohne dass dies wettbewerbsrechtlich zu beanstanden wäre. 

Die Preisunterbietung als solche ist grundsätzlich nicht unlauter. Preiswettbewerb ist die zentrale Erscheinungsform des wirksamen Wettbewerbes. Wer die Preise der Konkurrenz unterbietet zeigt primär seine unternehmerische Leistungsfähigkeit, auch wenn damit zugleich die Mitbewerber behindert werden. Dies stellt grundsätzlich keine gezielten Behinderung i.S.v. § 4 Nr. 4 UWG dar.[1] Letztlich bleibt es einem Kaufmann unbenommen, seine Ware auch zu verschenken.

Die Preisunterbietung kann unter speziellen Voraussetzungen allerdings unzulässig sein.

Hierzu gehören zunächst Vorgaben des Kartellrechts. Soweit mehrere Unternehmen gemeinsam vereinbaren, den Preis eines Konkurrenten zu unterbieten, liegt darin ein Verstoß gegen Art 101 Abs. 1 AEUV, § 1 GWB und somit eine unzulässige wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung vor. Der Benrather-Tankstellenfall[2] aus dem Jahre 1931 dient hierfür als Beispiel für eine unlautere Preispolitik: In einem Gebiet gibt es lediglich eine „freie" Tankstelle. Die Mineralölkonzerne senken ihre Preise daraufhin speziell in diesem Gebiet stets auf das Niveau, dass auch die „freie" Tankstelle anpeilt. Schließlich unterbieten sie die „freie" Tankstelle, woraufhin diese aufgeben und schließen muss.

Eine derartige Preisunterbietung in Verdrängungsabsicht stellt nach h.M. zugleich eine nach § 4 Nr. 4 UWG unzulässige gezielten individuellen Mitbewerberbehinderung dar.[3] Voraussetzung hierfür ist, dass

  1. der angebotene Preis unter den Selbstkosten (= Einstandspreis plus Gemeinkosten) liegt,
  2. eine objektive Eignung des Angebots, den Mitbewerber vom Markt zu verdrängen (ausreichende Marktmacht des Anbieters) vorhanden ist und
  3. der Zweck der Preisunterbietung darin besteht, den Mitbewerber vom Markt zu verdrängen. 

Um beurteilen zu können, ob die geschäftliche Handlung zu einer Verdrängung oder Vernichtung von Mitbewerbern führen soll, ist auf die Marktstruktur und die Bedeutung der Maßnahme für den Markt abzustellen. Es kommt dabei auf eine Vielzahl von Faktoren an, die im Einzelfall zu beurteilen sind. Beispielsweise kann ein kleiner Neuling auf einem Markt für die Einführung eines Produktes eine aggressivere Preispolitik betreiben, als ein etablierter Monopolist.

Der behinderte Mitbewerber trägt für die Verdrängungsabsicht die Darlegungs- und Beweislast. Dies bereitet in der Praxis regelmäßig Schwierigkeiten. 


[1] Vgl. BGH, 31.01.1979, I ZR 21/77, GRUR 79, 321, 323 – Verkauf unter Einstandspreis I; BGH, 10.12.1985, KZR 22/85, GRUR 86, 397, 399 – Abwehrblatt II; BGH, 30.03.2006, I ZR 144/03, GRUR 06, 596 Rn 13 – 10% billiger; BGH, 02.10.2008, I ZR 48/06, GRUR 2009, 416 Tz. 13 - Küchentiefstpreisgarantie; BGH, 29.03.2018, I ZR 34/17, GRUR 2018, 946 Tz. 46 - Bonusaktion für Taxi App

[2] Vgl. RGZ 134, 342.

[3] Vgl. RGZ 134, 342, 354f – Benrather Tankstellenfall, bestätigt in BGH, 31.01.1979, I ZR 21/77,  GRUR 79, 321, 322 – Verkauf unter Einstandspreis I; BGH, 29.06.2000, I ZR 128/98, GRUR 01, 80, 81 – Ad-hoc-Meldung; BGH, 26.04.1990, I ZR 71/88, GRUR 90, 685, 686 – Anzeigenpreis I

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