Herabsetzende Meinungen

Herabsetzende oder verunglimpfende Meinungsäußerungen verstoßen gegen § 4 Nr. 1 UWG und sind wettbewerbswidrig. Die Feststellung einer herabsetzenden oder verunglimpfenden Meinungsäußerung kann im Einzelfall schwierig sein. Insbesondere ist stets  die nach Art. 5 GG grundgesetzlich garantierte Meinungsfreiheit im Rahmen einer Interessenabwägung zu berücksichtigen.

Beleidigung und Schmähkritik

Beleidigende Äußerungen (z.B. „Scheiß des Monats“[1]) sowie Schmähkritik sind grundsätzlich unzulässig[2]. Der Schutzbereich des Art. 5 GG umfasst diese Äußerungen von vornherein nicht.

Meinungen

Interessensabwägung

In den übrigen Fällen ist zur Feststellung einer Herabsetzung eine Güterabwägung unter Berücksichtigung des konkreten Anlasses der Äußerung und der Interessen des Betroffenen sowie der angesprochenen Verkehrskreise vorzunehmen.[12]

Den Ausgangspunkt der Abwägung muss die Erkenntnis bilden, dass Werbung regelmäßig die Vorzüge des eigenen Produktes herausstellt und diese von anderen Produkten abgrenzt. Soweit daraus eine Benachteiligung der Mitbewerber folgt, weil sich für den Betrachter „reflexartig“ der Schluss ergibt, dass die Produkte der Mitbewerber die herausgestellten Eigenschaften oder Vorzüge nicht aufweisen, ist dies unerheblich.[3] 

Vielmehr kommt es darauf, ob sich die Werbung bzw. der Vergleich noch in einem sachlichen Rahmen hält, oder ob „zu den mit jedem Werbevergleich verbundenen (negativen) Wirkungen für die Konkurrenz besondere Umstände hinzutreten, die den Vergleich in unangemessener Weise abfällig, abwertend oder unsachlich erscheinen lassen“[4]

Keine Herabsetzung

Der Werbende muss nicht auf jegliche Form origineller und humorvoller Werbung verzichten. So hielt der BGH eine Werbung für zulässig, bei der ein Computerhändler in seiner Werbung die Anzeige eines Konkurrenten abgebildet hatte, der einen PC zum „Sonderpreis“ von DM 1.999, -- bewarb. Der Werbende hatte diese Anzeige mit dem Zusatz versehen „Dieser PC wird bei uns normal für 1.850,00 DM verkauft“. Das Gericht befand, dass die eigentliche Kritik in der sachlichen Gegenüberstellung von einem dauerhaft preisgünstigen Normalangebot und dem vermeintlichen "Sonderangebot" liege und führt aus: „In diesem - neutralen - Sachverhalt ist bereits die Wurzel für eine leise Ironie angelegt. […] Solange der Werbende mit ironischen Anklängen - wie hier - lediglich Aufmerksamkeit und Schmunzeln erzielt, mit ihnen aber keine Abwertung des Mitbewerbers verbunden ist, liegt darin noch keine unzulässige Herabsetzung oder Verunglimpfung“[5]

In ähnlicher Weise durften Hersteller von Holzfertighäusern mit Blick auf die traditionelle Bauweise aus Ziegelsteinen und Mörtel oder Beton mit der Aussage werben „Die ‚Steinzeit’ ist vorbei“, ohne dass darin eine Herabwürdigung der Steinbauweise gesehen wurde.[6]

Herabsetzung

Eine pauschale Herabsetzung sah der BGH jedoch in einer Werbung für Tennisschläger mit der Formulierung „Billige Composite Rackets muten wir Ihnen nicht zu“.[7] Durch diese Formulierung sind die Erzeugnisse aller Hersteller bzw. Vertreiber betroffen, so dass es auf die Erkennbarkeit eines konkreten Mitbewerbers nicht mehr ankommt. 

Gegenüber einem Rechtsanwalt und Notar in einem Zeitungsartikel von einem Rechtsanwalt erhobene Vorwurf kriminellen Handelns und einer gezielten Ruinierung von Anlegern kann besonders schwerwiegen und den Tatbestand des § 4 Nr. 1 UWG begründen, wenn dieser Bewertung im Kontext der Äußerung eine sachliche Grundlage fehlt.[8]

Auch die Bezeichnung des Mitbewerbers als „Schmuddelkind der Branche“ stellt eine nach § 4 Nr. 1 UWG unzulässige Herabsetzung dar.[9]

Kritische Äußerungen über eine kommerziell verwertete Dissertation eines Mitbewerbers können eine unzulässige Herabsetzung darstellen, wenn sie sich nicht allein gegen die fachliche Qualität der Arbeit, sondern auch gegen die Person des Mitbewerbers und seine fachliche Qualifikation richten[10].

Wird von einer konkurrierenden Zeitung behauptet, diese tauge nur als „Toilettenpapier“, stellt dies ebenfalls eine unlautere Herabsetzung dar[11]


[1] Vgl. OLG München, WRP 1996, 925.

[2] Vgl. BGH, 01.03.2018, I ZR 264/16, GRUR 2018, 622, Rn. 31. – Verkürzter Versorgungsweg II.

[3] Vgl. BGH, 25.03.1999, I ZR 77/97, GRUR 1999, 1100, 1102 – Generika-Werbung.

[4] Vgl. BGH, 25.03.1999, I ZR 77/97, GRUR 1999, 1100, 1102 – Generika-Werbung; BGH, 14.12.2000, I ZR 147/98, GRUR 2001, 752 – Eröffnungswerbung.

[5] BGH, 12.07.2001, I ZR 89/99, GRUR 2002, 72 – Preisgegenüberstellung im Schaufenster; vgl. auch OLG Köln,30.11.2015, 6 W 130/15, GRUR-RR 2016, 278 – Wenn 1 & 1 sich streiten.

[6] Vgl. BGH, 25.04.2002, I ZR 272/99, GRUR 2002, 982 – Die „Steinzeit“ ist vorbei.

[7] BGH, 05.02.1998, I ZR 211/95, GRUR 1998, 824 – Testpreisangebot.

[8] Vgl. BGH, 31.03.2016, I ZR 160/14, GRUR 2016, 710, Rz. 50 ff. – Im Immobiliensumpf.

[9] Vgl. OLG Frankfurt a. M., 18.06.2015, 6 U 46/14, GRUR-RR 2016, 14 – Schmuddelkind.

[10] Vgl. BGH, 17.12.2015, I ZR 219/13, GRUR-RR 2016, 410 – Dr. Estrich.

[11] Vgl. ÖOGH 1991, 64, 66 – Kronenzeitung, zit. n. Köhler/Bornkamm/Feddersen, Köhler, UWG, 37. Aufl. 2019, UWG § 4 Rn 1.26.

[12] Vgl. BGH, 6.5.2021, I ZR 167/20 – Vorsicht Falle;  BGH, 01.03.2018, I ZR 264/16, GRUR 2018, 622, Rn. 34 f. – Verkürzter Versorgungsweg II.

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