Voraussetzungen der Schätzung im Steuerrecht

Zentrale Voraussetzung einer jeden Schätzung ist es, dass eine tatsächliche Ungewissheit über die Besteuerungsgrundlage besteht (sog. Schätzungsanlass). Hierbei können zwei Situationen unterschieden werden, die Anlass für eine Schätzung geben: der sachtypische Beweisnotstand und die Pflichtverletzung. Eine Schätzung ist auch dann möglich, wenn den Steuerpflichtigen kein Verschulden trifft.

Sachtypischer Beweisnotstand

Beim sachtypischen Beweisnotstand ist dem Beweisbelasteten ein zur vollen Überzeugung führender und „centgenauer“ Nachweis nicht möglich oder nicht zumutbar. Deshalb darf eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen in diesem Teilbereich erfolgen.

Beispielsweise lässt sich der beruflich bedingter Anteil an Gesprächsgebühren eines privaten Telefonanschlusses regelmäßig nicht ohne Weiteres bestimmen und darf geschätzt werden.

Pflichtverletzung

Die Pflichtverletzung ist der Sphäre des Steuerpflichtigen zugeordnet. Hier könnte der Sachverhalt zwar grundsätzlich aufgeklärt werden. Die Aufklärung scheitert aber an bestimmten Pflichtverletzungen des Steuerpflichtigen. Die Ungewissheit kann sich insoweit beispielsweise aus einer fehler- oder lückenhaften Buchführung ergeben. Insbesondere fehlende Belege sind oftmals Anlass für eine Schätzung.

Wichtige aus Pflichtverletzungen resultierende Schätzungsanlässe sind u.a.:

  • keine / unvollständige Steuererklärung abgegeben
  • keine / unvollständige Bücher vorgelegt
  • keine / unvollständige Aufzeichnungen vorgelegt
  • sachliche Mängel der Buchführung, § 158 AO
  • formelle Mängel der Buchführung
  • Verletzung von Mitwirkungspflichten nach § 90 AO

Kein Verschulden

Zu beacten ist, dass die Schätzung des Finanzamts kein Verschulden durch den Steuerpflichtigen voraussetzt. Eine Schätzung ist auch dann möglich, wenn den Steuerpflichtigen z.B. kein Verschulden beim Fehlen von Belegen oder Unterlagen trifft (BFH, 26.10.2011, X B 44/11) und sogar, wenn eine formell ordnungsgemäße Buchführung vorliegt (BFH, 28.05.1986, R 265/83). Das Finanzamt muss diese Schätzungen dann aber besonders gut begründen können. 

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