Umwandlung von Unionsmarken, Art. 139 ff. UMV

Angemeldete und eingetragene Unionsmarken, deren Schutz endet, können nach Art. 139 ff. UMV unter Wahrung ihres Zeitrangs in nationale Markenanmeldungen in den Mitgliedsstaaten der EU umgewandelt werden. In den Art. 22 und 23 UMDV finden sich hierzu nähere Ausführungsbestimmungen. Die Möglichkeit der Umwandlung ist von erheblicher praktischer Bedeutung, weil Anmelder beim Scheitern einer Unionsmarkenanmeldung die Möglichkeit behalten, ohne Prioritätsverlust auf nationale Marken umzusteigen. 

Voraussetzungen

Die Umwandlung ist nach Art. 139 Abs. 1 UMV zulässig, soweit eine Unionsmarkenanmeldung 

  • zurückgenommenoder 
  • zurückgewiesen worden ist oder 
  • als zurückgenommen gilt (z.B. weil Klassengebührennicht fristgerecht gezahlt worden sind) oder
  • eine bereits eingetragene Unionsmarke ihre Wirkungverliert wegen

Mit dem Beitritt der Europäischen Union zum Madrider Protokoll (PMMA) sind weitere Umwandlungsgründe hinzugekommen; die Umwandlung ist auch möglich, wenn

  • der Schutz einer internationalen Registrierung, die die EU benennt, rechtskräftig durch das EUIPO zurückgewiesen worden ist,
  • die Wirkung der internationalen Registrierung vom Amtoder einem Unionsmarkengerichtfür nichtig erklärt worden ist, 
  • ein Verzichtauf die Benennung der EU oder eine Löschungder internationalen Registrierung im internationalen Register eingetragen wurde oder 
  • das EUIPO von der WIPO unterrichtet wurde, dass die internationale Registrierung nicht erneuert wurde.

Beachte: Der Begriff „Umwandlung“ wird auch in Art. 9quinquies PMMA benutzt. Es gibt damit verschiedene Vorgänge, die als „Umwandlung“ bezeichnet werden. Aufgrund der unterschiedlichen Verfahrensabläufe ist sorgfältig darauf zu achten, welche „Umwandlung“ vorgenommen wird.

Eine Umwandlung einer Unionsmarke ist allerdings in der Regel ausgeschlossen, wenn diese wegen mangelnder Benutzung für verfallen erklärt worden ist, Art. 139 Abs. 2 lit. a. UMV. Einzige (Gegen-) Ausnahme: In dem Mitgliedsstaat, für den die Umwandlung beantragt wird, hat eine Benutzung stattgefunden, die zwar für die Aufrechterhaltung der Marke in diesem Mitgliedsstaat ausreichen würde, nicht aber für die Aufrechterhaltung des Schutzes der Unionsmarke (praktisch selten). 

Ferner ist eine Umwandlung nicht möglich für Mitgliedsstaaten, in denen aufgrund einer bestandskräftigen bzw. einer rechtskräftigen Entscheidung des Amtes oder eines Gerichts ein Eintragungshindernis oder Verfalls- oder Nichtigkeitsgrund besteht, Art. 139 Abs. 2 lit. b. UMV. Das Umwandlungsverfahren kann also nicht dafür genutzt werden, unanfechtbare Entscheidungen zu umgehen. In der Praxis ist dabei zu beachten, dass diese „Umwandlungssperre“ auch dann eingreifen kann, wenn das Amt zu dem Ergebnis kommt, dass die angemeldete Marke zwar der englischen Sprache entstammt, aber so trivial ist, dass wirklich jeder (und zwar EU-weit) sie als glatt beschreibende Sachangabe versteht. In einem solchen Fall kann es sein, dass das Amt eine Umwandlung nicht oder nicht überall in der EU zulässt. 

Praxistipp: Droht ein solcher Fall einzutreten, sollte deshalb nicht gewartet werden, bis das Amt eine Entscheidung über die Eintragungshindernisse erlassen hat. Vielmehr sollte möglichst schnell die Zurücknahme der Anmeldung erfolgen, um sicherzustellen, dass das Amt die Zurücknahme der Anmeldung und nicht die Zurückweisung wegen absoluter Eintragungshindernisse als Grundlage der beantragten Umwandlung ansieht. 

Noch nicht abschließend geklärt ist die Frage, ob bei einer erstinstanzlichen Zurückweisung und einer Zurücknahme im Rechtsmittelverfahren eine Umwandlung zulässig ist. In der Praxis wird allerdings sogar eine Umwandlung akzeptiert, die auf einer Zurücknahme der Anmeldung während der Rechtsmittelfrist beruht. Die Einlegung eines Rechtsmittels ist nach dieser Praxis entbehrlich und eine Umwandlung ist ohne Einschränkungen möglich. Das materielle Hindernis bleibt dabei allerdings bestehen, so dass sich immer die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer solchen Umwandlung stellt, wenn z.B. in dem jeweiligen Land eine ältere Marke besteht, aus der beim EUIPO erfolgreich Widerspruch eingelegt worden war.

