Nachahmung anbieten

Im Rahmen des lauterkeitsrechtlichen Nachahmungsschutzes nach § 4 Nr. 3 UWG kommt ein Wettbewerbsverstoß nur in Betracht, wenn der Verletzer eine Nachahmung im Sinne dieser Vorschrift anbietet. Es können dabei die identische, die fast identische und die nachschaffende Übernahme unterschieden werden. 

Formen der Nachahmung

Der Tatbestand des lauterkeitsrechtlichen Nachahmungsschutzes nach § 4 Nr. 3 UWG setzt eine Nachahmung voraus, wobei die Rechtsprechung üblicherweise zwischen drei Formen der Nachahmung unterscheidet:

  • identische Übernahme / Imitation
  • fast identische Übernahme
  • nachschaffende Übernahme

Zunächst kann der Nachahmer das Originalprodukt (insbesondere unter Zuhilfenahme technischer Mittel wie z.B. Scanner) identisch übernehmen. Dieser Fall (Imitation) ist vor allem bei der Übernahme von Datensammlungen wie z.B. Adressdatenbanken oder Telefonbucheinträgen anzutreffen.

Wesentlich häufiger ist der Fall der fast identischen Übernahme, bei dem nur geringe, kaum ins Gewicht fallende Abweichungen zum Original bestehen.

Eine nachschaffende Übernahme liegt vor, wenn das fremde Leistungsergebnis als Vorbild für ein eigenes Produkt verwendet wird, welches sich an das Original mehr oder minder eng anlehnt. Die Unterscheidung zwischen diesen Formen der Nachahmung ist deswegen von Bedeutung, weil eine Wechselwirkung zwischen dem Grad der Übernahme und den Anforderungen an die sonstigen, die Unlauterkeit begründenden Merkmale besteht (dazu sogleich).

Für die Beurteilung der Übereinstimmung ist grundsätzlich auf den Gesamteindruck abzustellen, den Original und Nachahmung dem Betrachter vermitteln. Dabei kommt es darauf an, dass der Nachahmer gerade die Merkmale übernommen hat, aus denen sich die wettbewerbliche Eigenart des Originals ergibt und die geeignet sind, auf die betriebliche Herkunft hinzuweisen.[1] Übereinstimmungen, denen der Verkehr keine herkunftshinweisende Bedeutung beimisst, sind unbeachtlich und dürfen auch zur Beurteilung der Übereinstimmung nicht herangezogen werden. Dies gilt auch für Merkmale, deren Nachahmung technisch notwendig und daher unvermeidbar ist.

Wechselwirkung

In allen drei Fällen der Nachahmung ist zu beachten, dass zwischen

  • den besonderen, die Unlauterkeit begründenden Umständen,
  • dem Grad der wettbewerblichen Eigenart und
  • dem Grad der Nachahmungsintensität

eine Wechselwirkung besteht. Bei der Nachahmung eines in hohem Maße originellen und neuen Produktes, welches eine entsprechend hohe wettbewerbliche Eigenart aufweist, sind einerseits an Verwechslungsgefahr und den Grad der Nachahmung nur geringe Anforderungen zu stellen. Andererseits muss ein banales Erzeugnis, welches über nur wenig wettbewerbliche Eigenart verfügt, identisch nachgeahmt werden und zugleich eine erhebliche Ausnutzung seiner Wertschätzung oder eine besonders unredliche Kenntniserlangung vorliegen, damit die Nachahmung unlauter ist.[2]

Erfolgt die nachschaffende Übernahme unter Verwendung einer dem Stand der Technik entsprechenden angemessenen technischen Lösung, dann kann eine verbleibende Herkunftstäuschung ggf. hinzunehmen sein, falls der Nachahmer die ihm zumutbaren Maßnahmen trifft, um einer Herkunftstäuschung entgegenzuwirken.[3]

Subjektive Elemente

Der Nachahmungsakt ist stets in einer Übernahme derjenigen Elemente begründet, die die wettbewerbliche Eigenart des nachgeahmten Produktes gerade ausmachen. Angesichts der Vielfalt der bekannten Formen bedarf es zu einer Nachahmung neben diesem objektiven Element noch eines zusätzlichen Nachahmungsvorsatzes. Unbewusstes Übernehmen der wesentlichen Gestaltungsmerkmale gibt es nicht

Da nach dem Wortlaut des § 4 Nr. 3 das Vorliegen einer Nachahmung zwingende Tatbestandsvoraussetzung ist, kann sich der (vermeintliche) Nachahmer grundsätzlich darauf berufen, dass er sein Produkt in Unkenntnis des Originalproduktes konzipiert habe. Ähnlich wie beim urheberrechtlichen Problem der Doppelschöpfung geht die Rechtsprechung jedoch von einer widerleglichen Vermutung der Kenntnis aus, wenn der Nachahmer mit seinem Produkt zeitlich später als der Originalhersteller auf den Markt gelangt.[4] Gleichwohl kann dieser Aspekt insbesondere bei grenzüberschreitenden Sachverhalten Probleme bereiten.

Anbieten

Der Anwendungsbereich des § 4 Nr. 3 ist auf das Anbieten der Nachahmung beschränkt, wobei der Begriff jede Handlung umfasst, die auf den Vertrieb gerichtet ist, also auch die Auslieferung an Zwischenhändler sowie jede Form der Werbung.[5]

Die Herstellung oder der Import ist von der Vorschrift nicht umfasst; eine erweiternde Auslegung wäre aufgrund des eindeutigen Wortlautes kaum möglich. Hintergrund für diese Einschränkung ist, dass Herstellung und Import keine geschäftlichen Handlungen i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG darstellen, an welche das UWG jedoch ausschließlich anknüpft. Den vollständigen Ausschluss Dritter von der Nutzung einer Gestaltung gewährleistet nur der Schutz des Immaterialgüterrechts.


[1] Vgl. BGH, 06.05.1999, I ZR 199/96 und I ZR 5/97, GRUR 1999, 923, 926 – Tele-Info-CD; BGH, 15.06.2000, I ZR 90/98, GRUR 2001, 253 – Messerkennzeichnung; BGH, 02.12.2015, I ZR 176/14, GRUR 2016, 730, Tz. 47 - Herrnhuter Stern; BGH, 14.09.2017, I ZR 2/16, GRUR 2017, 1135 Tz. 29 f. - Leuchtballon.

[2] Zum Ganzen Köhler/Bornkamm/Feddersen, Köhler, UWG, 39. Aufl. 2020, UWG § 4 Rn 3.69; Fezer/Büscher/Obergfell/Götting, Hetmank, 3. Aufl. 2016, UWG § 4 Nr. 3 Rn. 115 f.

[3] Vgl. BGH, 14.09.2017, I ZR 2/16, GRUR 2017, 1135 Tz. 29 f. - Leuchtballon.

[4] Vgl. BGH, 06.11.1997, I ZR 102/95, GRUR 1998, 477 – Trachtenjanker.

[5] Vgl. BGH, 15.05.2003, I ZR 214/00, GRUR 2003, 892, 893 – Alt Luxemburg. 

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