Geschäftsbezogene Marktverhaltensregelungen stellen eine besondere Form von Marktverhaltensregelungen i.S.d. § 3a UWG dar. Bei Verstoß gegen eine geschäftsbezogene Marktverhaltensregelung liegt regelmäßig auch ein Rechtsbruch i.S.d § 3a UWG und damit wettbewerbswidriges Verhalten vor. Gegenstand der geschäftsbezogenen Marktverhaltensregelungen ist einerseits das Auftreten eines Unternehmens am Markt und andererseits das Verhalten des Unternehmens bei oder nach Vertragsschluss. Insoweit lassen sich als praxisrelevante Regelungsbereiche insbesondere allgemeine Benachteiligungsverbote, vertragliche Benachteiligungsverbote (Allgemeine Geschäftsbedingungen und Vertragsklauseln) sowie und unternehmensbezogene und vertragliche Informationspflichten unterscheiden.
Allgemeine Benachteiligungsverbote
Als geschäftsbezogene Marktverhaltensregelungen sind zunächst die die allgemeinen Benachteiligungsverbote zu nennen. Die Benachteiligung wegen Rasse, ethischer Herkunft, Geschlecht, Religion, Behinderung, Alter, sexueller Identität ist gem. §§ 19 f. Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) unzulässig. Bei dieser Norm handelt es sich um Marktverhaltensregelungen i.S.d. § 3a UWG. Verstöße gegen die allgemeinen Benachteiligungsverbote sind folllich unlauter.
Vertragliche Benachteiligungsverbote
Außerdem existieren vertragliche Benachteiligungsverbote, welche ebenfalls als Marktverhaltensregelungen einzuordnen sind. In gewissem Umfang sind nachteilige individuelle Vertragsklauseln unzulässig und wegen Verstoß gegen § 3a UWG wettbewerbswidrig. Entsprechende Regelungen ergeben sich für zwingendes Kaufrecht aus § 476 Abs. 1 BGB[1] und die zwingende Verjährung aus § 476 Abs. 2 BGB. Auch die Sonderbestimmungen für Garantien gem. § 479 BGB stellen Marktverhaltensregelungen dar.[2]
Nachteilige Allgemeine Geschäftsbedingungen AGB sind gem. §§ 307 ff. BGB verboten. Verstöße gegen die §§ 307 ff. BGB stellen regelmäßig auch Verstöße gegen § 3a UWG dar.[3] Daneben existieren Regelungen zu AGB von Plattformbetreibern gem. Art. 3 ff. VO (EU) 2019/1150 (P2B-VO).
Unternehmensbezogene Informationspflichten
Es existieren umfangreiche gesetzliche Regelungen über unternehmensbezogene Informationspflichten. Dabei werden unterschiedliche Vorgaben zu Art und Umfang der Identifikation eines Unternehmens gemacht. Insbesondere die Angabe von Namen, Firma, Anschrift, E-Mail-Adresse, Telefonnummer etc. werden insoweit regelmäßig gefordert. Bei den gesetzlich geforderten unternehmensbezogenen Informationspflichten handelt es sich regelmäßig um Marktverhaltensregelungen i.S.d. § 3a UWG. Allerdings ist im einzelnen Verletzungsfall sorgfältig zu prüfen, ob auch eine Spürbarkeit gegeben ist.[4]
Unternehmensbezogene Informationspflichten ergeben sich sowohl aus organisatorischen / rechtsformspezifischen Aspekten, als auch aus produktbezogenen Aspekten. Insbesondere die folgenden praxisrelevanten Regelungsbereiche und Normen unternehmensbezogener Informationspflichten sind hierbei zu nennen:
- Angaben auf Geschäftsbriefen und E-Mails gem. § 35a GmbHG, § 80 AktG, 25a GenG, §§ 37a, 125a, 177a HGB
- Angaben von/im Impressum, LandespresseG, § 18 MStV, § 5 TMG
- Angaben zum Dienstleistungserbringer gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1–6 DL-InfoV
- Fertigarzneimittel gem. § 10 Abs. 1 Nr. 1 AMG
- Kosmetikhersteller- und Vertreiber gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1 KosmetikVO
Vertragsbezogene Informationspflichten
Marktverhaltensregelungen können sich auch aus Informationspflichten im Zusammenhang mit dem Abschluss von Verträgen ergeben. Praxisrelevante vertragsbezogene Informationspflichten beziehen sich insbesondere auf:
- Verbraucherverträge gem. § 312a Abs. 1 BGB, § 312a Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 246 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB
- Fernabsatzverträge gem. § 312d Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 246a § 1 Abs. Nr. 2, 3 EGBGB
- Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr, § 312i, 312j BGB i.V.m. Art. 246c EGBGB
- Dienstleistungen gem. § 2 Abs. 1 Nr. 7-11 DL-InfoV
Zu beachten sind u.a. im Zusammenhang mit Informationspflichten diverse Änderungen, welche durch das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs mit Wirkung ab 02.12.2020 eingeführt worden sind. Auch wenn nach § 3a UWG wettbewerbswidrige Verstöße gegen Informationspflichten vorliegen, ist zwischenzeitlich nicht mehr sichergestellt, dass Abmahnkosten uneingeschränkt erstattungsfähig sind oder Vertragsstrafen vereinbart werden können.
Nach § 13 Abs. 4 UWG ist für Mitbewerber der Aufwendungsersatz für Abmahnungen generell ausgeschlossen bei Verstößen gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien. Bei Verstößen gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) ist der Aufwendungsersatz ausgeschlossen, soweit das betroffene Unternehmen in der Regel weniger als 250 Mitarbeiter beschäftigt.
Weitere Einschränkungen ergeben sich nach § 13a Abs. 2 und 3 UWG mit Blick auf die Vereinbarung von Vertragsstrafen. Soweit der Abgemahnte in der Regel weniger als 100 Mitarbeiter beschäftigt, ist gem. § 13a Abs. 2 UWG bei den in § 13 Abs. 4 UWG genannten Verstößen, soweit sie erstmalig erfolgen, eine Vertragsstrafe ausgeschlossen. Darüber hinaus werden Vertragsstrafen nach § 13a Abs. 4 UWG in den dort genannten Fällen auf maximal 1.000 EUR begrenzt.
[1] Vgl. BGH, 31. 3. 2010, I ZR 34/08 - Gewährleistungsausschluss im Internet; BGH, 19. 5. 2010, I ZR 140/08 - Vollmachtsnachweis.
[2] Vgl. BGH, 14.4.2011, I ZR 133/09 – Werbung mit Garantie.
[3] Vgl. BGH, 31.5.2012, I ZR 45/11 – Missbräuchliche Vertragsstrafe.
[4] Vgl. Köhler/ Bornkamm/ Feddersen/ Köhler, 37. Aufl. 2019, UWG § 3a Rn. 1.296.