Wirkungen

Einer nationalen Marke, die aus einem Umwandlungsantrag hervorgeht, kommt als Anmeldetag der Anmeldetag (oder Prioritätstag) der Unionsmarkenanmeldung oder -eintragung zu, Art. 139 Abs. 3 UMV. 

Außerdem genießt die Anmeldung in dem betroffenen Mitgliedsstaat den Zeitrang, der nach Art. 39 oder 40 UMV in Anspruch genommen wurde. Bei einer teilweisen Zeitrangbeanspruchung bzw. einer teilweisen Prioritätsbeanspruchung kommt der nationalen Marke dann ein gespaltener Zeitrang zu (für Waren, für die kein Zeitrang oder keine Priorität in Anspruch genommen worden ist, der Anmeldetag der Unionsmarkenanmeldung, im Übrigen der Zeitrang der älteren nationalen Marke oder prioritätsbegründenden Voranmeldung). 

Allerdings ist umstritten, ob die nationale Marke eine Fortsetzung der Unionsmarke oder absolut wesensverschieden ist. Der BGH hat sich für letztere Auffassung entschieden und gewährt einer nationalen Marke als Resultat einer Umwandlung nur einen verbesserten Zeitrang, während alle anderen Wirkungen der Unionsmarke erlöschen sollen.[14]

Umwandlungsverfahren EUIPO

Das Umwandlungsverfahren gliedert sich in einen europäischen Teil (der vor dem EUIPO durchgeführt wird) und in je einen anschließenden nationalen Teil in jedem betroffenen Mitgliedsstaat. 

Der Antrag auf Umwandlung ist innerhalb von drei Monaten ab dem Zeitpunkt des „Untergangs“ der Unionsmarke bzw. der entsprechenden Anmeldung zu stellen. Sie ist nicht verlängerbar. Der Fristbeginn hängt von den Gründen für den Verlust der Wirkung der Anmeldung oder Eintragung der Unionsmarke ab und ist in den Art. 139 Abs. 4 bis 6 und Art. 140 UMV sowie ergänzend in Art. 22 UMDV erläutert.

Liegen verschiedene „Untergänge“ zu verschiedenen Zeitpunkten vor, so müssen die Umwandlungsfristen individuell berechnet werden. Da das Amt mit Ausnahme des Falles einer nicht erfolgten Gebührenzahlung (vgl. Art. 139 Abs. 2 UMV) nicht (mehr) verpflichtet ist, den Anmelder über diese Frist zu informieren, ist hier Vorsicht geboten. Art. 140 UMV sowie Art. 22 UMDV enthalten ferner nähere Vorschriften in Bezug auf Form und Inhalt des Antrags. Besonders gefährlich ist die Zurücknahme der Anmeldung während der laufenden Rechtsmittelfrist, weil sich das Fristende nach vorn verschiebt.

Beispiel: 
Der Zurückweisungsbeschluss wird am 02.03. zugestellt. Die Rechtskraft tritt am 02.05. ein, die Frist für die Umwandlung endet am 02.08. Wenn die Anmeldung z.B. am 15.03. zurückgenommen wird, setzt dies bereits die dreimonatige Umwandlungsfrist in Gang, so dass die Frist aufgrund der veränderten Situation schon am 15.06. abläuft.

Das Amt prüft die Einhaltung der Förmlichkeiten des Umwandlungsantrags, insbesondere die Einhaltung der 3-Monats-Frist. Auf Fehler im Antrag hat das Amt hinzuweisen und eine Frist zur Mängelbeseitigung zu setzen, Art. 140 UMV. Es ist darauf zu achten, dass sowohl das Sprachenregime des Amtes (Art. 146 UMV) als auch die allgemeinen Vertretungsregeln (Art. 119 UMV) eingehalten werden. Wird eine Priorität und/oder Seniorität in Anspruch genommen, muss diese vom Amt bereits akzeptiert worden sein. 

Grundsätzlich zulässig ist auch eine teilweise Umwandlung. Dies ist namentlich von Bedeutung, wenn eine Anmeldung nur teilweise zurückgewiesen wurde oder wenn eine Eintragung nur teilweise für nichtig oder verfallen erklärt worden ist.[15] In diesem Fall kann die Umwandlung in Bezug auf die Waren und Dienstleistungen beantragt werden, für die die Anmeldung zurückgewiesen oder die Eintragung für nichtig oder verfallen erklärt wurde und nicht für die Waren und Dienstleistungen, für die die Anmeldung oder Eintragung weiterhin wirksam ist. Der Antragsteller muss in diesem Fall im Antrag angeben, welche Waren und Dienstleistungen umgewandelt werden sollen. Darüber hinaus gibt Art. 22 lit. e. UMDV dem Antragsteller die Möglichkeit, verschiedene Waren und Dienstleistungen für jedes nationale Amt anzugeben. 

