Persönliche Stundungsgründe

Persönliche Stundungsgründe sind eine der Voraussetzungen für eine Stundung gem. § 222 Abgabenordnung (AO). Sie betreffen die individuellen (wirtschaftlichen) Verhältnisse des Steuerpflichtigen. Persönliche Stundungsgründe müssen für den jeweiligen Einzelfall individuell festgestellt werden. Es exisitiert eine umfangreiche Rechtsprechung, an welcher eine gewisse Orientierung erfolgen kann.

Eine persönlich erhebliche Härte i.S.e. persönlichen Stundungsgrundes liegt dann vor, wenn die Steuerzahlung zu wirtschaftlichen Schwierigkeiten führen würde und die Verhältnisse beim Steuerpflichtigen ungünstiger liegen als bei anderen.[1] Es muss eine besondere Belastung des Steuerpflichtigen im konkreten Einzelfall gegeben sein, welche eine Stundung der Steuerforderung rechtfertigen kann. Nicht ausreichend ist dabei die allgemeine Belastung die mit der Steuerzahlung als solcher verbunden ist.[2] Für einen erfolgreichen Stundungsantrag muss der Steuerpflichtige ernsthafte Zahlungsschwierigkeiten darlegen und ggf. nachweisen, die er diese nicht in zumutbarer Weise überwinden kann. Zumutbar ist ggf. die Aufnahme eines Kredits[3] oder der Verkauf von Wertpapieren[4].

Bei den persönlichen Stundungsgründen kann weiter nach Stundungsbedürftigkeit und Stundungswürdigkeit differenziert werden[5]. Beide Voraussetzungen müssen vorliegen, um einen persönlichen Stundungsgrund annehmen zu können. 

Der Steuerpflichtige ist umfangreich zur Mitwirkung bei der Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts verpflichtet[6]. Der Antrag auf Stundung sollte deshalb mit einer umfassenden Sachverhaltsschilderung versehen und alle erforderlichen Nachweise dem Antrag beigefügt werden.

Eine Einordnung, ob im Einzelfall persönliche Stundungsgründe vorliegen, kann anhand der nachfolgenden Übersicht ausgewählter Konstellationen vorgenommen werden:

Persönliche Stundungsgründe …

… vorhanden:

… nicht vorhanden:

  • längere Erkrankung, die zu erheblichen geschäftlichen Verlusten führt[7]

  • Naturkatastrophen[8]

  • unerwartet hohe finanzielle Verluste

  • (saisonbedingte) Liquiditätsengpässe[9]

  • unvorhergesehene Ereignisse, auf die sich der Steuerpflichtige nicht einstellen kann und muss (z.B. betriebsnotwendige Investitionen, überraschende Forderungsausfälle)[10]

  • Steuerzahlung als solche[11]

  • rückläufige Gewinne[12]

  • Steuerschuldner muss fremdes Geld (z.B. Lohnsteuer, Kapitalertragsteuer) abführen[13]

  • selbst verursachte Verhältnisse[14] (z.B. sehr hohe Entnahmen, Kreditgewährung gegenüber Kunden[15])

  • Gefährdung von Arbeitsplätzen[16]

Nochmaliger Hinweis: die Feststellung von Billigkeitsgründen hat immer für den jeweiligen Einzelfall zu erfolgen. Die vorgenannten Beispiele persönlicher  Billigkeitsgründe geben insoweit lediglich eine grundlegende Orientierung. Abweichungen im individuellen Einzelfall sind möglich.


[1] Vgl. Klein, Rüsken, AO, 15. Aufl. 2020*, Rn. 23 zu § 222 AO.

[2] Vgl. BFH, 21.08.1973, VIII R 8/68, BStBl. II 1974, 307 = NJW 1974, 1528.

[3] Vgl. Koenig, Fritsch, AO, 4. Aufl. 2021*, Rn. 27 zu § 222 AO.

[4] Vgl. BFH, 21.08.1973, VIII R 8/68, BStBl. II 1974, 307 = NJW 1974, 1528.

[5] Einzelheiten hierzu etwa bei Koenig, Fritsch, AO, 4. Aufl. 2021*, Rn. 25 ff. zu § 222 AO.

[6] Vgl. BFH, 23.12.1993, X B 91/93, BFH/NV 1994, 757 = BeckRS 1993, 8134.

[7] Vgl. Klein, Rüsken, AO, 15. Aufl. 2020*, Rn. 25 zu § 222 AO.

[8] Vgl. Klein, Rüsken, AO, 15. Aufl. 2020*, Rn. 25 zu § 222 AO.

[9] Vgl. FG Nds., 01.03.1982, VII 503/81, zit. n. juris. A.A. Koenig, Fritsch, AO, 4. Aufl. 2021*, Rn. 29 zu § 222 AO.

[10] Vgl. Koenig, Fritsch, AO, 4. Aufl. 2021*, Rn. 32 zu § 222 AO.

[11] Vgl. BFH, 21.08.1973, VIII R 8/68, BStBl. II 1974, 307 = NJW 1974, 1528.

[12] Vgl. Klein, Rüsken, AO, 15. Aufl. 2020*, Rn. 25 zu § 222 AO.

[13] Vgl. BFH, 30.05.1990, I R 115/86, BFH/NV 1990, 757; BFH, 23.08.2000, I R 107/98, BStBl. 2001, II 742 = DStR 2000, 2127. 

[14] Vgl. BFH, 14.11.1957, IV 418/56 U, BStBl III 1958, 153.

[15] Vgl. BFH, 13.01.966, I 204/65, BStBl III 1966, 694 = BeckRS 1966, 21004024.

[16] Vgl. BFH, 02.07.1986, I R 39/83, juris.

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