Vollständige Vertragserfüllung bei Lizenzgeberinsolvenz

Die Anwendung des § 103 InsO und die damit verbundene Wahlmöglichkeit des Insolvenzverwalters kann dadurch vermieden werden, dass die Vertragsgestaltung eine vollständige Vertragserfüllung anstrebt. 

Vorgeschlagen wird insoweit, den Lizenzvertrag als Kaufvertrag auszugestalten[1]. Als Kaufgegenstand wird eine umfassende, ausschließliche, unbefristete und inhaltlich unbeschränkte Lizenz vereinbart. Die Gegenleistung besteht in einer Einmalzahlung der gesamten Lizenzgebühr. Der Lizenznehmer würde sich damit einem Rechtskäufer annähern. Der BGH scheint diesen Ansatz der insolvenzfesten Gestaltung eines Lizenzvertrages zu akzeptieren[2]. Ob die hierfür erforderlichen Regelungen, welche mit weitreichender Bindungswirkung und überdurchschnittlich hohen wirtschaftlichen Risiken verbunden sind, den Interessen der Vertragsparteien eines Lizenzvertrages entsprechen, dürfte jedoch regelmäßig zweifelhaft sein. 

Alternativ zur kaufvertraglichen Gestaltung kann die vollständige Vertragserfüllung auch durch Austauschverträge eigener Art realisiert werden. Es muss nicht zwingend eine Lizenzzahlung bzw. ein Kaufpreis vereinbart werden. Entscheidend ist lediglich, dass die Insolvenzschuldnerin dem Lizenznehmer bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine entsprechende Lizenz eingeräumt hat und der Lizenznehmer diese Lizenz daraufhin vereinbarungsgemäß genutzt hat. So kann beispielsweise der Lizenznehmer neben weiteren Konzerngesellschaften im Interesse eines gemeinsamen Markenauftritts zur Nutzung der Lizenzmarke berechtigt und sich die Insolvenzschuldnerin als Lizenzgeberin im Gegenzug zur unentgeltlichen Einräumung eines entsprechenden Nutzungsrechts für die Dauer des Bestehens des Konzerns verpflichteten. Dieser gegenseitige Vertrag muss allerdings vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens beiderseits vollständig erfüllt sein.[3]

Eine Sicherungsabtretung gem. § 27 I MarkenG, §§ 398, 413 BGB berechtigt den Zessionar im Insolvenzfall zur abgesonderten Befriedigung. Eine Verwertung durch den Insolvenzverwalter analog § 166 Abs. 1 InsO ist nicht möglich.[4] Bei geeigneten Sachverhalten können entsprechende Regelungen somit zur Absicherung einer Insolvenz des Lizenzgebers genutzt werden.

Das vorgenannte Konzept ist eine von verschiedenen Möglichkeiten, die Risiken einer Insolvenz des Lizenzgebers zu minimieren.


[1] Vgl. Berger, GRUR 2013, 321, 327 m.w.N.

[2] Vgl. BGH, 21.10.2015, I ZR 173/14 – Ecosoil, Rn. 45.

[3] Vgl. BGH, 21.10.2015, I ZR 173/14 – Ecosoil, Rn. 45.

[4] Vgl. BGH, 27.10.2022, IX ZR 145/21.

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