Produktbezogene Marktverhaltensregelungen

Marktverhaltensregelung produktbezogenProduktbezogene Marktverhaltensregelungen sind eine von mehreren Kategorien einer Marktverhaltensregelung i.S.d. § 3a UWG. Ausgangspunkt sind unterschiedliche Produkte. Regelungsbereiche berufsbezogener Marktverhaltensregelungen betreffen neben Werbebeschränkungen insbesondere produktbezogene Informationspflichten. Letztere machen spezifische Vorgaben für die Kommukation beim Vertrieb von Waren, Dienstleistungen, Energie etc. Abhängig vom konkreten Produkt finden sich umfangreiche Regelungen in speziellen Gesetzen oder Verordnungen. Die Regelungen sind nicht zuletzt wegen der regelmäßig vorhandenen leichten Nachweisbarkeit von Verstößen von hoher wettbewerbsrechtlicher Bedeutung. 

Übersicht

Auswahl bisher relevanter Produkte und produktbezogener Marktverhaltensregelungen:

  • Arzneimittel
    • Arzneimittelgesetz (AMG)
  • Autos
    • VO über Verbraucherinformationen zu Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen neuer Personenkraftwagen (Pkw-EnVKV)
  • Chemikalien
    • Chemikaliengesetz (ChemG)
  • Elektrogeräte
    • Gesetz über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die umweltverträgliche Entsorgung von Elektro- und Elektronikgeräten (ElektroG)
    • EnergieverbrauchskennzeichnungsVO (EnVKV)
    • Energieeffizienz-Vorschriften der EU
    • VO über energiesparenden Wärmeschutz und energiesparende Anlagetechnik bei Gebäuden (EnEV)
    • Delegierte Verordnung (EU) Nr. 626/2011
  • Glückspiel
    • §§ 4 – 8 Glückspielstaatsvertrag (GlüStV)
  • Heilmittel, Medizinprodukte
    • Heilmittelwerbegesetz (HWG)
    • Medizinproduktegesetz (MPG)
  • Lebensmittel, Futtermittel, Kosmetika pp.
    • Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch (LFBG)
    • Health-Claims-Verordnung (HCVO)
    • Fertigpackungsverordnung (FertigpackungsV)
    • Kosmetikverordnung (KosmetikV)
    • LebensmittelinformationsVO (LMIV)
    • Mineral- und Tafelwasser-VO (MTVO)
    • Öko–KennzeichenG (ÖkoKennzG)
    • VO über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen
  • Presse, Rundfunk
    • Landespressegesetze
    • Rundfunkstaatsvertrag
  • Tabakerzeugnisse
    • §§ 18 – 21 Tabakerzeugnisverordnung(TabakerzV)
  • Textilien
    • Textilkennzeichnungsgesetz (TextilKennzG)
    • Textilkennzeichnungsverordnung (TextilKennzVO)
  • Wein
    • § 25 Weingesetz (WeinG)

Zwischenzeitlich ist zu berücksichtigen, dass in Fällen der Verletzung einer Informationspflicht in Bezug auf kommerzielle Kommunikation die Unlauterkeit allein nach § 5a Abs. 2 und 4 UWG und nicht mehr nach § 3a UWG zu beurteilen ist. Der BGH hat seine Rechtsprechung vom 31.10.2013, I ZR 139/12  - 2 Flaschen GRATIS aufgegeben.[10] Bei kommerzieller Kommunikation handelt es sich ausweislich Art. 2 lit. f E-Commerce-RL um alle Formen der Kommunikation, die der unmittelbaren oder mittelbaren Förderung des Absatzes von Waren und Dienstleistungen oder des Erscheinungsbilds eines Unternehmens, einer Organisation oder einer natürlichen Person dienen, die eine Tätigkeit in Handel, Gewerbe oder Handwerk oder einen reglementierten Beruf ausübt.In diesen Fällen sind die bisherigen Regelungsbereiche des § 3a UWG entsprechend anzupassen und Wettbewerbsverstöße ausschließlich nach § 5a UWG zu prüfen.

Produktkennzeichnung

Produkte müssen häufig in einer bestimmten Art gekennzeichnet werden. Diesbezügliche Kennzeichnungspflichten werden in einer Vielzahl an Spezialgesetzen geregelt. Diese Kennzeichnungspflichten stellen Marktverhaltensregelungen i.S.d. § 3a UWG dar. Verstöße führen zur Unlauterkeit, soweit der Verstoß geschäftlich relevant ist.

