Einstweilige Einstellung der Vollstreckung, § 258 AO

Einstellung Vollstreckung vorläufig Durch die einstweilige Einstellung der Vollstreckung gem. § 258 AO können unbillige Nachteile für den Steuerpflichtigen vermieden werden. Durch einen erfolgreichen Antrag auf einstweilige Einstellung wird die Vollstreckung vorübergehend unterbrochen. Der Betroffene kann die dadurch gewonnene Zeit nutzen, seine steuerlichten Pflichten zu regeln und unberechtigte Forderungen des Finanzamts abzuwehren. 

Soweit im Einzelfall die Vollstreckung unbillig ist, kann die Vollstreckungsbehörde gem. § 258 Abgabenordnung (AO) die Vollstreckung einstweilen einstellen oder beschränken oder eine Vollstreckungsmaßnahme aufheben. Die Norm regelt nur eine einstweilige Einstellung der Vollstreckung. Eine endgültige Untersagung der Zwangsvollstreckung ermöglicht § 258 AO nicht. Die endgültige Einstellung der Vollstreckung richtet sich nach § 257 AO.

Voraussetzung für eine einstweilige Einstellung ist deren Unbilligkeit. Eine Vollstreckungsmaßnahme ist unbillig, wenn 

  • die Vollstreckung dem Schuldner einen unangemessenen Nachteil bringen würde, der durch kurzfristiges Abwarten oder 
  • durch eine andere Vollstreckungsmaßnahme vermieden werden könnte.[1]

Ob ein unangemessener Nachteil vorliegt, ist im konkreten Einzelfall zu ermitteln. Hierzu müssen die Interessen des Steuerpflichtigen als Vollstreckungsschuldner am Aufschub der Vollstreckung einerseits mit den Interessen der Allgemeinheit an der Durchführung der Vollstreckung andererseits abgewogen werden.[3] Überwiegen die Interessen des Steuerpflichtigen, ist die Vollstreckung unbillig.   

Zu beachten ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Jeder Vollstreckungseingriff muss geeignet und erforderlich sein, seinen Zweck zu erreichen. Die Finanzbehörden sind gegenüber Vollstreckungsschuldnern verpflichtet, so schonend wie möglich vorzugehen. Es gilt das Prinzip des geringstmöglichen Eingriffs.[4] Dies kann im Einzelfall dazu führen, die Vollstreckung auf einzelne Vollstreckungsmaßnahmen (z.B. die Eintragung einer Sicherungsgrundschuld) zu beschränken und auf weitergehende Maßnahmen (z.B. eine Kontopfändung und die Beauftragung des Vollziehungsbeamten) zu verzichten.

Keine Unbilligkeit liegt vor, wenn lediglich Nachteile auftreten, welche üblicherweise mit einer Vollstreckung verbunden sind. Dies gilt selbst dann, wenn sie für den Vollstreckungsschuldner erheblich sind. Übliche Härten allein können keine einstweilige Einstellung der Vollstreckung nach § 258 AO begründen.

Ausgewählte Fälle der Unbilligkeit >

Die Einstellung der Vollstreckung gem. § 258 AO ist temporär ausgerichtet. Eine dauerhafte Einstellung ist nicht vorgesehen. Ein Aufschub ist nur möglich, wenn eine vollständige Tilgung der Steuerschulden innerhalb eines absehbaren Zeitraums (bis zu 6 Monaten, in besonderen Fällen bis zu 12 Monaten) wahrscheinlich ist. Langfristige Ratenzahlungen über mehrere Jahre sind nicht zulässig, es sei denn, es liegen besondere Ausnahmefälle vor, wie ernsthafte Lebens- oder Gesundheitsgefahren für den Schuldner. Bei längerfristigen Aufschüben muss der Schuldner regelmäßig (mindestens alle 12 Monate) seine wirtschaftlichen Verhältnisse offenlegen.

Die einstweilige Einstellung der Vollstreckung kann wie folgt beantragt werden:

Die Ablehnung des Antrags auf Einstellung der Vollstreckung kann mit dem Einspruch bzw. anschließend mit einer Klage angegriffen werden. Als vorläufiger Rechtsschutz kommt eine einstweilige Anordnung in Betracht.


[1] Vgl. BFH, 18.11.2010, XI B 56/10; BFH, 11.12.2007, VII R 52/06.

[3] Vgl. Koenig, Fritsch, AO, 5. Aufl. 2024 *, Rn. 5 zu § 258 AO.

[4] Vgl. Klein, Werth, AO, 18. Aufl. 2024 *, Vorbem. zu § 249 Rn. 6 m.w.N.; BFH, 16.07.2007, VII B 338/ 06.

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