Umwandlungsverfahren national

Hält das EUIPO einen Umwandlungsantrag für zulässig, so wird der entsprechende Antrag gemäß Art. 140 Abs. 3 UMV unverzüglich den zuständigen nationalen Behörden (d.h. den Behörden derjenigen Mitgliedsstaaten, die im Umwandlungsantrag genannt worden sind) zugestellt

Die bei den nationalen Behörden eingehenden Umwandlungsanträge werden dort wie eine nationale Markenanmeldung(mit dem jeweils nach Art. 139 Abs. 3 UMV maßgeblichen Anmeldetag, Prioritätstag oder Zeitrang) behandelt. Allerdings darf das nationale Amt in formeller Hinsicht keine weitergehenden Erfordernisse aufstellen als das Unionsmarkenamt. Auch kann eine vom EUIPO bereits vorgenommene Klassifizierung nicht erneut infrage gestellt werden. Insofern entfaltet die Entscheidung des Unionsmarkenamts Bindungswirkung. Einzige Ausnahme: Die nationale Behörde kann Übersetzungen sowie die Einreichung der nach dem jeweiligen nationalen Recht erforderlichen Anzahl von Markenwiedergaben verlangen und darüber hinaus fordern, dass die nationale Anmeldegebühr gezahlt wird, Art. 141 Abs. 3 UMV. Auch bleiben nationale Regelungen in Bezug auf die Bestellung eines Vertreters uneingeschränkt anwendbar. 

Nach Art. 141 Abs. 1 UMV entscheidet die jeweilige nationale Markenbehörde dann über die Eintragung der aus dem Umwandlungsantrag hervorgegangenen nationalen Anmeldung, soweit es sich nicht um Fragen handelt, die in die Zuständigkeit des EUIPO fallen. Teilweise ergeben sich dort Vereinfachungen. Eine deutsche Markenanmeldung, die aus der Umwandlung einer eingetragenen Unionsmarke resultiert, wird z.B. weder auf absolute noch auf relative Hindernisse vom DPMA geprüft, sondern direkt eingetragen und ohne Widerspruchsmöglichkeit veröffentlicht (§ 125 d Abs. 3 MarkenG).

Besonderheiten

Umwandlung in die neuen Mitgliedstaaten

Der 1. Mai 2004 ist der Tag, an dem zehn neuen Mitgliedsländer (Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowenien, Slowakei, Tschechien, Ungarn und Zypern)  der EU beigetreten sind. Am 01.01.2007 traten Bulgarien und Rumänien bei, am 01.07.2013 Kroatien.

Alle zu dem jeweiligen Zeitpunkt existierenden (damals noch so genannten) Gemeinschaftsmarken wurden automatisch auf die neuen Mitgliedstaaten erstreckt. Es wurde ab diesem Zeitpunkt auch möglich, die Umwandlung einer Gemeinschafts- bzw. Unionsmarke, welche für die neuen Länder aufgehört hat zu existieren, zu beantragen. Bedauerlicherweise waren keine speziellen gesetzlichen Regelungen bezüglich der Umwandlung im Kontext des Beitritts vorgesehen. Aufgrund dessen entschied das Amt, das Prinzip des Art. 209 UMV analog anzuwenden. Das bedeutet, dass eine umgewandelte Unionsmarke, die ein Anmeldedatum hat, das vor dem Beitrittstag liegt, in einem neuen Mitgliedstaat ein Anmeldedatum hat, das dem Beitrittsdatum entspricht. Folglich haben die Anmeldungen, die von derselben Unionsmarke umgewandelt wurden, nicht alle das gleiche Datum: Einige datieren vom 1. Mai 2004 bzw. 01.01.2007, andere tragen das Datum, an dem die Unionsmarke selbst beantragt wurde.

Hinsichtlich des Zeitrangs ist nicht abschließend geklärt, ob ein Zeitrang einer älteren nationalen Marke nach einer Umwandlung auch für einen Tag vor dem Beitritt wirksam sein kann. Das EUIPO vertritt hier die - unbefriedigende - Ansicht, dass auch bei einem älteren nationalen Zeitrang in dem Beitrittsland nur der Beitrittstag als frühester Zeitrang anerkannt werden kann.

Umwandlung bei mehreren Widersprüchen

Werden mehrfache Widersprüche gegen die gleichen Produkte und Dienstleistungen gerichtet, beginnt die Frist, in der eine Umwandlung beantragt werden kann, nicht bevor eine Entscheidung über alle Widersprüche gefällt ist.

Die Situation ist jedoch anders, wenn mehrere Widersprüche gegen verschiedene Waren und Dienstleistungen gerichtet sind. Die Frist innerhalb derer eine Umwandlung beantragt werden kann, ist unterschiedlich für jeden individuellen Widerspruch zu berechnen.


[14] Vgl. BGH, 23.09.2015, I ZR 15/14, GRUR 2016, 83 – Amplidect/ampliteq.

[15] Vgl. dazu Kouker, GRUR Int. 2008, 119.

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