Insbesondere die folgenden gesetzlichen Regelungen enthalten spezielle Produktkennzeichnungspflichten:

  • Arzneimittelgesetz (AMG)
  • Chemikaliengesetz (ChemG)
  • Gesetz über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die umweltverträgliche Entsorgung von Elektro- und Elektronikgeräten (ElektroG)
  • Fertigpackungsverordnung (FertigpackungsV)
  • Kosmetikverordnung (KosmetikV)
  • Landespressegesetze
  • LebensmittelinformationsVO (LMIV)
  • Medizinproduktegesetz (MPG)
  • Mess- und EichG (MessEG)
  • Gesetz über Einheiten im Messwesen und die Zeitbestimmung (EinhZeitG)
  • Mineral- und Tafelwasser-VO (MTVO)
  • Öko–KennzeichenG (ÖkoKennzG)
  • VO über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen
  • Verordnung über Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse (Tabakerzeugnisverordnung – TabakerzV)
  • Textilkennzeichnungsverordnung und Textilkennzeichnungsgesetz

Energieverbrauch

Energieverbrauchskennzeichnungspflichten stellen regelmäßig ebenfalls Marktverhaltensregelungen i.S.d. § 3a UWG dar. Die fehlende oder fehlerhafte Energieverbrauchskennzeichnung führt damit ebenfalls regelmäßig zu einem Wettbewerbsverstoß.

U.a. folgende gesetzliche Regelungen zu Energieverbrauchskennzeichnungspflicht sind zu berücksichtigen:

  • VO über Verbraucherinformationen zu Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen neuer Personenkraftwagen (Pkw-EnVKV)[1]
  • EnergieverbrauchskennzeichnungsVO (EnVKV)
  • Energieeffizienz-Vorschriften der EU[2], z.B. Art. 4 lit. c EU-Luftkonditionierer-Kennzeichnungsverordnung VO (EU) 626/2011
  • VO über energiesparenden Wärmeschutz und energiesparende Anlagetechnik bei Gebäuden (EnEV)

Werbeaktivitäten auf YouTube müssen die einschlägigen Energieverbrauchs-kennzeichnungspflichten beachten.[4] Es handelt sich insoweit nicht um einen privilegierten Hörfunkdienste oder einen audiovisuellen Mediendienst.

Die Energieeffizienzklasse eines in einem Onlineshop beworbenen Produkts muss nicht auf derselben Internetseite wie die preisbezogene Werbung angeben werden. Es kann auch auf einer Internetseite angeführt sein, die sich nach Anklicken eines Links öffnet, der in der Nähe der preisbezogenen Werbung angebracht und klar und deutlich als elektronischer Verweis auf die Angabe der Effizienzklasse zu erkennen ist. Ein nur allgemein mit „Mehr zum Artikel“ bezeichneter Link reicht hierfür allerdings nicht aus.[5]

Sonstige Informationspflichten

Auch die folgenden Informationspflichten sind als Marktverhaltensregelungen i.S.d. § 3a UWG anerkannt:

  • Warnhinweisen aus dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherungspflicht 823 Abs. 1 BGB[6]
  • Verhaltensregeln im Wertpapierhandel, § 63 Abs. 7, 64 WpHG, konkretisiert durch § 4 WpDVerOV[7]
  • Hinweise auf kostenlose Rückgabe von Altöl,  8 Abs. 1 S. 2 AltölVO[8]
  • Informationen zu Energieträgermix und Umweltauswirkungen von Strom, § 42 Abs. 1 und 2 EnWG[9]

[1] Vgl. BGH, 05.03.2015, I ZR 164/13, GRUR 2015, 1017 Rn. 13 = WRP 2015, 1087 – Neue Personenkraftwagen II; BGH, 12.01.2017, I ZR 117/15, GRUR 2018, 1258, Rn. 21 – YouTube-Werbekanal II.

[2] Zu Einzelheiten s. Köhler/ Bornkamm/ Feddersen/ Köhler, 39. Aufl. 2019, UWG § 3a Rn. 1.213b.

[4] Vgl. BGH, 12.01.2017, I ZR 117/15, GRUR 2018, 1258 – YouTube-Werbekanal II.

[5] Vgl. BGH, 06.04.2017, I ZR 159/16, GRUR 2017, 928 – Energieeffizienzklasse II.

[6] Zu Einzelheiten s. Köhler/ Bornkamm/ Feddersen/ Köhler, 39. Aufl. 2019, UWG § 3a Rn. 1.193

[7] Vgl. Köhler/ Bornkamm/ Feddersen/ Köhler, 39. Aufl. 2019, UWG § 3a Rn. 1.214.

[8] Vgl. Köhler/ Bornkamm/ Feddersen/ Köhler, 39. Aufl. 2019, UWG § 3a Rn. 1.215.

[9] Vgl. Köhler/ Bornkamm/ Feddersen/ Köhler, 39. Aufl. 2019, UWG § 3a Rn. 1.216.

[10] Vgl. BGH, 7.4.2022, I ZR 143/19, Rn. 20 ff., 23 ff. – Knuspermüsli II; BGH, 19.5.2022, I ZR 69/21, Rn. 60 - Grundpreisangabe im Internet.

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