Systematik der Unlauterkeit im UWG (Fassung bis 2015)

Das Verbot der unlauteren geschäftlichen Handlung wird im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) mit einem differenzierten Normensystem ausgestaltet. Neben allgemeinen, generalklauselartigen Verboten existieren weitere, teilweise sehr spezielle Regelungen. Es lassen sich insoweit verbraucherbezogene Verbote, die Spezialtatbestände der Irreführung, vergleichenden Werbung und unzumutbaren Belästigung sowie Regelbeispiele einschließlich sog. Marktverhaltensregelungen unterscheiden. 

Übersicht

Nach § 3 Abs. 1 UWG sind unlautere geschäftlichen Handlungen regelmäßig verboten. Diese Norm ist als Generalklausel ausgestaltet und die zentrale Vorschrift des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb. Sie soll in erster Linie gewährleisten, dass allen unlauteren geschäftlichen Handlungen mit entsprechenden Sanktionen begegnet werden kann.

Die Generalklausel wird mit einemn System spezieller Normen konkretisiert und damit die praktische Anwendung wesentlich vereinfacht. Hierbei ist insbesondere der übersichtliche und verständliche Aufbau des Gesetzes positiv zu erwähnen. Mit einer umfassenden Beispiel-Technik gibt der Gesetzgeber den Adressaten regelrechte "Checklisten" für deren unternehmerische Aktivitäten an die Hand.

Bei der Prüfung des jeweiligen Einzelfalls sollte das Normensystem beachtet und  die jeweils speziellste Norm zuerst geprüft werden. Es empfiehlt sich die folgende Prüfungsreihenfolge:
 
 

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Neben der Generalklausel lassen sich insoweit im UWG grob drei unterschiedliche Regelungskomplexe unterscheiden:  

  • verbrauchergerichteten Normen des § 3 Abs. 2 und 3 UWG,
  • Spezialtatbestände der §§ 5-7 UWG und schließlich die
  • Regelungsbeispiele des § 4 UWG.

Jeder dieser Tatbestände hat seinen eigenen Anwendungsbereich und eigene Auslegungsmaßstäbe. Dabei stehen die Anforderungen in einem Stufenverhältnis. Während § 3 Abs. 1 UWG derart weit gefasst ist, dass im Grunde jede geschäftliche Handlung hierunter fallen kann, beschränkt sich § 3 Abs. 2 UWG nur auf bestimmte geschäftliche Handlungen gegenüber Verbrauchern. Der Anwendungsbereich des § 3 Abs. 3 UWG noch enger. Hierunter fallen nur die im Anhang zum UWG aufgeführten genau bezeichneten geschäftlichen Handlungen.

Diesem Stufenverhältnis entprechen unterschiedliche Wertungsmaßstäbe. Während  bei Handlungen nach § 3 Abs. 3 UWG unwiderleglich vermutet wird, dass sich die Handlungen negativ auf den Wettbewerb auswirken,  muss bei den übrigen Tatbeständen gesondert festgestellt werden, dass die fraglichen Handlungen geeignet sind den Wettbewerb spürbar zu beeinträchtigen.

Alle Tatbestände der § 3 ff. UWG setzen eine geschäftliche Handlung (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG) voraus. Handelt es sich bei der fraglichen Handlung nicht um eine geschäftliche Handlung im Sinne dieser Definition, kann das Lauterkeitsrecht nicht angewendet werden. In diesem Fall ist das allgemeine Deliktsrecht des Zivilrechts anwendbar (§ 823ff. BGB).

Verbraucherbezogene Verbote

"Schwarze Liste", § 3 Abs. 3 UWG

Werden gegegnüber Verbrauchern geschäftliche Handlungen praktiziert, die auf der  dem UWG im Anhang beigefügten Liste enthalten sind, so sind diese Handlungen alleine wegen ihrer Nennung auf dieser sog. "schwarzen Liste" unzulässig (s. a.  "Verstoß gegen die „Schwarze Liste").

Diese Norm bezieht sich nach eindeutigem Wortlaut lediglich auf die im Anhang des UWG aufgeführten geschäftlichen Handlungen. Die Besonderheit dieses Tatbestandes besteht darin, dass eine gesonderte Prüfung der geschäftlichen Relevanz der Handlung für das Verhalten des Verbrauchers nicht mehr stattfindet, sondern unwiderleglich vermutet wird, weshalb der Gesetzgeber von einem Verbot ohne Wertungsvorbehalt spricht.

Soweit eine Handlung aus dem Katalog im Anhang des UWG gegeben ist, ist § 3 Abs. 3 UWG eine Spezialnorm und die Absätze 1 und 2 sind nicht anwendbar. Die Unzulässigkeit ergibt sich alleine aus § 3 Abs. 3 UWG. Die Vorschrift des § 3 Abs. 3 UWG in Verbindung mit der "Schwarzen Liste" im Anhang des UWG ist daher bei der Prüfung einer geschäftlichen Handlung grundsätzlich vorrangig in Betracht zu ziehen.

Fachliche Sorgfalt, § 3 Abs. 2 UWG

Der Tatbestand des § 3 Abs. 2 S. 1 UWG (Verstoß gegen die fachliche Sorgfalt) bezieht sich ausschließlich auf geschäftliches Verhalten gegenüber Verbrauchern. Von vorneherein ausgenommen sind solche Handlungen, die bereits unter § 3 Abs. 3 UWG fallen. Handlungen gegenüber Mitbewerbern oder gegenüber sonstigen Marktteilnehmern werden ausdrücklich nicht erfasst; für diese gilt die Generalklausel des § 3 Abs. 1 UWG.

§ 3 Abs. 2 S. 1 UWG ist nicht anwendbar, soweit es sich bei der geschäftlichen Handlung um aggressives oder irreführendes Verhalten des Unternehmers handelt. In diesen Fällen ergibt sich die Unzulässigkeit aus § 3 Abs. 1 UWG, der die gesetzlich geregelten Beispiele der irreführenden und aggresiven Verhaltensweisen aus den §§ 4, 5, 5a, 6 II UWG regelt.

Spezialtatbestände und Regelbeispiele

Wird nicht gegenüber Verbrauchern, sondern z.B. gegenüber Unternehmern gehandelt oder sind sonstige Voraussetzungen der §§ 3 Abs. 3, § Abs. 2 UWG nicht erfüllt, so können die §§ 4 bis 7 UWG mit ihren ebenfalls speziellen Beispielstatbestände einschlägig sein. Diese regeln

Ferner  kann ein gesetzlich geregeltes Beispiel der Unlauterkeit aus § 4 UWG gegeben sein.
 
Ist einer dieser Tatbestände erfüllt, erübrigt sich die Prüfung der Generalklausel. Kommt keiner der geschilderten Tatbestände in Betracht, so besteht dennoch die Möglichkeit, dass die Handlung unter engen Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 UWG unzulässig ist (was inzwischen jedoch nur noch in Ausnahmesituationen der Fall sein dürfte).

Generalklausel, § 3 Abs. 1 UWG

Der Anwendungsbereich der Generalklausel in § 3 Abs. 1 UWG erstreckt sich auf alle geschäftliche Handlungen, die keinem der spezielleren Unlauterkeitstatbestände (u.a. § 3 Abs. 2 und Abs. 3 UWG) untergeordnet werden können, aber dennoch als unlauter angesehen werden.

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