Bagatellklausel im Wettbewerbsrecht

Bagatellklauseln regeln als Bestandteil von wettbewerbsrechtlichen Normen den Umgang mit kleineren und kleinsten Wettbewerbsverstößen. Obwohl insoweit die tatbestandlichen Voraussetzungen eigentlich vorliegen, sollen die Rechtsfolgen in Bagatellfällen ggf. nicht eintreten. Die Bagatellklausel war früher Bestandteil der Generalklausel des § 3 UWG, wurde dort aber im Zuge der UWG-Reform wieder gestrichen.

Mit der UWG-Reform 2004 hatte der Gesetzgeber in die Generalklausel des § 3 UWG eine sogenannte Bagatellklausel eingeführt, die im UWG 2008 inhaltlich beibehalten worden war; lediglich die Formulierung hatte sich geändert. Danach waren unlautere geschäftliche Handlungen nur unzulässig, wenn sie dazu geeignet waren, die Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmer spürbar zu beeinträchtigen. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollten mit dieser Klausel nur echte Bagatellfälle ausgeschlossen werden, ohne dass das bislang gewährleistete Schutzniveau abgesenkt werden sollte.

Die Frage, ob es sich um einen Bagatellverstoß handelte oder die Grenze überschritten war, war unter umfassender Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls, namentlich der Art und Schwere des Verstoßes, anhand der Zielsetzung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb zu beurteilen.[1] Ein Verstoß mit geringen Auswirkungen für die Marktteilnehmer im Einzelfall konnte erheblich sein, wenn durch das Verhalten eine Vielzahl von Marktteilnehmern betroffen war oder eine nicht unerhebliche Nachahmungsgefahr bestand.[2] Fehlen konnte es an der Erheblichkeit, wenn z.B. bei massenhaften geschäftlichen Handlungen einzelne „Ausreißer“ vorkommen (einzelne fehlerhafte Etikettierungen unter Verstoß gegen die PAngV bei einer Vielzahl von korrekt ausgezeichneten Produkten). Wenn gegen eine Vorschrift verstoßen wurde, die im Interesse der Verbraucher dazu bestimmt ist, das Marktverhalten zu regeln, konnte es an einem unlauteren Verhalten im Sinne des § 3 Abs. 1 fehlen, wenn die geschützten Interessen der Verbraucher nicht spürbar beeinträchtigt wurden.[3]

Die Bagatellklausel in § 3 Abs. 1 UWG ist entfallen. Sie findet sich nunmehr im Tatbestand des Rechtsbruchs gem. § 3a UWG wieder, in den sie neu aufgenommen worden ist. Der Gesetzgeber hat in der Gesetzesbegründung ausgeführt, dass es der Rechtsprechung überlassen bleiben solle, in Konkretisierung des Tatbestandsmerkmals der Unlauterkeit für die von der Generalklausel erfassten Fälle gegebenenfalls angemessene Spürbarkeitserfordernisse aufzustellen, um insbesondere Abmahnungen von Bagatellverstößen zu verhindern.


[1] Vgl. BGH, 28.06.2007, I ZR 153/04, GRUR 2008, 187 ff. – Telefonaktion.

[2] Vgl. OLG Jena, GRUR 2006, 246 – Kaffeepreisauszeichnung.

[3] Vgl. BGH, 15.01.2009, I ZR 141/06, GRUR 2009, 881, 883 – Überregionaler Krankentransport.

  

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