Herkunftstäuschung, § 4 Nr. 3 lit. a. UWG

Die Herkunftstäuschung gem. § 4 Nr. 3 lit. a. UWG ist eine der Fallgruppen, welche die Unlauterkeit der Nachahmung begründen. Aus dem Grundsatz der Nachahmungsfreiheit folgt, dass die Nachahmung von Erzeugnissen nur dann unlauter sein kann, wenn besondere Umstände wie exemplarisch in § 4 Nr. 3 lit. a. – c. UWG dargestellt hinzutreten, welche die grundsätzlich zulässige Nachahmung ausnahmsweise als unlauter erscheinen lassen.

Herkunftstäuschung

Nach § 4 Nr. 3 lit. a. UWG kann die Unlauterkeit der Nachahmung dadurch begründet werden, dass der Nachahmer eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt. Eine solche liegt vor, wenn die angesprochenen Verkehrskreise zum Zeitpunkt der Kaufentscheidung den Eindruck gewinnen können, dass die Nachahmung vom Hersteller des Originalproduktes oder von einem mit ihm (z.B. durch die Gewährung einer Lizenz) verbundenen Unternehmen stammt Nicht ausreichend ist es hingegen, wenn der Kaufinteressierte das nachgeahmte Produkt lediglich mit dem Original gedanklich in Verbindung bringt.[1]

Die Begriffe Ware und Dienstleistung sind weit auszulegen. Auch Werbeslogans können hierunter fallen und sind vor einer wettbewerbsrechtlich unzulässigen Nachahmung geschützt. Bloße Ideen werden jedoch weder durch die spezielleren Schutzrechte (Urheberrecht-, Patentrecht-, Markenrecht), noch durch das UWG geschützt.

Zu unterscheiden sind die unmittelbare Herkunftstäuschung und die mittelbare Herkunftstäuschung (Herkunftstäuschung im weiteren Sinn). Bei der unmittelbaren Herkunftstäuschung nehmen die angesprochenen Verkehrskreise an, dass es sich bei der Nachahmung um das Originalprodukt handelt. Bei der mittelbaren Herkunftstäuschung hält der Verkehr die Nachahmung für eine neue Serie oder ein unter einer Zweitmarke vertriebenes Produkt des Originalherstellers oder er geht von geschäftlichen oder organisatorischen (z.B. wie lizenz- oder gesellschaftsvertraglichen) Beziehungen zwischen den beteiligten Unternehmen aus.[2]

Vermeidbarkeit

Der Hersteller des nachgeahmten Produktes ist grundsätzlich verpflichtet, eine Verwechslungsgefahr, durch geeignete und zumutbare Maßnahmen zu vermeiden.[3] Bei der Prüfung, ob durch eine Nachahmung eine vermeidbare Herkunftstäuschung hervorgerufen wird, ist auf den Zeitpunkt der Markteinführung der Nachahmung abzustellen.[10]

Welche Maßnahmen zur Vermeidung einer Verwechslungsgefahr geeignet sind, hängt von der Art des Produktes und der Verkaufssituation ab. Generell geeignet sind deutliche Unterschiede in der Form- oder Farbwahl, die Verwendung unterschiedlicher Materialien oder einer anderen Verpackungsgestaltung sowie das Anbringen von hinreichend sichtbaren Kennzeichen des Nachahmers.[4] Generell gilt in diesem Zusammenhang:

„Je größer die wettbewerbliche Eigenart und je höher der Grad der Übernahme sind, desto geringere Anforderungen sind an die besonderen Umstände zu stellen, die die Unlauterkeit der Nachahmung begründen und umgekehrt“.[5]

Bei der Zumutbarkeit der Maßnahme ist zwischen technischen und ästhetischen Merkmalen des Originals zu unterscheiden. Da der bekannte Stand der Technik und alle vorhandenen Kenntnisse und Erfahrungen von jedermann genutzt werden dürfen, kann der Nachahmer diese gemeinfreien technischen Lösungen auch stets verwenden, ohne unlauter zu handeln. Er muss sich nicht darauf verweisen lassen, eine andere, möglicherweise weniger erprobte technische Lösung zu verwenden.[6] 

Darüber hinaus darf er auch die Erwartungen seiner Abnehmer und die Verkäuflichkeit seines Erzeugnisses berücksichtigen und daher alle technischen Merkmale des Originalproduktes übernehmen, die sich als angemessene technische Lösung darstellen.[7] Im besonderen Fall von Produkten, deren Nutzung die Herstellung von Kompatibilität erfordert, (z.B. Druckerpatronen, Disketten, Glühbirnen) darf der Nachahmer – vorbehaltlich eines Sonderrechtsschutzes – auch die dafür erforderlichen Merkmale übernehmen.[8] Da bei ästhetischen Merkmalen in der Regel ein größerer Spielraum für Abweichungen besteht, sind dem Nachahmer insoweit in der Regel weitgehende Abweichungen zuzumuten. 

Im Falle des Onlinevertriebs kann ggf. die Anbringung einer sich vom Original unterscheidenden Kennzeichnung im Online-Shop ausreichen, um eine Herkunftstäuschung zu vermeiden.[9]


[1] Vgl. BGH, 28.10.2004, I ZR 326/01, GRUR 2005, 166, 170 – Puppenausstattungen.

[2] Vgl. BGH, 20.09.2018, I ZR 71/17, GRUR 2019, 196, Rn. 15 – Industrienähmaschinen m.w.N.

[3] St. Rspr., s. z.B. BGH, 28.10.2004, I ZR 326/01, GRUR 2005, 166, 167 – Puppenausstattungen.

[4] Ausführliche Nachweise bei Köhler/Bornkamm/Feddersen, Köhler, UWG, 39. Aufl. 2020 *, UWG § 4 Rn 3.46. Umfassende Interessenabwägung z.B. bei BGH, 14.09.2017, I ZR 2/16, GRUR 2017, 1135 Tz. 39 - Leuchtballon.

[5] Vgl. BGH, 20.09.2018, I ZR 71/17, GRUR 2019, 196, Rn. 11 – Industrienähmaschinen.

[6] Vgl. BGH, 12.07.2001, I ZR 40/99, GRUR 2002, 86, 90 – Laubhefter.

[7] Vgl. BGH, 12.07.2001, I ZR 40/99, GRUR 2002, 86, 90 – Laubhefter.; ausführlich Köhler/Bornkamm/Feddersen, Köhler, UWG, 39. Aufl. 2020 *, UWG § 4 Rn 3.49.

[8] Vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen, Köhler, UWG, 39. Aufl. 2020 *, UWG § 4 Rn 3.50 m.w.N.

[9] Vgl. BGH, 1.7.2021, I ZR 137/20 – Kaffeebereiter.

[10] Vgl.  BGH, 1.7.2021, I ZR 137/20 – Kaffeebereiter.

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