Einfluss europäischen Rechts auf das Wettbewerbsrecht

Das europäische Recht nimmt umfangreich Einfluss auf das deutsche Wettbewerbsrecht und die Anwendung des UWG. Es existieren verschiedene wettbewerbsrechtlich einschlägige Richtlinien. In Fällen mit Binnenmarktbezug ist zudem zu prüfen, ob die deutsche Gesetzgebung und die deutsche Rechtsprechung die Vorgaben des primären Unionsrechtsdie ausreichend berücksichtigt.

Primäres Unionsrecht

Primäres Unionsrecht ist bei der Konkretisierung des Tatbestandsmerkmals der Unlauterkeit in § 3 UWG zu berücksichtigen. Relevant ist insoweit das Gebot des unverfälschten Wettbewerbs (Protokoll über den Binnenmarkt und Wettbewerb), sowie die Waren- und Dienstleistungsfreiheit (Art. 34 und 56 AEUV). Vor allem am Maßstab der Waren- und Dienstleistungsfreiheit sind sämtliche Regelungen über Verkaufsmodalitäten, darunter auch jede Form der Werbung, zu prüfen. Hier dürfen einzelstaatliche Vorschriften keine rechtliche oder tatsächliche Diskriminierung ausländischer Anbieter bewirken.

Einschlägige Richtlinien

RL 2005/29/EG (UGP-RL)

Die Europäische Union verfügt für das Gebiet des Lauterkeitsrechts über die Gesetzgebungskompetenz (Art. 3 Abs. 1 lit. b AEUV). Sie hatte von ihrer Befugnis zunächst nur in einzelnen Gebieten Gebrauch gemacht, ehe mit der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken 2005/29/EG (UGP-RL)eine umfassende Harmonisierung unlauterer Geschäftspraktiken im B2C-Verhältnis erreicht werden konnte.

RL 2006/114/EG (Werbe-RL)

Für den Bereich der irreführenden Werbung erfolgte eine Teilharmonisierung durch die Richtlinie 84/450/EWG,[3] die allerdings strengere nationale Vorschriften zuließ und in Deutschland nicht ausdrücklich umgesetzt wurde, da man den Schutz durch die zu § 3 a.F. entwickelte Rechtsprechung für weitergehend hielt. 

Den Bereich der vergleichenden Werbung hat die Gemeinschaft durch die Richtlinie 97/55/EG[4] vollständig harmonisiert. Die geregelten Aspekte sind nach der UWG-Reform in § 5 Abs. 3 UWG und § 6 UWG enthalten und sind abschließend, so dass dem nationalen Gesetzgeber eine abweichende Regelung verwehrt ist.

Der Gemeinschaftsgesetzgeber hat die beiden vorgenannten Richtlinien in der Richtlinie 2006/114/EG über irreführende und vergleichende Werbung (Werbe-RL) zusammengefasst. Diese Richtlinie ist ab dem 14. Dezember 2007 an die Stelle der früheren Richtlinien getreten.

RL 2000/31/EG (E-Commerce-RL)

Mit der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr (E-Commerce-RL) 2000/31/EG[6] hat die Gemeinschaft verschiedene Bereiche des E-Commerce geregelt, eine Reihe von Informationspflichten für die Anbieter aufgestellt und vor allem das sogenannte Herkunftslandprinzip verankert. Nach diesem Prinzip kommt es für die Beurteilung einer grenzüberschreitenden Werbung im elektronischen Geschäftsverkehr nur darauf an, ob diese Werbung nach dem Recht des Heimatstaates des Werbenden zulässig ist. 

RL 2002/58/EG (E-Privacy-RL)

Ergänzt wird diese durch die Datenschutzrichtlinie (E-Privacy-RL) 2002/58/EG[7], deren Art. 13 die Regeln über unerwünschte E-Mail-Nachrichten (Spam) enthält, welche im Rahmen der UWG-Reform durch die Regelungen der unzumutbaren Belästugung gem. § 7 UWG umgesetzt wurden.

Richtlinienkonformen Auslegung 

Soweit die nationalen Gerichte Vorschriften anwenden, die auf einer Richtlinie beruhen, haben sie das Gebot der richtlinienkonformen Auslegung nach Art. 288 Abs.  3 AEUV zu berücksichtigen und ggf. im Wege der Vorabentscheidung (Art. 267 AEUV) den EuGH um die Auslegung zu ersuchen.[8] In diesem Bereich und damit auch im Anwendungsbereich der UGP-Richtlinie hat der EuGH die abschließende Beurteilungskompetenz.


[3]   Richtlinie 84/450/EWG des Rates vom 10. September 1984 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über irreführende Werbung.

[4]   Richtlinie 97/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Oktober 1997 zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG über irreführende Werbung zwecks Einbeziehung der vergleichenden Werbung. 

[6]   Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt

[7] Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation.

[8]  Vgl. EuGH, 18.12.1997, C-129/96, WRP 1998, 290, 293 (Rz. 40) – Inter-Environnement Wallonie/Region Wallone

Ähnliche Beiträge

Unverbindliche Anfrage

Kontaktieren Sie uns kostenfrei und unverbindlich bei Fragen zu Wirtschaftsrecht, Medienrecht und Steuerrecht. Wir melden uns kurzfristig zurück.

Achtung! Bei Fristabläufen oder anderem sofortigen Handlungsbedarf kontaktieren Sie uns für eine Bearbeitung am selben Tag bitte ausschließlich telefonisch Montag bis Freitag vor 17 Uhr: +49 30 39 88 53 860