elektronische Kommunikation
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Finanzamt kennt eigenes elektronische Behördenpostfach (beBPo) nicht

Für eine Mandantin hatten wir Einspruch gegen verschiedene Steuerbescheide eingelegt und die Aussetzung der Vollziehung (AdV) beantragt. Dabei verwendeten wir ausschließlich digitale Kommunikationswege, einschließlich einer qualifizierten elektronischen Signatur, ganz so, wie es das Gesetz vorsieht. Die Kommunikation erfolgte verschlüsselt vom besonderen Anwaltspostfach (beA) des bearbeitenden Anwalts an das besondere Behördenpostfach (beBPo) des zuständigen Finanzamts. Eigentlich eine mittlerweile gängige und zeitgemäße Kommunikationsform - dachten wir. Nachdem wir längere Zeit keine Reaktion vom Finanzamt erhalten hatten, fragten wir dort nach. Aufgrund einer gewissen unbestimmten Vorahnung erfolgte die Nachfrage tatsächlich per Fax. Hierauf reagierte das Finanzamt dann. Es teilte uns mit, dass ein Einspruch und ein AdV-Antrag gegen die Steuerbescheide nicht eingegangen seien und nun ohnehin die Einspruchsfrist abgelaufen sei. Unsere Mandantin müsse die Steuern - ein erheblicher sechstelliger Betrag - nun bezahlen. Wir riefen daraufhin das Finanzgericht an. Das Finanzgericht ist unserer Rechtsansicht uneingeschränkt gefolgt und hat dem Finanzamt die technischen und rechtlichen Zusammenhänge in einem ausführlichen Beschluss erläutert. Unser Einspruch und AdV-Antrag wurden form- und fristgerecht beim Finanzamt eingereicht. Wie sich herausstellte war es das Finanzamt, das sein eigenes elektronische Behördenpostfach (beBPo) nicht kannte

In seinem Beschluss vom 25.09.2019, 7 V 7130/19, hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg zum elektronische Behördenpostfach (beBPo) des angerufenen Finanzamts u.a. ausgeführt:

"Die Übersendung des Einspruchsschreibens vom beA des Bevollmächtigten der Antragstellerin auf ein beBPo des Antragsgegners war geeignet, die Einspruchsfrist zu wahren.

(1) Die Antragstellerin hat ihren Einspruch formell ordnungsgemäß elektronisch versandt.

(a) Nach § 357 Abs. 1 Satz 1 und 2 AO ist der Einspruch schriftlich oder elektronisch ein- zureichen oder zur Niederschrift zu erklären, wobei ausreicht, dass aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. In welcher Weise ein Einspruch elektronisch einzulegen ist, regelt § 357 AO nicht. Dies ergibt sich vielmehr aus § 87a AO, der allgemein die elektronische Kommunikation mit den Finanzbehörden regelt (vgl. z.B. Bartone in Gosch, AO/FGO, Stand: 128. Erg.-Lfg. Dezember 2016, § 355 AO Rn 23).

Nach § 87a Abs. 1 Satz 1 AO ist die Übermittlung elektronischer Dokumente zulässig, soweit der Empfänger hierfür einen Zugang eröffnet. Wie die Antragstellerin zutreffend vorgetragen hat, kann die Zugangseröffnung nach der Verwaltungsauffassung durch ausdrückliche Erklärung oder konkludent sowie generell oder nur für bestimmte Fälle erfolgen. Dem hat sich die einhellige Auffassung im Schrifttum angeschlossen (Brandis in Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand: Lfg. 147 Januar 2017, § 87a AO Rn 4; Schmieszek in Gosch, AO/FGO, Stand: 135. Erg.-Lfg. Oktober 2017, § 87a AO Rn 48 ff.; Klein/Rätke, AO, 14. Aufl. 2018, § 87a Rn 12; Thürmer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, Stand: § 87a AO Rn 57; Kobor in Pfirrmann/Rosenke/Wagner, BeckOK AO, Stand: 9. Edition 01.07.2019, § 87a Rn 5; vgl. auch BFH, Urteil vom 13.05.2015 III R 26/14, BStBI Il 2015, 790). Auch das Gericht folgt dieser aus dem Wortlaut sowie dem Sinn und Zweck der Regelung folgerichtigen Auffassung.

(b) Im Streitfall hat der Antragsgegner für von einem beA übersandte Dokumente den Zugang auf einem von ihm unterhaltenen beBPo konkludent eröffnet."

Bei der von uns erwirkten Entscheidung des FG Berlin-Brandenburg handelt es sich um einer der ersten Entscheidungen im Zusammenhang mit der Frage digitaler Kommunikationswege zur Finanzverwaltung. Das Finanzgericht hat insoweit 

"die Beschwerde gemäß 128 Abs. 3 FGO i.V. mit § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen, weil zur Frage der Einspruchseinlegung vom beA über ein beBPo noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung vorliegt."

Eine Beschwerde hat das Finanzamt allerdings nicht eingelegt. 

Nachtrag:

Die Entscheidung des Finanzgerichts betraf nicht nur die wichtigen (Vor-) Fragen des Zugangs von Einspruch und AdV-Antrag. Auch in der Sache bezog das Finanzgericht deutlich Position und bestätigte unsere Rechtsansicht, wonach die dem Rechtsstreit zugrundeliegende Schätzung in der Betriebsprüfung rechtswidrig ist. Auf der Grundlage der durch den Beschluss des Finanzgerichts getroffenen Vorentscheidungen konnten wir dann das Einspruchsverfahren zugunsten unserer Mandantin erfolgreich abschließen. Weitere Einzelheiten zum Abschluss des Einspruchsverfahrens in dieser Sache >

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