Die Verwendung von Kennzeichen, insbesondere Marken und geographische Herkunftsangaben, kann die wirtschaftlichen Entfaltungsmöglichkeiten eines Mitbewerbers beeinträchtigen. Bei der Beurteilung der wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit muss differenziert vorgegangen werden. Unter bestimmten Voraussetzungen kann eine gezielte Behinderung nach § 4 Nr. 4 UWG vorliegen. Der Einsatz von Kennzeichen zur gezielten Behinderung ist dann unzulässig.
Grundsätze
Zeichenrechte stehen dem Inhaber zu, um sich gegen unbefugte Eingriffe Dritter adäquat zur Wehr setzen zu können. Hierbei handelt es sich insbesondere um Rechte an Marken, die förmlich erteilt werden. Die Verletzung von Zeichenrechten wird vorwiegend durch die spezielleren Gesetze wie z.B. §§ 14, 15 MarkenG geschützt.
Ergänzend kann gegen eine unbefugte Markennutzung auch lauterkeitsrechtlich vorgegangen werden. Die wichtigste Konstellation stellt dabei die bösgläubige Markenanmeldung dar. Diese und weiterer Missbrauch von Kennzeichen kann unter bestimmten Voraussetzungen zu einer gezielten Behinderung nach § 4 Nr. 4 UWG führen. Lauterkeitsrechtlich lassen sich vor allem die folgenden Formen unterscheiden[1]:
- Sperrung bei Vorbenutzung der Marke im In- oder Ausland
- Spekulationsmarke
- Monopolisierung und Verwässerung geographischer Herkunftsangaben
- "Allgemeine Markenbeschwerde"
Sperrzeichen
Sperrzeichen sind nicht bereits als solches unzulässig. Die bloße Anmeldung einer Marke in Kenntnis der Vorbenutzung des Zeichens durch den Markeninhaber reicht nicht aus.
Es müssen weitere Umstände hinzutreten, die auf eine Behinderungsabsicht schließen lassen. Die Rechtsprechung nimmt solche Umstände an, wenn
- der Anmelder in Kenntnis des schutzwürdigen Besitzstandes des Vorbenutzers ein identisches oder ähnliches Zeichen für identische oder ähnliche Waren mit dem Ziel einer Störung oder Sperrung des anmeldet und
- der Anmelder die mit der Eintragung jeder Marke entstehende Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfs einsetzt.
Folgende Kriterien zur Feststellung der Behinderungsabsicht lassen sich aus der Rechtsprechung ableiten[2]:
- Je größer und schutzwürdiger der Besitzstand des Vorbenutzers ist, desto eher ist eine Behinderungsabsicht anzunehmen, wenn ein anderer Unternehmer das Zeichen für sich anmeldet[3].
- Je eher bei Vorbenutzung im Ausland mit einer Nutzung des Zeichens im Inland zu rechnen ist, desto eher liegt Behinderungsabsicht vor[4].
- Je eher der Anmelder die Marke sinnvoll für seine eigenen Produkte verwenden kann, desto weniger kommt eine Sperrabsicht in Betracht[5].
- Je eher der Anspruchsteller selbst über eine Anzahl geeigneter Marken verfügt und daher weder in der Werbung für eigene Produkte noch im Lizenzgeschäft auf die Marken des Anmelders angewiesen ist, desto weniger ist eine gezielte Behinderung anzunehmen[6].
Spekulation
Die Markenanmeldung lediglich zu Spekulationszwecken stellt u.a. eine gem. § 4 Nr. 4 wettbewerbswidrige Behinderung dar. Eine Spekulationsmarke liegt unter den folgenden Voraussetzungen vor[7]:
- Es wurde eine Vielzahl von Marken für unterschiedliche Waren oder Dienstleistungen angemeldet.
- Der Markeninhaber hat keinen ernsthaften Benutzungswillen, weder zur Benutzung im eigenen Geschäftsbetrieb noch für dritte Unternehmen.
- Die Marken werden im Wesentlichen als „Hinterhaltsmarken“ zu dem Zweck gehortet, Dritte, die identische oder ähnliche Bezeichnungen verwenden, mit Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen zu überziehen.
Geographischen Herkunftsangabe
Wird eine geographischen Herkunftsangabe als Marke angemeldet, bewirkt dies unabhängig vom absolute Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG eine ungerechtfertigte Monopolisierung und kann zu einer Verwässerung der Herkunftsangabe führen. Eine solche Markenanmeldung ist daher unter dem Gesichtspunkt der gezielten Behinderung auch nach § 4 Nr. 4 UWG unlauter.[8]
„Allgemeine Markenbeschwerde“
Durch eine sog. "allgemeine Markenbeschwerde" ermöglichen es Google und weitere Anbieter den Markeninhabern, sich gegen die Nutzung ihrer Kennzeichen im Text von Anzeigen zu wenden. Hierzu genügt regelmäßig eine einfache Registrierung der betroffenen Marken durch den Markeninhaber und der entsprechende Nachweis der Rechtsinhaberschaft.
Die „Allgemeine Markenbeschwerde“ als solche ist wettbewertsrechtlich zulässig. Insbesondere stellt der Eintrag der Marken keine gezielte Behinderung von Mitbewerbern gem. § 4 Nr. 4 UWG dar.[9]
Allerdings stellt es eine gezielte Behinderung im Sinne von § 4 Nr. 4 UWG dar, wenn der Markeninhaber nach Einlegung einer Markenbeschwerde beim jeweiligen Anbieter wie z.B. Google, durch die die Verwendung der Marke in Anzeigen unterbunden wird, die Zustimmung zu der Werbung eines Mitbewerbers nicht erteilt, obwohl die beabsichtigte Werbung das Markenrecht nicht verletzt.[9]
Eine gezielte Behinderung kann auch in Fällen vorliegen, in denen ein Rechteinhaber die Zustimmung zur Aufhebung der Sperre einer Seite z.B. auf Social-Media-Plattformen oder der Löschung einer Applikation im App-Stores nicht erteilt.[19]
[1] Vgl. Ohly/Sosnitza, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 7. Aufl. 2016, Ohly, Rn. 4/78 zu § 4 UWG.
[2] Vgl. Ohly/Sosnitza, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 7. Aufl. 2016, Ohly, Rn. 4/80 zu § 4 UWG
[3] Vgl. BGH, 19.02.1998, I ZR 138/95, GRUR 98, 1034, 1037 – Makalu.
[4] Vgl. BGH, 06.11.1986, I ZR 196/84, GRUR 87, 292, 294 – KLINT; BGH, 10.01.2008, I Z R 38/05, GRUR 08, 621 Rn 26 – AKADEMIKS.
[5] Vgl. BGH, 20.01.2005, I ZR 29/02, GRUR 05, 581, 582 – The Colour of Elégance; BGH, 12.07.2007, I ZR 148/04, BGHZ 173, 230 = GRUR 08, 160 Rn 22 – CORDARONE.
[6] Vgl. BGH, 12.11.2009, I ZR 183/07, GRUR 2010, 642 Rn 52 f. – WM-Marken.
[7] Vgl. BGH, 23.11.2000, I ZR 93/98, GRUR 2001, 242, 244 – Classe E.
[8] Vgl. BGH, 10.08.2000, I ZR 126/98, GRUR 01, 73, 77 – Stich den Buben.
[9] Vgl. BGH, 12.03.2015, I ZR 188/13 – Uhrenankauf im Internet.
[10] Vgl. BGH, 22.02.2024, I ZR 145/23 – Verwarnung aus Kennzeichenrecht III.